Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 19. Juli 1967 verkündete Urteil des Landgerichts in Frankfurt (Main) – 60 Zivilkammer – wird zurückgewiesen.
Der Beklagten fallen die Kosten der Berufung zur Last.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Klägerin nimmt u. a. die musikalischen Aufführungs- und Senderechte in- und ausländiger Komponisten, Textdichter und Musikverleger in der Bundesrepublik und in Westberlin treuhänderisch wahr, und zwar auf Grund von Verträgen, die sie mit den Komponisten, Textdichtern oder deren Verlegern oder mit ausländischen Gesellschaften zur Verwertung musikalischer Aufführungsrechte geschlossen hat. Sie hat den Westdeutschen Sendern das Recht übertragen, die Werke ihres Gesamtrepertoires zu senden, und zwar zum ausschließlichen Zweck der nicht kommerziellen Sendung durch Rundfunk (Hörfunk, Fernsehen und Punk, Drahtfunk).
Die Beklagte ist ein Teil der … (im folgenden abgekürzt: …), gehört zu deren Verwaltung und besitzt eigene Organisationsform. Ihre finanzielle Grundlage sind Spenden der Bediensteten und zu etwa 10 % Zuschüsse der …. Sie betreibt u. a. Erholungsheime”
…” (136 Betten), …,
…” (200 Betten), …
…(108 Betten), … und
…” (127 Betten), … wo aktive
und nicht aktive Bedienstete sowie deren Familienangehörigen im Rahmen der Gesundheitsfürsorge der teils mit, teils ohne ärztliche Anordnung zur Erholung oder Kur weilen. Einige zahlen den vollen Pensionspreis, andere kein Entgelt. Etwa 830 000 Personen steht diese Möglichkeit offen. In jedem der genannten Heime hat die Beklagte Fernsehempfänger aufgestellt. Den Insassen der Heime ist es erlaubt, die Fernsehsendungen zu betrachten und anzuhören, auch solche, die Musikstücke aus den Repertoires der Klägerin enthalten. Schon im Jahre 1962 machte diese die Beklagte darauf aufmerksam, daß solche Übertragungen ihrer Einwilligung bedürften und tantiemepflichtig seien. Die Beklagte suchte eine Einwilligung nicht nach und lehnt jede Zahlung ab.
Die Klägerin hat Ansprüche für die Zeit vom 1. April 1964 bis 31. März 1967 geltend gemacht und dazu vorgetragen, die Fernseh-Musikübertragungen in den Erholungsheimen der Beklagten seien öffentlich, da persönliche Beziehungen unter den Heiminsassen auch nicht über den Arbeitgeber bestünden. Sie dienten außerdem dem gewerblichen Unternehmen der und der Erzielung von Einkünften. Das ergebe sich schon daraus, daß ein Teil der Besucher seinen Aufenthalt bezahlen müsse. Die Ausnahmetatbestände der § 27 LÜG und § 52 UrhG lägen nicht vor. Die Beklagte habe schuldhaft gehandelt, denn sie habe die Sach- und Rechtslage nicht mit der erforderlichen und möglichen Sorgfalt geprüft. Das verpflichte die Beklagte zum Ersatz des entstandenen Schadens, der sich aus den Vergütungssätzen für solche Aufführungen errechne, erhöht um 100 % wegen Unterhaltung eines umfangreichen Überwachungsapparates und um weitere 20 % zur Abgeltung der Leistungsschutzrechte der ausübenden Künstler.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie DM 20.160,– nebst 4 % Zinsen seit dem 1. Februar 1967 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat sich darauf berufen, sie verfolge mit den Fernsehübertragungen keinen gewerblichen oder Erwerbszweck. Ihre Erholungsheime würden, so hat die Beklagte ausgeführt, nicht nach privatwirtschaftlichen Grundsätzen, sondern aus sozialen Gründen als Zuschußbetrieb geführt. Die Bezahlung durch einen Teil der Insassen decke die Kosten nicht. Im übrigen würden die Heime auch besucht werden, wenn keine Fernsehübertragungen geboten würden.
Das Landgericht hat der Klage aus dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes stattgegeben. Die Inanspruchnahme der Ausnahmetatbestände der §§ 27 LÜG und 52 UrhG durch die Beklagte hat es für unbegründet erachtet.
Gegen das ihr am 16. August 1967 zugestellte Urteil, auf das im übrigen Bezug genommen wird, hat die Beklagte am 18. September 1967 Berufung eingelegt und sie am 13. Oktober 1967 begründet.
Sie bestreitet die Öffentlichkeit ihrer Fernsehübertragungen nicht mehr, hält aber ihr Vorbringen aufrecht, diese dienten keinem gewerblichen oder Erwerbszweck. Auch ihr Verschulden bestreitet die Beklagte weiter. Im einzelnen ergänzt sie ihren Vortrag wie folgt:
Das Sozialwerk sei eine gemeinnützige, steuerbegünstigte Selbsthilfeorganisation, die Aufgaben erfülle, wie sie das Bundessozialhilfegesetz vorschreibe. Der Aufenthalt im Erholungsheim sei nicht einer Betriebsveranstaltung gleichzusetzen, die sich auf das Betriebsklima und das Wohlbefinden der Arbeitnehmer auswirke. Er diene allein der vorbeugenden Gesundheitshilfe. Ein Schuldvorwurf könne ihr nicht gemacht werden, da sie sich eingehend mit der Rechtslage befaßt und erst nach gründlicher Prüfung zu der Überzeugung gelangt sei, es liege kein Erwerbszweck vor.
Die Beklagte beantragt,
unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Klage abzuweisen, hilfsweise ihr Vollstreckungsschutz zu gewähren.
Die Klägerin, die die
Zurückweisung der Berufung
begehrt, wendet sich auch gegen den neuen...