Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorliegen einer Wahlschuld; Verjährung
Leitsatz (amtlich)
1. Gibt ein Schuldner als Ausgleich für zurückgenommene Aktien dem Gläubiger Aktien eines anderen Unternehmens hin und vereinbaren die Vertragsparteien, dass bei Unterschreiten des Börsenkurses der hingegebenen Aktien entweder ein Rücklauf oder eine Nachlieferung von Aktien erfolgen soll, so liegt im Zweifel eine Wahlschuld i.S.v. § 262 BGB vor.
2. Zur Verjährung des zunächst nicht rechtshängig gemachten Nachlieferungsanspruchs.
Normenkette
BGB §§ 195, § 199 ff., §§ 214, 262-263
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 2-23 O 506/05) |
Gründe
I. Wegen des Sachverhalts wird gem. § 540 Abs. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen. Sie werden lediglich zur besseren Verständlichkeit des Berufungsurteils teilweise wiederholt und ergänzt.
Der Kläger macht als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Firma A AG Ansprüche geltend, die sich aus einem Aktienrücknahmevertrag vom 3./15.8.2000 ergeben. Dieser Vertrag hatte folgenden Hintergrund:
Der Beklagte war gemeinsam mit einer Firma B GmbH Gesellschafter einer Firma C GmbH, die sich mit der Panzerung von Fahrzeugen beschäftigte. Mit Beteiligungsvertrag vom 3.5.1999 erwarb die Insolvenzschuldnerin an dieser Gesellschaft einen Geschäftsanteil zu einem Ausgabebetrag von 2.556.495,41 EUR. Zudem leistete die Insolvenzschuldnerin im Zuge einer weiteren Kapitalerhöhung einen Nachschuss i.H.v. 382.500 EUR (Anlagen K5 und K 7). Der Beitritt der Insolvenzschuldnerin war unter der Voraussetzung erfolgt, dass die dann in eine Aktiengesellschaft umgewandelte Fa. C im Geschäftsjahr 1998/1999 einen Jahresüberschuss von mindestens 3 Millionen DM und im darauf folgenden Geschäftsjahr von mindestens 10 Millionen DM erzielen würde. Da diese Firma am 20.5.2000 einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellen musste, konnten die geplanten Ergebnisse nicht mehr erreicht werden.
Es kam am 3./15.8.2000 zu dem streitgegenständlichen Aktienrücknahmevertrag zwischen der Insolvenzschuldnerin und dem Beklagten, in dem sie ihm sämtliche ihrer Aktien an der Fa. C AG zu einem Betrag von 2.844.061,08 EUR übertrug. Der Ausgleich erfolgte an Erfüllungs Statt durch Übertragung von 346.836 Inhaberstückaktien an der Fa. D-AG zu dem damaligen Tageskurs von 8,20 EUR/Aktie. In § 6 Abs. 1 und 2 dieses Vertrages, der mit "Rückkaufsrecht" überschrieben ist, räumt die Insolvenzschuldnerin dem Beklagten das Recht ein, jederzeit auf Verlangen die mit diesem Vertrag hingegebenen Aktien der Fa. D AG zum Preis von 8,20 EUR je Aktie zzgl. einer zeitanteiligen Verzinsung zurück zu erwerben. Das Rückkaufrecht ist auf drei Jahre ab dem Zeitpunkt der Übertragung der o.g. Aktien begrenzt. § 6 Abs. 3 des Vertrages hat folgenden Wortlaut:
Sollte der Börsenkurs der hingegebenen Aktien innerhalb des vorstehend genannten Dreijahreszeitraums nachhaltig ... und substantiell ... unter den als Wert angesetzten Kurs von 8,20 EUR sinken, ist der Aktienrücknehmer (Anm: Beklagter) verpflichtet, die Aktien zu den in § 6 Abs. 1 vereinbarten Bedingungen unverzüglich zurück zu erwerben oder alternativ den eingetretenen Wertverlust durch die sofortige Hingabe einer entsprechenden Anzahl von Aktien der D-AG auszugleichen (Anlage K 8 zur Klage).
Die vorgenannte Bedingung ist am 13.1.2001 eingetreten, nachdem der Aktienkurs der Fa. D-AG 120 Tage lang um mehr als 25 % gesunken war (Bl. 81 d.A.). Konsequenzen wurden daraus zunächst nicht gezogen. Die Insolvenzschuldnerin kaufte vielmehr weitere Aktien dieses Unternehmens hinzu. In einem Schreiben vom 23.1.2002 griff die Insolvenzschuldnerin u.a. den Wertausgleich gem. § 6 Abs. 3 des Aktienrücknahmevertrags auf und bot dem Beklagten an, ihm die Leistung des Wertausgleichs zu stunden, wenn er ein selbständiges Schuldanerkenntnis über den Ausgleich ihres Nachschusses i.H.v. 382.500 EUR unterzeichne (Anlage BK 2 - Bl. 383 d.A.). Am 2.9.2002 veräußerte die Insolvenzschuldnerin das gesamte von ihr gehaltene Aktienpaket an der Fa. D-AG zu einem Stückpreis von 0,70 EUR, damit zu einem Gesamtbetrag von 242.785,20 EUR.
Am 27.2.2003 schlossen die Insolvenzschuldnerin und der Beklagte einen Vergleich, in dem sich letzterer verpflichtete, an die Insolvenzschuldnerin in acht Halbjahresraten jeweils 25.000 EUR, insgesamt 200.000 EUR zu zahlen (Anlage K 4). Vorangegangen war ein Schriftwechsel vom 22.1.2003 (Anlagen BK 5 - Bl. 416 und BK 6 - Bl. 417, 432). Die weiteren Einzelheiten über die dem Vergleichsabschluss vorangegangenen Gespräche sind streitig. Der Beklagte zahlte am 3.3.2003 die erste Rate i.H.v. 25.000 EUR. Am 19.3.2003 genehmigte der Vorstand der Insolvenzschuldnerin den Vergleich. Weitere Zahlungen des Beklagten sind nicht erfolgt.
Der Kläger hat behauptet, die Insolvenzschuldnerin sei bereits am 30.11.2001 zahlungsunfähig und Ende 2001 überschuldet gewesen. Er sei mit der Klage von dem nicht erfüllten Vergleichsvertrag zurückgetreten. Eine Fristsetzung s...