Leitsatz (amtlich)

1. Zur Anfechtung von Beschlüssen der Hauptversammlung einer AG.

2. Zur Frage, ob der Umstand, dass dem Vertreter von Aktionären die Teilnahme an der Hauptversammlung verweigert wurde, die Anfechtung der Beschlüsse rechtfertigen kann.

 

Normenkette

AktG §§ 243, 245, 248; WpÜG §§ 35, 59

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 3-11 O 88/05)

 

Gründe

I. Mit der Klage werden Beschlüsse der Hauptversammlung der Beklagten vom 12.7.2005 angefochten.

Aktionäre der Beklagten waren die X AG und die Y. GmbH, die am 7.3.2000 eine Gesellschaftervereinbarung (Anlage B 3, Bl. 162 bis 166 d.A.)über eine Stimmbindung - einheitliche Abstimmung in den Hauptversammlungen der Beklagten - schlossen, auf die - wie auf alle im Folgenden bezeichneten Unterlagen - verwiesen wird.

Nach Börsengang der Beklagten am 9.5.2000 erwarb am 9.9.2002 die Klägerin zu 3. - Ehefrau des Klägers zu 2. - 2,4 % der Aktien an der Beklagten von der Y. GmbH.

In der Gesellschafterversammlung der Y. GmbH vom 11.9.2002 wurde eine Kapitalerhöhung beschlossen, die Satzung neu gefasst und die Firma in YZ GmbH (künftig: YZ) geändert. Zugleich erwarb die A. GmbH (künftig A), die der Kläger zu 2. am 30.8.2002 mit drei weiteren Personen gegründet hatte, die am 12.11.2002 ins Handelsregister eingetragen worden war, an der der Kläger einen Gesellschaftsanteil i.H.v. 40 % hielt und deren Satzung vorsah, dass Beschlüsse der Gesellschafter mit einer Mehrheit von 75 % der Geschäftsanteile zu fassen seien, an der YZ einen Geschäftsanteil i.H.v. 42.000 EUR (Urkundenrolle Nr. .../2002 des Notars Prof. Dr. N1, Anlage B 5, Bl. 175 bis 199 d.A.).

Zur Verdeutlichung der Beteiligungsverhältnisse wird auf die grafische Darstellung der Beteiligungsstrukturen (Anlage B 8, Bl. 227 d.A.) Bezug genommen.

Unter dem 30.9.2002 beurkundete der Notar einen weiteren Gesellschafterbeschluss der YZ bezüglich der Änderung der Satzung in § 8 mit sofortiger Wirkung (Urkundenrolle Nr. .../2002 des Notars Prof. N1, Anlage B 15, Bl. 245 bis 267 d.A.).

Die Klägerin zu 3. erwarb Ende 2002 und Anfang 2004 weitere Aktien von der YZ und hielt danach insgesamt 24,90 % der Aktien der Beklagten.

Nachdem am 1.1.2003 über das Vermögen der X AG, die 33,20 % der Aktien hält, das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zu 1. zum Insolvenzverwalter ernannt worden war, erwarb der Kläger zu 2. Anfang März 2004 Aktien - 4,72 % - an der Beklagten. Auch der Kläger zu 4. erwarb Aktien - 12,32 % - der Beklagten.

In der Hauptversammlung der Beklagten vom 12.11.2004 wurde den Bevollmächtigten der Kläger zu 1. bis 3. die Teilnahme verweigert, ihre diesbezüglichen Beschlussanfechtungsklagen wurden auf die Berufung der Beklagten mit Urteil des erkennenden Senats vom 14.11.2006 (5 U 158/05) abgewiesen.

Am 10.12.2004 schlossen die Kläger zu 2. bis 4. sowie die A i.L., deren Liquidation bereits am 8.9.2004 im Handelsregister eingetragen worden war und der der Kläger zu 2. am 7.12.2004 eine Option zum Erwerb von 100.000 Aktien der Beklagten zu je 1 EUR eingeräumt hatte, einen Poolvertrag über die Abstimmung ihres Stimmverhaltens in Bezug auf die Beklagte, dem der Kläger zu 1. in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter am 20.12.2004 beitrat. Am 13.12.2004 veröffentlichte der Kläger zu 2. gem. § 35 Abs. 1 WpÜG die Kontrollerlangung. Die Veröffentlichung des Pflichtangebots durch den Kläger zu 2. auch mit Wirkung für die Kläger zu 3. und 4. und die A i.L. erfolgte am 24.1.2005 (Anlage K 4, Bl. 13 ff. d.A.; im Tatbestand des angefochtenen Urteils heißt es insoweit unrichtig: 24.12.2005).

In der Hauptversammlung der Beklagten vom 12.7.2005 wurde den Bevollmächtigten der Kläger die Teilnahme verweigert, weshalb diese an der Beschlussfassung - Entlastung des Vorstandes und des Aufsichtsrates sowie Wahl des Abschlussprüfers - nicht mitwirken konnten.

Mit am 29.7.2005 (Kläger zu 2. bis 4.) bzw. 8.8.2005 (Kläger zu 1.) bei Gericht eingegangenen Klagen haben die Kläger vorliegende Anfechtungsklage betreffend die Beschlüsse der Hauptversammlung, soweit der Vorstand und der Aufsichtsrat jeweils für das Geschäftsjahr 2004 entlastet und der Abschlussprüfer für das Jahr 2005 gewählt wurde, erhoben. Der Beklagten, vertreten durch den Vorstand und den Aufsichtsrat, wurde die Klageschrift des Klägers zu 1. am 30.9.2005, diejenige der Kläger zu 2. bis 4. am 26.8.2005 zugestellt.

Die Kläger zu 2. bis 4. haben vorgetragen, ein Kontrollerwerb an der Beklagten habe vor Abschluss des Poolvertrages vom 10.12.2004 nicht stattgefunden.

Die von einer Investorengemeinschaft gegründete A habe die Geschäftsanteile an der YZ übernommen, weil diese sich in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befunden und habe saniert werden sollen.

Die Veräußerung von 2,4 % der Anteile der Beklagten an die Klägerin zu 3. sowie deren weiteren Erwerbe hätten die Verschaffung von Liquidität für die YZ bezweckt. Sie haben vorgetragen, zur Abgabe eines Pflichtangebotes nicht verpflichtet gewesen zu sein, nachdem aufgrund der am 30.9.2002 beschlossenen Satzungsänderung ü...

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