Entscheidungsstichwort (Thema)

Irreführendes Versprechen eines zusätzliches Datenvolumens durch Mobilfunkanbieter

 

Leitsatz (amtlich)

1. Wendet sich ein Mobilfunkanbieter an seinen Kunden, nachdem dieser die Vertragsbeziehung gekündigt hat, und verspricht diesem ein zusätzliches Datenvolumen bei einem Rückruf, ist dies irreführend, wenn dem Kunden beim Rückruf mitgeteilt wird, dass das Datenvolumen nur dann gewährt wird, wenn er die Kündigung zurücknimmt.

2. Diese Irreführung ist auch geeignet, den Kunden zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte, denn das Verbot des § 5 UWG erfasst auch die Irreführung, von der lediglich eine Anlockwirkung ausgeht.

3. Die Wiederholungsgefahr entfällt nicht deshalb, weil der Mobilfunkanbieter geltend macht, es habe sich um einen "Ausreißer" gehandelt, da eine einzelne Mitarbeiterin entgegen seinen Anweisungen gehandelt habe.

 

Normenkette

UWG § 3 Abs. 3, §§ 3, 5 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Hanau (Urteil vom 10.07.2020; Aktenzeichen 9 O 1199/19)

 

Tenor

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil Landgerichts Hanau vom 10.7.2020, Az. 9 O 1199/19 abgeändert.

Der Beklagten wird - bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000 EUR und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ersatzordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an den Geschäftsführern der Beklagten - untersagt,

im Rahmen geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern, die ihren Mobilfunkvertrag gekündigt haben, in einer E-Mail zusätzliches Datenvolumen für einen telefonischen Rückruf in Aussicht zu stellen und diesen bei einem Anruf des Kunden davon abhängig zu machen, dass dieser seine Kündigung zurücknimmt.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 18.000 EUR abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um einen Unterlassungsanspruch wegen eines behaupteten Verstoßes gegen das Gesetz über den unlauteren Wettbewerb.

Der Kläger ist der Dachverband aller 16 Verbraucherzentralen in Deutschland; die Beklagte ist Anbieterin von Mobilfunkdienstleistungen.

Ein Kunde der Beklagten erhielt nach Kündigung seines Vertrages eine E-Mail, in der dem Kunden ein Geschenk in Form eines Datenvolumens von 1 GB unter der Bedingung versprochen wurde, dass er bei der Hotline anriefe. Bei Anruf bei der Hotline und durch eine weitere E-Mail eine Woche später erklärten Mitarbeiter der Beklagten hingegen, dass eine Freischaltung des Datenvolumens nur Betracht komme, wenn die Kündigung zurückgezogen werde.

Die Beklagte trägt - was von dem Kläger bestritten wird - vor, es handele sich insofern um einen Irrtum und einen Fehler einzelner Mitarbeiter, der im Gegensatz zu den Anweisungen der Beklagten gestanden habe.

Das Landgericht hat die Klage durch das angefochtene Urteil, auf das gemäß § 540 Abs. 1 ZPO im Hinblick auf die tatsächlichen Feststellungen Bezug genommen wird, abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, ein Verstoß gegen Nr. 21 der Anlage zu § 3 Abs. 3 UWG liege nicht vor, da die Beklagte mit der E-Mail keine Ware oder Dienstleistung kostenlos angeboten habe. Diese sei vielmehr von der Kostentragung aus dem abgeschlossenen Tarif abhängig. Es liege auch keine Irreführung nach § 5 bzw. 5a UWG vor, da das Angebot der Beklagten nicht dazu geeignet sei, die Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen. Schließe der Kunde nach dem irreführenden Anlocken am Telefon einen neuen Vertrag, so sei dies Folge des Verhandlungsgeschicks der Mitarbeiter der Beklagten, nicht aber unmittelbare Folge der Irreführung.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er seinen erstinstanzlichen Klageantrag weiterverfolgt.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte wird unter Abänderung des am 10.7.2020 verkündeten Urteils des Landgerichts Hanau, Az. 9 O 1199/19 verurteilt, bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000 EUR und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ersatzordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an den Geschäftsführern der Beklagten, untersagt,

im Rahmen geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern, die ihren Mobilfunkvertrag gekündigt haben, in einer E-Mail zusätzliches Datenvolumen für einen telefonischen Rückruf in Aussicht zu stellen und diesen bei einem Anruf des Kunden davon abhängig zu machen, dass dieser seine Kündigung zurücknimmt.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angegriffene Urteil.

II. Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg. Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Unterlassungsanspruch aus §§ 8 Abs. 1 und 3 Nr. 3, 3 Abs. 1, 5 Abs. 1 UWG zu, da die Beklagte eine irre...

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