Entscheidungsstichwort (Thema)

Bürgschaft für Verbindlichkeiten einer Kommanditgesellschaft

 

Leitsatz (amtlich)

Die Bürgschaftsverpflichtung, die für Verbindlichkeiten einer Kommanditgesellschaft gegeben wurde, die sich aus einem werkvertraglichen Bezug ergeben können, besteht nicht fest, wenn die Kommanditgesellschaft zur Erfüllung der werkvertraglichen Leistungen zusammen mit einer anderen Kommanditgesellschaft eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (ARGE) gründet und diese den Werkvertrag abschließt.

 

Normenkette

BGB §§ 765, 767

 

Verfahrensgang

LG Wiesbaden (Urteil vom 11.03.2011)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 11.3.2011 verkündete Urteil der 13. Zivilkammer des LG Wiesbaden abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin macht gegen die Beklagte Ansprüche aus einer selbstschuldnerischen (Rück-)Bürgschaft auf erstes Anfordern geltend, die die Beklagte für die Inanspruchnahme der Klägerin aus einer in einem Kautionsversicherungsvertrag (revolvierender Avalkredit) vom 5.8.2005 (Anlage K 1) übernommenen Bürgschaftsverpflichtung (gewährleistungs- und Vertragserfüllungsbürgschaften) für gegen die Firma X GmbH & Co. KG, die Versicherungsnehmerin der Klägerin, bestehenden Ansprüche aus einem Werkvertrag übernommen hat. In § 4 der Vertragsgrundlagen zu dem der Firma Y GmbH & Co. KG von der Klägerin gewährten Avalkredit ist zur Durchführung der Bürgschaftsaufträge bestimmt, dass "Voraussetzung ist, dass die zu verbürgende Verbindlichkeit des Versicherungsnehmers aus seiner Verpflichtung gegenüber seinem Auftraggeber zur Erbringung der Werkleistung resultiert".

Die Firma Y GmbH & Co. KG sollte zunächst Auftragnehmerin der von der Stadt ... vergebenen Bauleistungen sein. Den Bauvertrag über Kanal- und Straßenbauarbeiten schloss die Stadt ... aber mit einer aus der Versicherungsnehmerin der Klägerin und einer weiteren Kommanditgesellschaft gebildeten Bietergemeinschaft in der Rechtsform einer BGB-Gesellschaft (im Folgenden: ARGE). Durch die gewährten streitgegenständlichen Bürgschaften der Klägerin wurden werkvertragliche Ansprüche der Stadt ... gegen die ARGE gesichert (Anlage K 3, 4). Die Klägerin wurde jeweils zum Höchstbetrag aus einer Mängelgewährleistungsbürgschaft i.H.v. 11.400 EUR sowie aus einer Vorauszahlungsbürgschaft i.H.v. 1.668,83 EUR von der Stadt ... in Anspruch genommen. Hinsichtlich dieser Beträge verlangt die Klägerin von der Beklagten Zahlung auf der Grundlage des mit der Beklagten geschlossenen Bürgschaftsvertrages vom 30.3.2006. Die Rückbürgschaftsverpflichtung der Beklagten betrifft Forderungen der Klägerin gegen die mittlerweile insolvente Versicherungsnehmerin der Klägerin, die Firma Y GmbH Co. KG, im Rahmen der Kautionsversicherung auf Erstattung der eingelösten Bürgschaftsbeträge (Rückgriffsansprüche).

Der maßgebende Text der Bürgschaftsurkunde vom 30.3.2006 (Anlage K 7) lautet:

"Für alle bestehenden und künftigen ... Ansprüche, die der Z gegen die Firma Y GmbH & Co. KG aus der Gewährung von Bürgschaften im Rahmen der Kautionsversicherung (revolvierender Avalkredit)... zustehen, übernehmen wir (Anm.: die Beklagte)... der Z gegenüber die selbstschuldnerische Bürgschaft bis zu einem Höchstbetrag von 225.000 EUR..., die aus den verbürgten Ansprüchen oder deren Geltendmachung entstehen."

Die Parteien streiten im Wesentlichen über die Rechtsfrage, ob die Bürgschaftsverpflichtung der Beklagten trotz Änderung der Person der Bürgschaftsgläubigerin auf der Grundlage des Kautionsversicherungsvertrages fortbesteht.

Von der Darstellung eines Tatbestandes wird nach § 540 Abs. 1 ZPO abgesehen. Es wird Bezug genommen auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil.

Die 13. Zivilkammer des LG Wiesbaden hat mit am 11.3.2011 verkündeten Urteil die Beklagte zu Zahlung des geltend gemachten Betrages nebst Zinsen verurteilt. Es hat seine Entscheidung im Wesentlichen damit begründet, dass die Rückbürgschaft, die Ansprüche der Klägerin gegen die Firma Y GmbH sichere, auch die streitgegenständlichen Ansprüche der Klägerin umfasse, da die Firma Y GmbH als Gesellschafterin der ARGE persönlich zur Erfüllung der Verbindlichkeiten der ARGE aus dem mit der Stadt ... abgeschlossenen Werkvertrag verpflichtet gewesen sei.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten mit der sie unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens ihren erstinstanzlichen Antrag auf Abweisung der Klage weiterverfolgt. Durch die für die ARGE gegebenen Bürgschaften habe die Klägerin das Risiko für die Beklagte einseitig erhöht. Dementsprechend erstrecke sich die Rückbürgschaft der Beklagten auf diese Bürgschaften nicht. Eine Verpflichtung der Klägerin zur Stellung von Bürgschaften habe nach dem Kautionsversicherungsvertrag nur für Forderungen gegen die Firma Y GmbH & Co. KG, nicht aber für Forderungen gegen die ARGE bestanden. Die Haftung der Y GmbH aus §§ 714 BGB...

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