Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 13.08.2020; Aktenzeichen 3-05 O 155/19) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 13.8.2020 verkündete Urteil der 5. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankfurt am Main - Az.: 3/5 O 155/19 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Das angefochtene wie das vorliegende Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem jeweiligen Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht vor der Vollstreckung die Beklagte Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird festgesetzt auf 1.141.000,00 Euro.
Gründe
I. Die Klägerin ist eine Investmentgesellschaft, die verschiedene börsennotierte Aktien in ihrem Portfolio hält. Dazu gehörten auch im Jahr 2017 insgesamt 140.000 Stückaktien der X AG (im Folgenden: X).
Die Beklagte ist die Rechtsnachfolgerin der Y AG (im Folgenden einheitlich: die Beklagte) und Alleingesellschafterin der Hauptaktionärin der X, der Y1 GmbH.
Spätestens im Frühjahr 2016 wurde die X als potentielles Übernahmeobjekt angesehen, mit der Folge, dass Investoren X-Aktien erwarben, u.a. auch die V GmbH und die W AG, zu deren Vorstand bzw. Geschäftsführern im Jahr 2017 jedenfalls auch das damalige Vorstandsmitglied der Klägerin, Herr A, gehörte.
Die Rechtsvorgängerin der Beklagten unterbreitete am 10.4.2017 u.a. unter der Bedingung des Erreichens einer Mindestannahmeschwelle von 75 % der X-Aktien ein freiwilliges öffentliches Übernahmeangebot zum Erwerb von X-Aktien zum Preis von 66,00 Euro (Anlage K 1, Anlagenband).
Noch vor Ablauf der zunächst bis zum 8.6.2017 laufenden Annahmefrist wurde die Mindestannahmeschwelle unter Verlängerung der Annahmefrist bis zum 22.6.2017 auf 67,5 % der Aktien herabgesenkt (Anlage K 2, Anlagenband). Die herabgesenkte Schwelle wurde nicht erreicht, lediglich 65,5 % der X-Aktien wurden der Beklagten bis zum Ablauf der Annahmefrist angedient.
Im Vorfeld eines beabsichtigten weiteren freiwilligen öffentlichen Übernahmeangebots vor Ablauf der einjährigen Sperrfrist des § 26 WpÜG schloss die Rechtsvorgängerin der Beklagten mit verschiedenen X-Aktionären, u.a. der Klägerin, am 30.6.2017 ein sog. "Agreement on the acceptance of a public takover offer" (Anlage K 3, Anlagenband - im Folgenden: Andienungsvereinbarung).
Nach dieser Andienungsvereinbarung, hinsichtlich der die Vertragsparteien Vertraulichkeit vereinbarten (Ziffer 3.1), verpflichtete sich die Klägerin, das Angebot bezüglich ihrer X-Aktien spätestens am dritten Werktag nach Start der ersten Annahmefrist anzunehmen (Ziffer 1.1 (a)) sowie keine anderen Angebote von anderen Bietern anzunehmen, es sei denn, das andere Angebot übersteigt den Angebotspreis der Beklagten um mindestens 2,00 Euro und die Beklagte hat ihr Angebot an die Klägerin nicht binnen 10 Tagen an das Drittangebot angepasst (Ziffer 1.5).
Ziffer 7.1 der Andienungsvereinbarung lautet im englischen Original:
"The Bidder represents to the Shareholder that it has not entered into any irrevocable undertakings with other shareholders of X relating to the subject matter covered by this Agreement ("Other Irrevocable Undertakings" and each an "Other Irrevocable Untertaking") on more "Beneficial Terms" (as defined below) than this Agreement. "Beneficial Terms" means any beneficial amendment to (i) the definition of Superior Competing Bid (including (without limitation) the value thereof), and/or (ii) the definition of Matching Period (including (without limitation) the length of such period, and/or (iii) the termination rights set out in Section 5 in this Agreement. If the Bidder enters into any Other Irrevocable Undertaking with any other shareholder of X containing Beneficial Terms in favor of such shareholder against the terms and conditions set out in this Agreement, the Bidder agrees to grant the equivalent Beneficial Terms to the Shareholder."
Eine von der Klägerin vorgelegte Übersetzung in die deutsche Sprache (ebenfalls Anlage K 3, Anlagenband) dieser Ziffer, wobei Details von den Parteien unterschiedlich übersetzt werden (vgl. Bl. 62 d. A.), lautet:
"Der Bieter versichert dem Aktionär, dass er keine unwiderruflichen Vereinbarungen mit anderweitigen Aktionären der X über den Gegenstand der vorliegenden Vereinbarung (nachstehend zusammenfassend die "anderen unwiderruflichen Vereinbarungen" und jeweils einzeln eine "andere unwiderrufliche Vereinbarung") zu vorteilhafteren Bedingungen (siehe untenstehenden Definition) abgeschlossen hat. "Vorteilhaftere Bedingungen" bezeichnet sämtliche vorteilhafte Änderungen (i) der Definition eines wirtschaftlichen Konkurrenzangebots (einschließlich (ohne Einschränkung) des Wertes) und/oder (ii) der festgelegten Angleichungsfrist (einschließlich (ohne Einschränkung) ihrer Länge) und/oder (iii) der Kündigungsrecht...