Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulässigkeit der Übersendung presserechtlicher Informationsschreiben durch Anwaltskanzlei
Leitsatz (amtlich)
Die Versendung sog. presserechtlicher Informationsschreiben per Telefax, die auf ein Schreiben im Monat begrenzt ist, löst auf Seiten des Empfängers keinen Unterlassungsanspruch nach §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 S. 2 BGB analog aus.
Normenkette
BGB §§ 823, 1004
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 02.03.2017; Aktenzeichen 2-3 O 219/16) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 2. März 2017 verkündete Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main - 2-03 O 219/16 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits - und zwar beider Instanzen - hat die Klägerin zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages leisten.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 35.000,- EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Parteien streiten über die Zulässigkeit der Übersendung von sog. presserechtlichen Informationsschreiben.
Die Klägerin ist ein Verlag, der u.a. die ZEITUNG1 und die ZEITUNG2 herausgibt.
Die Beklagte zu 1) ist eine insbesondere im Presserecht tätige Anwaltskanzlei, der Beklagte zu 2) ein bekannter Sänger und Mandant der Beklagten zu 1).
Die Klägerin berichtete in ihrer Rubrik "X" wiederholt auch über den Beklagten zu 2), wobei sie in dieser Rubrik Veröffentlichungen der Boulevardpresse aufgreift und inhaltlich - überwiegend süffisant - verarbeitet.
Die Beklagte zu 1) versendet regelmäßig sog. presserechtliche Informationsschreiben an diverse Verlage, in denen sie namens und in Vollmacht ihrer Mandanten auf bestimmte Umstände aus dem Leben ihrer Mandanten hinweist, die nicht Gegenstand einer Presseberichterstattung werden sollen. Solche Schreiben gingen auch an die Klägerin, die die Beklagte zu 1) mit Schreiben vom 16. Oktober 2015 (Anlage K 5, Bl. 51 d. A.) aufforderte, sie aus dem Verteiler für presserechtliche Warn- und Informationsschreiben zu nehmen. Auch den Beklagten zu 2), vertreten durch die Beklagte zu 1), forderte die Klägerin zur Unterlassung auf. Eine Einstellung der Versendung lehnten die Beklagten ab. Nachdem am 11. Mai 2016 in der Zeitschrift Y ein Bericht über den Beklagten zu 2) erschien, versandte die Beklagte zu 1) namens des Beklagten zu 2) ein weiteres presserechtliches Informationsschreiben an die Klägerin, in welchem auf diese Berichterstattung Bezug genommen wurde (Anlage K 8, Bl. 58 d. A.). Hinsichtlich weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und der erstinstanzlich gestellten Anträge der Parteien wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 209 bis 212 d. A.) Bezug genommen.
Das Landgericht hat der Klage im Umfang des in der mündlichen Verhandlung vom 9. Februar 2017 gestellten Antrags der Klägerin entsprochen und die Beklagten verurteilt, es bei Meidung eines Ordnungsgeldes für jeden Fall der Zuwiderhandlung von bis zu 250.000,- EUR ersatzweise für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, wobei die Ordnungshaft insgesamt zwei Jahre nicht übersteigen darf, es zu unterlassen, der Klägerin sogenannte "presserechtliche Informationsschreiben", die ein rechtliches Vorgehen gegen eine etwaige Berichterstattung in Wort und/oder Bild über gewisse Ereignisse oder Umstände in Aussicht stellen, per Telefax zuzusenden, wenn dies geschieht wie mit dem Schreiben der Beklagten vom 11. Mai 2016 unter dem Aktenzeichen ... unter der Überschrift "Presserechtliches Informationsschreiben A" und wie aus Anlage K 8 (Bl. 58 d. A) ersichtlich.
Das Landgericht hat die Zulässigkeit und Begründetheit der Klage bejaht und die Auffassung vertreten, dass der Klägerin gegen beide Beklagte ein Anspruch auf Unterlassung gemäß §§ 823, 1004 BGB zustehe.
Hinsichtlich näherer Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 212 bis 221 d. A.) verwiesen.
Gegen das ihnen am 7. März 2017 zugestellte Urteil haben die Beklagten mit einer am 5. April 2017 bei Gericht eingegangenen Schrift Berufung eingelegt, die - nach entsprechender Verlängerung der Begründungsfrist - mit einer am 8. Juni 2017 bei Gericht eingegangenen Schrift begründet worden ist.
Die Beklagten rügen Rechtsfehler und unzutreffende Tatsachenfeststellungen.
Der Klageantrag sei zu unbestimmt und daher unzulässig. Das Landgericht habe im Rahmen der Begründetheitsprüfung dem Unternehmerpersönlichkeitsrecht der Klägerin einen zu hohen Stellenwert beigemessen und zu wenig berücksichtigt, dass mit der Zusendung der presserechtlichen Informationsschreiben allenfalls eine Belästigung einhergehe, zumal bezüglich des Beklagten zu 2) lediglich zwei solcher Schreiben erfolgt s...