Entscheidungsstichwort (Thema)
Verwertung der Kaution nach Veräußerung des Mietobjekts
Leitsatz (amtlich)
Ein Vermieter kann eine Kaution auch dann noch zur Deckung seiner rechtskräftig festgestellten Forderung verwerten, wenn er das Mietobjekt bereits veräußert und übereignet hat, sofern sich die Kaution noch in seinem Vermögen befindet. § 566a BGB bezweckt den Schutz des Mieters, der durch die Veräußerung des Mietobjekts nicht schlechter gestellt werden soll, als er vor der Veräußerung stand. Der Mieter soll aber auch nicht zu Lasten des vormaligen Vermieters ungerechtfertigt besser gestellt werden, indem er die Mietsicherheit von dem Erwerber stets uneingeschränkt zurückfordern kann.
Normenkette
BGB § 566a S. 1
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 23.07.2010; Aktenzeichen 2/5 O 317/08) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des LG Frankfurt/M. vom 23.7.2010 (Az.: 2-5 O 317/08) teilweise abgeändert.
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3.990,65 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 3.350 EUR vom 4.4.2007 bis zum 30.11.2007, aus 3.650 EUR vom 5.11.2007 bis zum 30.11.2007, aus 722,84 EUR seit dem 10.5.2008 und aus 1.792,71 EUR seit dem 25.3.2011 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
Die Anschlussberufung des Beklagten wird zurückgewiesen.
Die Widerklage wird abgewiesen.
Die Kosten der ersten Instanz haben die Klägerin zu 79 % und der Beklagte zu 21 % zu tragen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Klägerin zu 40 % und der Beklagte zu 60 % zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 20.442,71 EUR festgesetzt.
Gründe
I. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO:
Die Klägerin als Vermieterin verlangt mit ihrer am 25.8.2008 eingegangenen Klage von dem Beklagten als ehemaligem Mieter Zahlung rückständiger Mieten sowie Mietnebenkosten i.H.v. insgesamt 10.317,81 EUR. Sie hatte das Mietobjekt mit Wirkung zum 1.12.2006 von dem Veräußerer V erworben und wurde am 15.5.2007 als Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen. Das Mietverhältnis endete zum 30.11.2007. Der Voreigentümer teilte den Mietern mit Schreiben vom 11.1.2007 (Blatt 49 der Akte) mit, dass die Klägerin mit Wirkung vom 1.12.2006 in die bestehenden Mietverträge eingetreten sei, und wies darauf hin, dass er die Ansprüche aus den Mietsicherheiten an die Klägerin abgetreten habe. Der Beklagte erklärte die Aufrechnung mit einem Anspruch auf Rückzahlung der Kaution, die er i.H.v. 18.600 EUR an den vormaligen Vermieter in bar (Quittung Blatt 48 der Akte) geleistet hatte. Der Vorvermieter hatte dem Beklagten gegenüber mit Schreiben vom 31.1.2008 (Blatt 59 der Akte) erklärt, wegen einer zwischenzeitlich titulierten Forderung i.H.v. insgesamt 10.480,13 EUR sowie wegen weiterer Forderungen aus Mietrückständen die Kaution nicht herauszugeben. Der Beklagte forderte die Klägerin wiederholt zur Auszahlung des Restbetrages der Kaution, welcher nach Abzug - allein - ihrer Forderungen verbleibe, auf. Die Klägerin teilte ihm mit Anwaltsschreiben vom 5.10.2008 mit, dass die Kaution nach Verrechnung seitens des Veräußerers gemäß dessen Schreiben vom 31.1.2008 aufgebraucht sei. Hinsichtlich des Sachverhalts im Einzelnen wird zunächst auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils verwiesen.
Das LG hat durch Urteil vom 23.7.2010, der Klägerin sowie dem Beklagten zugestellt am 28.7.2010, die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Zahlungsanspruch der Klägerin habe zwar zunächst bestanden, sei aber infolge der seitens des Beklagten erklärten Aufrechnung mit seinem Anspruch auf Rückzahlung der Kaution i.H.v. 18.600 EUR erloschen. Eine entsprechende Gegenforderung des Beklagten habe bestanden. Sie sei nicht durch die Aufrechnungserklärung des Veräußerers im Schreiben vom 31.1.2008 erloschen. Denn zu diesem Zeitpunkt habe ein Gegenseitigkeitsverhältnis im Verhältnis des Veräußerers zu dem Beklagten nicht mehr bestanden, da der Veräußerer nicht mehr Schuldner der Forderung des Beklagten auf Rückzahlung der Kaution gewesen. Dies sei vielmehr seit der Veräußerung des Mietobjekts die Klägerin gewesen, da sie in die Rechte und Pflichten bezüglich der von dem Beklagten geleisteten Kaution eingetreten sei. Für die Haftung der Klägerin komme es auf die tatsächliche Leistung der Mietkaution nicht an. Unerheblich sei es auch, dass der Veräußerung die Sicherheit nach dem Vortrag der Klägerin mit ihrem Einverständnis in Anspruch genommen habe, da dies mangels Einverständnisses des Beklagten nicht wirksam erfolgen könne.
Die Klägerin verfolgt mit ihrer am 25.8.2010 eingelegten und nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 28.10.2010 am 27.10.2010 begründeten Berufung ihre Klageforderung weiter. Der Beklagte verlangt mit seiner innerhalb der am 15.12.2010 ablaufenden Berufungserwiderungsfrist an diesem Tage eingelegten und zugleich begründeten Anschlussberufung im Wege der Widerklage Auszah...