Entscheidungsstichwort (Thema)
Irreführung durch irrtümlich überhöhte Preisforderung
Leitsatz (amtlich)
Eine irreführende Preisangabe im Sinne von § 5 Abs. 2 Nr. 1 UWG liegt auch dann vor, wenn der Unternehmer nach der Bestellung aufgrund eines Irrtums nur zu einem höheren Preis lieferbereit ist.
Normenkette
UWG §§ 3, 5 Abs. 2 Nr. 1 Nr. 8
Verfahrensgang
LG Gießen (Urteil vom 15.10.2021; Aktenzeichen 6 O 11/21) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 15.10.2021 abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt,
1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu 250.000 EUR - ersatzweise Ordnungshaft - oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollstrecken einem Geschäftsführer der Beklagten, zu unterlassen,
im geschäftlichen Verkehr den Verkauf von Waren des Sortiments unter Preisangabe und Angabe einer Lieferzeit zu bewerben, sofern keine Bereitschaft besteht, das Produkt zu dem Internet angegebenen Preis und innerhalb des angegebenen Zeitraumes tatsächlich dem Kunden zu liefern, wenn dies geschieht wie am 27.11.2020 bei der Bestellungsnummer ...;
2. an den Kläger 367,50 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 7.5.2021 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 30.000 EUR abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
I. Die Parteien streiten um eine behauptete irreführende Preisangabe.
Der Kläger ist ein rechtsfähiger Verband im Sinne von § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG. Die Beklagte vertreibt Elektro- und Unterhaltungsgeräte über einen Onlineshop. Sie bewarb am 27.11.2020 ein Computergehäuse im Rahmen einer Rabattaktion zu einem Preis von 114,90 EUR brutto. Die Bestellung eines Kunden zu diesem Preis stornierte die Beklagte am 2.12.2020 und bot den Artikel für einen höheren Preis (175,00 EUR) an. Auf zweimalige Reklamation des Kunden erklärte die Beklagte, den Artikel nur zu dem höheren Preis verkaufen zu können. Als Begründung gab sie an, es habe eine falsche Preisangabe in dem Onlineshop gegeben, die auf einer fehlerhaften Übermittlung eines Lieferanten beruhe; der angegebene Preis sei in höchstem Maße unwirtschaftlich.
Der Kläger mahnte die Beklagte am 10.12.2020 ab. Die Beklagte gab keine Unterlassungserklärung ab und erklärte nunmehr, das Produkt zu dem niedrigen Preis abgeben zu wollen; die Stornierung stelle ein Versehen eines Mitarbeiters dar.
Das Landgericht hat die auf Unterlassung sowie Ersatz der durch die Abmahnung entstandenen Kosten gerichtete Klage mit dem angefochtenen Urteil abgewiesen. Nach Durchführung der Beweisaufnahme sei die Angabe nicht als unwahr im Sinne von § 5 1 S. 2 Nr. 2 UWG anzusehen, da die Zeugen dem Gericht die Überzeugung verschafft hätten, es könne "nicht ausgeschlossen" werden, dass die Stornierung der Bestellung des Verbrauchers auf einem individuellen Fehler einer Mitarbeiterin der Beklagten beruhe, der wettbewerbsrechtlich unschädlich sei. Die Beklagte habe Urkunden vorgelegt, die nahelegten, dass sie das in Rede stehende Produkt zu dem im Onlineshop genannten Preis auch tatsächlich an Dritte veräußert habe.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er seinen erstinstanzlichen Klageantrag weiterverfolgt.
Der Kläger beantragt:
Die Beklagte wird verurteilt,
1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu 250.000 EUR - ersatzweise Ordnungshaft - oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollstrecken einem Geschäftsführer der Beklagten, zu unterlassen,
im geschäftlichen Verkehr den Verkauf von Waren des Sortiments unter Preisangabe und Angabe einer Lieferzeit zu bewerben, sofern keine Bereitschaft besteht, das Produkt zu dem Internet angegebenen Preis und innerhalb des angegebenen Zeitraumes tatsächlich dem Kunden zu liefern, wenn dies geschieht wie am 27.11.2020 bei der Bestellungsnummer ...;
2. an den Kläger 367,50 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angegriffene Urteil.
II. Die zulässige Berufung hat in der Sache einen Erfolg. Dem Kläger steht aus § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2, 3 Abs. 1, 5 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 UWG ein Unterlassungsanspruch zu, da die Beklagte im Rahmen ihrer Rabattaktion im Hinblick auf das Produkt "X" eine zur Täuschung geeignete Angabe gemacht hat, indem sie es zu einem Preis von 114,90 EUR brutto zum Verkauf angeboten, tatsächlich aber von dem Käufer Buchholz 175,00 EUR brutto verlangt hat.
1. Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 UWG handelt unlauter, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt, die geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hät...