Entscheidungsstichwort (Thema)
Bausummengarantie: Überschreitung der Bausumme
Leitsatz (amtlich)
Kann eine Bausummengarantie, die bei Überschreitung der Bausumme zu einer verschuldensunabhängigen Haftung des Beklagten führen würde, nicht bewiesen werden, kann gleichwohl ein Anspruch auf Schadensersatz wegen schuldhafter Überschreitung einer vereinbarten Bausumme aus §§ 633, 634 Nr. 4, 280, 281 BGB gerechtfertigt sein.
Normenkette
BGB §§ 280-281, 633-634
Verfahrensgang
LG Gießen (Aktenzeichen 5 O 106/05) |
Gründe
I. Der Kläger ist Gastronom. Um seinen Betrieb zu vergrößern, ersteigerte er Ende November 2001 das Anwesen A-straße.. in O1. Der Beklagte, Architekt und Bauingenieur, wurde mit der Planung und Überwachung der Umbau- und Erweiterungsarbeiten betraut.
Bis zum Abschluss des Bauvorhabens entstanden Kosten, die der Kläger für seine Teilklage in der Berufungsinstanz mit 862.175,26 EUR berechnet hat.
Der Kläger hat von dem Beklagten erstinstanzlich Zahlung i.H.v. insgesamt 178.438,80 EUR sowie die Übernahme von Zinsmehrbelastungen aufgrund Übernahme einer Bausummengarantie von 700.000 EUR netto, hilfsweise wegen Überschreitung eines verbindlichen Kostenrahmens bzw. wegen fehlerhafter Kostenkontrolle begehrt.
Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils des LG (Bl. 107 - 108 d.A.) Bezug genommen.
Das LG hat nach Vernehmung mehrerer Zeugen die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Beweisaufnahme hätte die Vereinbarung einer Bausummengarantie nicht ergeben. Außerdem bestünde kein Schadensersatzanspruch wegen schuldhafter Überschreitung eines verbindlich festgelegten Gesamtkostenlimits, da ein solches Kostenlimit im Architektenvertrag nicht enthalten und der Beweis für eine entsprechende mündliche Vereinbarung nicht erbracht worden sei.
Auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 108-111 d.A.) wird verwiesen.
Dagegen richtet sich der Kläger mit seiner fristgerecht eingereichten und begründeten Berufung, mit der er das Ziel der Stattgabe seiner Klage i.H.v. 170.307,03 EUR zzgl. kapitalisierter Zinsen von 8.131,77 EUR (zusammen 178.438,80 EUR) weiterverfolgt.
Er steht weiterhin auf dem Standpunkt, aus den besonderen Umständen der Auftragsvergabe ergäbe sich, dass eine Baukostenobergrenze vereinbart worden sei. Der Beklagte habe Kenntnis von seinen wirtschaftlichen Grenzen gehabt und gewusst, dass eine Gesamtbausumme von 761.000 EUR nicht realisierbar gewesen sei. Der Kläger rügt zudem, dass sich das LG nicht mit der Frage der Verletzung der Pflichten zur kalkulationsfehlerfreien und kostenangemessenen Planung befasst und den Zeugen B nicht gehört habe.
Der Kläger beantragt, unter Abänderung des angefochtene Urteils den Beklagten zu verurteilen, an ihn 170.307,03 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.6.2005 sowie weitere 8.131,77 EUR kapitalisierte Zinsen zu zahlen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil. Ein Haftungsgrund sei nicht gegeben, die Schadensberechnung unschlüssig.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze des Klägers vom 28.3.2006 und 16.10.2006 sowie des Beklagten vom 23./24.8.2006, 13.9.2006 und 22.11.2006 Bezug genommen.
II. Die Berufung ist zulässig und i.H.v. 98.031,84 EUR begründet.
1. Die Teilklage ist zulässig, nachdem der Kläger auf den Hinweisbeschluss des Senats vom 28.9.2006 mit Schriftsatz vom 16.10.2006 konkret dargelegt hat, auf welche Positionen sich seine Teilklage beziehen soll. Unerheblich ist, dass er dabei nicht seinen vollen Klageantrag von 170.307,03 EUR nebst kapitalisierter Zinsen ausgeschöpft, sondern lediglich einen Betrag von 162.175,26 zzgl. kapitalisierter Zinsen beziffert hat. Dieser Umstand hat Auswirkungen allein auf die Frage der Begründetheit der Klage.
2. Die Klage ist i.H.v. 98.031,84 EUR begründet.
Mit dem LG ist zwar davon auszugehen, dass eine Bausummengarantie, die bei Überschreitung der Bausumme zu einer verschuldensunabhängigen Haftung des Beklagten führen würde, mangels Beweises einer entsprechenden Vereinbarung ausscheidet; dies wird von dem Kläger in seiner Berufungsbegründung auch nicht angegriffen. Das Begehren des Klägers ist aber als Anspruch auf Schadensersatz wegen schuldhafter Überschreitung einer vereinbarten Bausumme aus §§ 633, 634 Nr. 4, 280, 281 BGB gerechtfertigt.
a) Ein Kostenlimit kann dergestalt vertraglich vereinbart werden, dass die Baukosten in einer bestimmten Höhe verbindlich als vertraglich geschuldete Beschaffenheit einzuhalten sind in dem Sinne, dass jede Überschreitung des Limits einen Mangel des geschuldeten Werks darstellt (BGH NJW-RR 1997, 850; Niestrate, Die Architektenhaftung, 3. A., Rz. 403). Voraussetzung dafür ist, dass der Bauherr und der Architekt von einer bestimmten Kostenbasis ausgegangen sind und diese zur Grundlage des Vertrags gemacht haben (Werner/Pastor, Der Bauprozess, 11. A., Rz. 1781). Von einem solchen vereinbarten Baukostenlimit ist vorliegend entgegen der Auffassung de...