Entscheidungsstichwort (Thema)
Bürgschaftsforderung
Verfahrensgang
LG Kaiserslautern (Urteil vom 30.11.1995; Aktenzeichen HK O 69/95) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Vorsitzenden der Kammer für Handelssachen des Landgerichts Kaiserslautern vom 30. November 1995 wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagten wird gestattet, die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung von 325 000,– DM abzuwenden, es sei denn, daß die Klägerin zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet. Die Sicherheitsleistung kann jeweils auch durch selbstschuldnerische, unwiderrufliche, unbefristete und schriftliche Bürgschaft eines als Zoll- oder Steuerbürge zugelassenen inländischen Kreditinstituts erbracht werden.
4. Die Beschwer der Beklagten und der Streitwert für das Berufungsverfahren werden auf 270 000,– DM festgesetzt.
Tatbestand
Die Klägerin, eine portugiesische Baufirma, nimmt die Beklagte aus einer Bürgschaft in Anspruch, nachdem über das Vermögen der Hauptschuldnerin, Fa. J. Fi. Söhne GmbH & Co. KG, das Konkursverfahren eröffnet worden ist.
Die Klägerin schloß am 19. Mai 1994 mit der Hauptschuldnerin einen Nachunternehmervertrag für ein Bauobjekt (Bürocenter) in Le.. Danach sollte die Klägerin, die in Deutschland eine Zweigniederlassung hatte, Beton- und Stahlbetonarbeiten zu einem Vertragspreis von 2 761 240,– DM ausführen (Bl. 8 d.A.). Bauherr und Auftraggeber der Hauptschuldnerin war die Con. Bau- und Boden AG. In einem Vertragszusatz „Sonder Vereinbarungen” (Bl. 16 d.A.) war die Regelung enthalten, daß mit Anerkennung des Vertrages „der Auftragnehmer dem Auftraggeber eine Vertragserfüllungsbürgschaft in Höhe von 10 % der Auftrags summe, d.h. 270 000,– DM” übergibt. In einem Schreiben vom 17. Mai 1992 (Bl. 17 d.A.) ist als Ergänzung zu dem Vertragsprotokoll weiter vereinbart, daß der Hauptunternehmer bei der Vertragsunterschreibung dem Nachunternehmer (Klägerin) eine Bankbürgschaft im Wert von 270 000,– DM zu übergeben hat, „die ihm das Recht auf Bezahlung des Vertrages gewährt”.
Auf Veranlassung der Fa. Fi. (Schreiben vom 31. Mai 1994, Bl. 20 d.A.) leitete die Beklagte der Klägerin eine unter dem 1. Juni 1994 ausgestellte „Formularbürgschaft” mit folgendem Inhalt zu:
„Wir verbürgen uns Ihnen gegenüber … bis zum Höchstbetrag von 270 000,– DM … für Ihre Ansprüche aus Vorauszahlungsbürgschaft – Bürgschaft für die Ausführung von Leistungen gemäß Vertrag vom 30. Mai 1995 (Bauvorhaben Bürocenter Le. … bis zur Höhe der aufgrund dieser Bürgschaft empfangenen Vorauszahlung gegen (Hauptschuldner) J. Fi. Söhne GmbH & Co. KG, … bis …
Nachdem seitens des Konkursverwalters die offene Forderung der Klägerin gegen die Fa. Fillibeck in Höhe von 448 879,– DM für erbrachte Bauleistungen festgestellt worden ist (vgl. Bl. 52 d.A.), forderte die Klägerin die Beklagte aus der vorgenannten Bürgschaft zur Zahlung von 270 000,– DM auf, was diese jedoch mit der Begründung ablehnte, daß die Forderung nicht durch die Bürgschaft abgesichert sei (Schreiben vom 12. Dezember 1994, Bl. 44 d.A.).
Die Klägerin hat zur Begründung ihres Anspruchs vorgetragen:
Die von der Beklagten ausgefüllte „Vorauszahlungsbürgschaft” vom 1. Juni 1994 sei bereits deshalb auslegungsfähig, weil sie als solche keinen Sinn mache. Die interessengerechte Auslegung ergebe, daß sich die Beklagte für Ansprüche habe verbürgen wollen, die der Klägerin gegen die Fa. Fillibeck zustünden. Demgemäß hätten die Parteien eine Vertragserfüllungsbürgschaft vereinbaren wollen.
Zudem hat sich die Klägerin auf die Grundsätze der „falsa demonstratio non nocet” berufen.
Hilfsweise hat die Klägerin ihren Anspruch darauf gestützt, daß die Klage auch aus culpa in contrahendo begründet sei, weil sich die Beklagte vom Inhalt des Hauptvertrages hätte Kenntnis verschaffen müssen und deshalb eine Falschbezeichnung (Vorauszahlungs- anstatt Vertragserfüllungsbürgschaft) hätte verhindern können.
Die Klägerin hat beantragt:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 270 000,– DM nebst 5 % Zinsen seit dem 28. Oktober 1994 zu zahlen oder den vorgenannten Betrag nebst 5 % Zinsen seit dem 28. Oktober 1994 bei der Hinterlegungsstelle als Sicherheit für die Forderung der Klägerin gegen die Fa. J. Fi. Söhne GmbH & Co. KG, … aus dem Vertrag vom 30. Mai 1994 zu hinterlegen und der Auszahlung des hinterlegten Betrages an die Klägerin zuzustimmen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist dem Anspruch mit der Begründung entgegengetreten, die Bürgschaft sei im Wortlaut eindeutig formuliert, so daß für eine Auslegung kein Räum sei. Es habe sich deshalb um eine Vorauszahlungsbürgschaft gehandelt, weil die Beklagte davon ausgegangen sei, daß die Hauptschuldnerin (Fa. Fi. Auftragnehmerin sei, die Vorauszahlungen von ihrem Auftraggeber erhalte, welche durch die Vorauszahlungsbürgschaft abzusichern gewesen seien. Erst im Prozeß habe man dann festgestellt, daß die Fa. Fi. entgegen den sonstige...