Normenkette
InsO §§ 129-131, 142, 146
Verfahrensgang
LG Darmstadt (Aktenzeichen 8 O 6/02) |
Nachgehend
Gründe
Der Kläger macht gegen die Beklagte Ansprüche aus Insolvenzanfechtung geltend. Wegen der Aufgliederung der einzelnen Ansprüche wird auf die Klageschrift verwiesen. Das LG hat der Hauptforderung durch Urteil vom 8.7.2003 in vollem Umfang stattgegeben und die Beklagte zur Zahlung von 902.848,75 EUR an den Kläger verurteilt. Durch Ergänzungsurteil vom 8.10.2003 hat es die Beklagte antragsgemäß verurteilt, an den Kläger aus dem zugesprochenen Betrag Zinsen i.H.v. 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.10.2001 zu zahlen.
Auf die tatsächlichen Feststellungen in den angefochtenen Urteilen wird mit den nachfolgenden Ergänzungen verwiesen.
Die Beklagte hat gegen die ihr am 16.7.2003 bzw. 20.10.2003 zugestellten Urteile mit am 8.8.2003 bzw. 7.11.2003 eingegangenen Schriftsätzen Berufung eingelegt. Nach Verlängerung der Begründungsfrist hinsichtlich der Berufung gegen das Urteil vom 8.7.2003 bis 16.10.2003 hat sie die Berufung am 16.10.2003 begründet. Die Berufung gegen das Urteil vom 8.10.2003 hat sie mit Berufungseinlegung begründet.
Der Senat hat mit Beschluss vom 16.12.2003 beide Berufungsverfahren miteinander verbunden.
Die Beklagte beantragt unter Abänderung der angefochtenen Urteile die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt die Berufungen zurückzuweisen.
Soweit er Rechtshandlungen angefochten hat, die in der Zeit nach Insolvenzeröffnung liegen, stützt er die Klage nunmehr ausdrücklich darauf, dass die betreffenden Gutschriften zur Konkursmasse gehören.
Die Klägerin erhebt insoweit die Einrede der Verjährung, nachdem sie in erster Instanz bereits hinsichtlich des geltend gemachten Anfechtungsrechts die Einrede der Verjährung erhoben hatte.
Der Senat hat den bereits in erster Instanz vernommenen Zeugen Z3 erneut vernommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 10.11.2005 verwiesen.
Im Übrigen wird wegen des Parteivorbringens auf den Inhalt der bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Senat eingereichten Schriftsätze verwiesen.
Die in den nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichten Schriftsätzen enthaltenen Rechtsausführungen und Beweiswürdigungen hat der Senat beachtet.
Die zulässige, insbesondere alle Frist- und Formerfordernisse wahrende Berufung ist teilweise begründet.
Der Kläger kann Auskehrung eines Betrages von 620.650,96 EUR zur Konkursmasse von der Beklagten verlangen.
Dies ergibt sich aus den folgenden Erwägungen, wobei sich das Urteil in der Systematik der Abhandlung der einzelnen Ansprüche an der Reihenfolge im angefochtenen Urteil des LG orientiert.
1. Rückführung des Sollsaldos von 920.009,20 DM auf 425.000 DM.
Der Senat folgt insoweit im Ergebnis der Auffassung des LG nicht. Die Anfechtung hinsichtlich der Verrechnung von Zahlungseingängen, soweit diese zu einer Rückführung des Sollstands bis auf 425.000 DM geführt hat, begründet kein Anfechtungsrecht. Denn zutreffend hat das LG in diesem Zusammenhang ausgeführt, dass die Rückführung des Sollstands bis auf einen Betrag von 425.000 DM der Beklagten eine kongruente Deckung gewährt hat, weil ihr dieser Anspruch als jederzeit fälliger Anspruch zustand. Der Senat tritt den zutreffenden Ausführungen auf S. 9 des angefochtenen Urteils erster und zweiter Absatz bei. Folglich richtet sich die Frage der Anfechtung nach § 130 InsO. Da die Rückführung des Saldos auf einen Sollstand von 425.000 DM in der Zeit vor dem Eröffnungsantrag erfolgt ist, wäre eine Anfechtung nur begründet, wenn die Beklagte eine zum Zeitpunkt der jeweiligen Verrechnung vorhandene Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin gekannt hätte (§ 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO). Der Senat folgt der Beurteilung des LG insoweit, als es objektiv eine Zahlungsunfähigkeit im Zeitraum ab 7.6.1999 angenommen hat, nicht jedoch dahin, dass die Beklagte diese Zahlungsunfähigkeit gekannt hätte. Die Schuldnerin war seit diesem Zeitpunkt zahlungsunfähig, weil sie nicht in der Lage war, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen (§ 17 Abs. 1 InsO). Dabei kommt es, anders als nach der früheren Konkursordnung nicht darauf an, ob die Zahlungsunfähigkeit sich auf einen wesentlichen Teil der Verbindlichkeiten bezieht und ob sie von Dauer ist (dazu Kind in: Braun, InsO, Kommentar 2. Aufl., § 17 Rz. 3 - 5). Danach war Zahlungsunfähigkeit seit spätestens Anfang Juni 1999 anzunehmen, weil die Gemeinschuldnerin schon seit Mai die Gehälter für die damals immerhin fast 200 Mitarbeiter (Personalkostenplanung Anlage B 11) nicht mehr pünktlich zahlen konnte. Dies ist bewiesen durch die Aussagen der Zeugen Z1 und Z2 in erster Instanz sowie durch die Mitteilung an den Betriebsrat hinsichtlich der Maigehälter und an alle Mitarbeiter und Betriebsrat hinsichtlich der Junigehälter 1999 (Anlage K 20). Insoweit kann von einer nur vorübergehenden Zahlungsstockung keine Rede sein. Zahlungsunfähigkeit ist daher für die Zeit seit M...