Leitsatz (amtlich)
Gem. §§ 76 Abs. 1, 78 Abs. 1 HHG mangelt es dem Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA) einer hessischen Universität an der Parteifähigkeit in einem Zivilprozess. Parteifähig ist vielmehr gem. § 76 Abs. 1 HHG nur die Studierendenschaft.
Normenkette
ZPO § 50; HHG § 78
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 20.12.2016; Aktenzeichen 2-3 O 87/16) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 20.12.2016 - Az. 2-3 O 87/16 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Dieses Urteil und das Urteil des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger verlangt von dem Beklagten, dem Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA) an der Universität O1, Unterlassung einer - aus seiner Sicht - identifizierenden Berichterstattung über ihn in zwei Artikeln, welche in der AStA-Zeitschrift erschienen sind. Ferner macht er Erstattung anwaltlicher Gebührenforderungen für ein Abmahn- und Abschlussschreiben geltend.
Wegen des Sachverhalts und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird gemäß § 540 Abs. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.
Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Klage sei bereits unzulässig mangels Parteifähigkeit des Beklagten i.S. von § 50 ZPO . Als ein Organ der Studierendenschaft gemäß § 78 Abs. 1 HHG sei der Beklagte nicht rechtsfähig und damit nicht parteifähig. Außerhalb der gesetzlich ausdrücklich zugelassenen Ausnahmen sei eine allgemeine Organrechtsfähigkeit und -parteifähigkeit nicht anzuerkennen. Im Prozess könnten Organe juristischer Personen die Stellung von gesetzlichen Vertretern haben, seien aber nicht selbst Partei. Nur die Studierendenschaft sei nach § 76 Abs. 1 HHG eine rechtsfähige Körperschaft des öffentlichen Rechts. Entsprechend seien in der Vergangenheit Unterlassungsklagen wegen politscher Äußerungen des AStA gegen die Studierendenschaft anhängig gemacht worden und nicht gegen den AStA selbst. Schließlich stehe dieser Einschätzung auch nicht das in dem Eilverfahren ergangene Urteil des Senats vom 7.1.2016, Az. 16 W 63/15, entgegen, da dort die Frage der Parteifähigkeit des Beklagten nicht thematisiert worden sei.
Hiergegen hat der Kläger Berufung eingelegt, mit welcher er sein erstinstanzliches Klagebegehren vollinhaltlich weiterverfolgt. Er rügt die angefochtene Entscheidung als unzulässige Überraschungsentscheidung. Das Landgericht habe unter Verletzung seiner Hinweispflicht zu keinem Zeitpunkt Bedenken hinsichtlich der Parteifähigkeit des Beklagten geäußert. Damit sei sein Recht auf rechtliches Gehör sowie auf ein faires Verfahren verletzt worden. Die Entscheidung des Landgerichts sei auch rechtsfehlerhaft. Das Landgericht habe verkannt, dass der AStA als Organ einer juristischen Person sehr wohl Partei eines zivilrechtlichen Rechtsstreits sein könne. Aus § 50 Abs. 2 ZPO folge, dass die Parteifähigkeit nicht rechtsfähiger Organisationen keine Ausnahme, sondern die Regel sein solle. Aus diesem Grund sei anerkannt, dass die Parteifähigkeit auch durch gesetzliche Bestimmung oder aufgrund richterlicher Rechtsfortbildung nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen zugesprochen werden könne. Die Eigenschaft, zulässigerweise Aktiv- oder Passivsubjekt eines Prozesses zu sein, hänge allein von der Erfüllung der Merkmale ab, die einen Personenzusammenschluss zur Partei machten: Der Zusammenschluss müsse auf Dauer angelegt, körperlich verfasst und in seinem Bestand vom Mitgliederwechsel unabhängig sein, einen Gesamtnamen führen sowie nach außen als Einheit auftreten. Alle diese Kriterien erfülle der Beklagte und sei damit grundsätzlich parteifähig i.S. des § 50 ZPO . Mit gleicher Begründung werde etwa auch bei Fraktionen anerkannt, dass sie allgemein parteifähig i.S. des § 50 ZPO seien. Den Regelungen in §§ 78 Abs. 1, 76 Abs. 1 HHG möge Bedeutung für die verwaltungsrechtliche Einordnung zukommen, nicht aber für die Frage der zivilrechtlichen Parteifähigkeit. Auch der VGH O3 habe mehrfach die Beteiligten- bzw. Parteifähigkeit des AStA bejaht. Zudem sei der Beklagte hier auch deshalb als Partei i.S. des § 50 ZPO zu behandeln, weil er sich selbst als "Verantwortlicher i.S. des Presserechts" benannt und damit in eigener Verantwortung den Rechtsschein gesetzt habe, die haftende Person und damit selbstverständlich parteifähig zu sein, so auch in der aktuellen Ausgabe der AStA-Zeitung sowie in der Broschüre "I" (vgl. Anlage K 29). Denn nur eine rechtsfähige Person könne "V.i.S.d.P." sein. Schließlich setze sich das Landgericht mit seinem Urteil auch in Widerspruch zu seiner eigenen Entscheidung sowie der des Sena...