Entscheidungsstichwort (Thema)
Berechnung des Zugewinnausgleichs; Wert eines Unternehmens
Leitsatz (redaktionell)
Zu berücksichtigender Wert eines Einzelhandelsunternehmens im Zugewinnausgleich, das mit einem Exklusivvertrag an eine Lieferfirma gebunden ist.
Normenkette
BGB §§ 1373, 1374 Abs. 2, §§ 1375, 1378
Verfahrensgang
AG Kassel (Urteil vom 04.09.2008) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 4.9.2008 verkündete Urteil des AG Kassel abgeändert und die Beklagte unter Abweisung der weitergehenden Klage verurteilt, an den Kläger 3.431,69 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz jährlich seit dem 7.6.2004 zu zahlen.
Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
Von den Kosten des ersten Rechtszuges haben der Kläger 94 % und die Beklagte 6 %, von den Kosten des Berufungsverfahrens haben der Kläger 87 % und die Beklagte 13 % zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Vorliegend macht der Kläger nach Scheidung der am 29.12.1972 geschlossenen Ehe der Parteien, geschieden durch Urteil des AG Kassel vom 10.7.2003, rechtskräftig seit 10.9.2003, Zugewinnausgleich ggü. der Beklagten geltend.
Das Vermögen der Beklagten im Zeitpunkt der Zustellung des Scheidungsantrags am 4.5.2002 bestand aus einem Lebensversicherungsguthaben von unstreitig 36.997,03 EUR und einem Textileinzelhandelsunternehmen in Form eines sog. Mono-Lable-Store" der Marke "X" in der A-Straße ... in O1, jetzt verlegt in die B-Straße. In diesem Ladengeschäft, in dem die Beklagte selbst und im Zeitpunkt der Zustellung des Scheidungsantrags mit einer Teilzeitkraft tätig war, vertreibt sie gehobene Damenmode der Marke "X", aufgrund eines Exklusivvertrages vom 13.5.1993. Nach diesem Vertrag mit der Firma X-GmbH in O2 ist der Beklagten die Lieferung und Bereitstellung des Sortiments der Firma X zugesichert, und sie verpflichtet sich, ihren Marktauftritt entsprechend den Vorstellungen der Firma X zu gestalten. Der Vertrag, der nach der übereinstimmenden Überzeugung beider Parteien die Grundlage des wirtschaftlichen Erfolges der Beklagten mit ihrem Einzelhandelsunternehmen darstellt, ist von beiden Seiten binnen einer Frist von sechs Monaten zum jeweils 31.07. bzw. 31.01. eines Jahres kündbar, ohne dass weder die eine noch die andere Seite zu Ersatzleistungen verpflichtet ist.
Die Parteien streiten im Wesentlichen über den Wert dieses Unternehmens, den der Kläger nunmehr mit 56.000 EUR entsprechend den Feststellungen im amtsgerichtlichen Urteil annimmt, während die Beklagte davon ausgeht, dass das Unternehmen, das unstreitig keinen positiven Substanzwert hat, auch darüber hinaus keinen im Zugewinnausgleich zu berücksichtigenden Wert darstelle, da es wegen des Exklusivvertrages mit der Firma X, von dem der Erfolg des Unternehmens abhänge, nicht veräußert werden könne und auch als nicht veräußerbares Unternehmen aufgrund der jederzeit möglichen Kündigung keinen selbständigen Wert habe.
Nunmehr ist unstreitig, dass die Klägerin folgende Verbindlichkeiten im Zeitpunkt der Zustellung des Scheidungsantrags hatte:
- Darlehensverbindlichkeiten i.H.v. 19.234,94 EUR,
- Verbindlichkeiten im Hinblick auf das Honorar ihres Anwaltes für die Vertretung im Scheidungsverfahren mit 1.992,88 EUR,
- Unterhaltsrückstand aus einem Anwaltsvergleich vom 28.3.2002 ggü. dem Kläger mit noch 4.468 EUR zum 4.5.2002 und,
- jedenfalls in zweiter Instanz vom Kläger nicht mehr angegriffen, eine Darlehensverbindlichkeit ggü. der Y aus der Abwendung der Inanspruchnahme als Bürgin für Schulden des Klägers - zum 4.5.2002 noch mit 5.624,22 EUR valutierend (I, 191, 188), auch wenn das AG in seinem Urteil den Valutastand mit 6.240,59 EUR angegeben hat.
Weiterhin will die Beklagte sich eine Schenkung ihrer Mutter aus dem Jahr 1992 gem. § 1374 Abs. 2 BGB zurechnen lassen, nunmehr jedoch nach Vernehmung ihrer Mutter als Zeugin in erster Instanz als Schenkung an beide Eheleute mit 1.278 EUR, nämlich der Hälfte von 5.000 DM = 2.556,46 EUR. Dies entspricht 1.520,05 EUR indexiert von 1992 auf Mai 2002.
Entsprechend den Feststellungen des amtsgerichtlichen Urteils gehen beide Parteien, obwohl dies in erster Instanz streitig war, nunmehr davon aus, dass der Kläger zum Zeitpunkt der Zustellung des Scheidungsantrags am 4.5.2002 über ein Endvermögen im Wert von insgesamt 8.541,40 EUR verfügte, bestehend aus zwei Uhren, einer Golftasche mit Inhalt, diverser Lenkdrachen, einem Fahrrad sowie einem Motorrad und unter Hinzurechnung einer Forderung ggü. der Beklagten auf rückständigen Unterhalt mit 4.468 EUR.
Anfangsvermögen und Zurechnungsvermögen hatte der Kläger nicht.
Nachdem der Kläger zunächst eine unbezifferte Stufenklage erhoben hat, die der Beklagten am 7.6.2004 (I, 33) zugestellt worden ist, hat er erstinstanzlich beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 57.355 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.9.2003 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Das AG hat neben der Vernehmung der Mutter der Beklagten, der Zeu...