Entscheidungsstichwort (Thema)
Rückforderung von ärztlichen Honoraren für angeblich "fachfremde" MRT-Untersuchungen
Verfahrensgang
LG Darmstadt (Urteil vom 13.05.2020; Aktenzeichen 19 O 550/16) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 13.05.2020 verkündete Urteil der 19. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt, Az. 19 O 550/16, wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Dieses und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 38.345,08 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin, ein privater Krankenversicherer, begehrt aus übergegangenem Recht ihrer Versicherungsnehmer Rückzahlung ärztlicher Honorare für Leistungen, die die Beklagten zu 2) und 3), zwei in Darmstadt niedergelassene Fachärzte für Orthopädie, Chirurgie und Unfallchirurgie - welche als Gemeinschaftspraxis, die Beklagte zu 1), zusammengeschlossen sind - in den Jahren 2011 bis 2016 mit Hilfe ihres Magnetresonanztomographen (MRT) durchführten.
Im Übrigen wird wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes sowie wegen der erstinstanzlich gestellten Anträge auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Das Landgericht hat nach Einholung einer fachlichen Stellungnahme und Auskunft der Landesärztekammer Hessen die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass keine Ansprüche aus § 812 BGB in Verbindung mit § 1 GOÄ oder aus § 812 BGB in Verbindung mit §§ 34 HeilBerG, 1 GOÄ, 134 BGB - je in Verbindung mit §§ 194, 86 VVG - gegeben seien, da die durchgeführten MRT-Untersuchungen weder als fachgebietsfremd gemäß § 34 HessHeilberG noch entgegen den Regeln der ärztlichen Heilkunst erbracht worden seien, so dass den streitgegenständlichen Behandlungen wirksame Behandlungsverträge zugrunde lägen und ein Rechtsgrund gem. § 812 BGB für das Behaltendürfen des Arzthonorars vorliege.
Der Tätigkeitsbereich der Beklagten als Fachärzte für Orthopädie bestimme sich gem. § 35 HessHeilberG nach der Weiterbildungsordnung (kurz: WBO). In Ziff. 7.5. sei auch das "Erkennen" von Erkrankungen, die in Ziffer 7.5 aufgeführt seien, erfasst. Hierzu gehörten auch das "Anfertigen" bestimmter MRT-Bilder, da ohne Erstellung bzw. Anfertigung eines entsprechenden Bildes ein "Erkennen" nicht möglich sei. Dies ergebe sich auch aus der Wortbedeutung des Begriffs "Erkennen" und dem Sinn und Zweck der Vorschriften der WBO. Nach der amtlichen Auskunft der Hessischen Landesärztekammer grenze die Definition bei der Erkennung von chirurgischen Erkrankungen keine diagnostischen Verfahren aus, weshalb sich MRT-Untersuchungen, die sich innerhalb des Gebietes der Orthopädie und Unfallchirurgie bewegten, für Orthopäden als gebietskonform anzusehen seien. Gestützt werde diese Auffassung auch durch die Entscheidung des OLG Nürnberg vom 09.01.2020 - 5 U 634/18. Auch die Ärztekammer Berlin stütze diese Auslegung.
Die historische Auslegung des Begriffs "Erkennung" überzeuge aufgrund des erheblichen medizinischen und technischen Fortschrittes nicht. Zudem habe sich das BVerfG zu Az. 1 BvR 1127/01 allein zu der Frage geäußert, ob die im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung nach § 4 der Vereinbarung von Qualifikationsvoraussetzungen gem. § 135 Abs. 2 SGB vereinbarten weiteren Beschränkungen zur Durchführung von MRT-Untersuchungen durch Orthopäden (sog. Kernspin-VB) mit Art. 12 GG vereinbar sei, und in diesem Zusammenhang ausgeführt, dass ungeachtet der Frage, wie der Kern eines Fachgebiets aus dem Blickwinkel des Berufsrechts zu bestimmen sei, und ob die Berufstätigkeit auf diesen Kernbereich beschränkt werden dürfe, jedenfalls zur Sicherung von Qualität und Wirtschaftlichkeit in der gesetzlichen Krankenversicherung eine Beschränkung auf einen engeren Bereich zulässig sei, für den die WBO eingehende Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten vorschreibe. Das BVerfG habe sich nicht dazu geäußert, wie der Kern eines Fachgebietes aus dem Blickwinkel des Berufsrechts zu bestimmen sei, und ob die Berufstätigkeit auf diesen Kernbereich beschränkt werden dürfe, sondern nur die Einschränkung für Kassenärzte aufgrund der Kernspin-VB für verfassungsgemäß erklärt, die vorliegend nicht einschlägig sei.
Von der Gebietskonformität im Sinne des § 34 HessHeilBerG sei als weitere Voraussetzung des § 1 Abs. 2 GOÄ im Rahmen der Behandlung nach den Regeln der ärztlichen Kunst die tatsächliche Befähigung zur Durchführung von MRT-Untersuchungen zu trennen. Der tatsächliche Befähigungsnachweis, gebietskonforme MRT-Untersuchungen auch praktisch durchzuführen, sei nicht nur durch diese in der WBO zur Erlangung eines fachbezogenen Zusatztitels vorgegebene Zusatzweiterbildung zu erbringen. Nach der Auskunft d...