Entscheidungsstichwort (Thema)

Fehlerhafte Widerrufsbelehrung zum Darlehensvertrag (Abweichung von Musterbelehrung durch Fußnoten)

 

Normenkette

BGB-InfoV § 14 Abs. 1 Fassung: 2004-12-07

 

Verfahrensgang

LG Wiesbaden (Urteil vom 25.01.2016; Aktenzeichen 2 O 186/15)

BGH (Aktenzeichen XI ZR 702/16)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 03.07.2018; Aktenzeichen XI ZR 702/16)

 

Tenor

Die Berufung der Kläger gegen das am 25.1.2016 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des LG Wiesbaden wird zurückgewiesen.

Die Kläger haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil des Senats ist vorläufig vollstreckbar. Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Den Klägern bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt 4.392,01 EUR.

 

Gründe

I. Die Kläger schlossen mit der Beklagten zum Zwecke der Finanzierung eines Immobilienkaufs am 18.2.2008 einen grundpfandrechtlich gesicherten Darlehensvertrag über nominal 30.000,00 EUR.

Die Kläger zahlten auf das ihnen ausgezahlte Darlehen die fälligen Zins- und Tilgungsraten. Zum 1.9.2013 kündigten die Kläger wegen des Verkaufs der finanzierten Immobilie das Darlehensverhältnis. Sie zahlten den Betrag der fälligen Restschuld in Höhe von 28.025,73 EUR sowie eine von der Beklagten berechnete Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von 4.392,01 EUR. Mit Schreiben vom 8.5.2015 erklärten die Kläger den Widerruf des Darlehens wegen fehlerhafter Widerrufsbelehrung und verlangten von der Beklagten die Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigung sowie die Herausgabe der durch die Beklagte gezogenen Nutzungen aus dem Darlehensverhältnis bis zum 31.5.2015 in Höhe von 1.355,00 EUR. Diese Beträge sind Gegenstand der Klage. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils verwiesen.

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Widerrufserklärung sowie über die Frage, ob der Widerrufserklärung der Kläger die Einwände der Verwirkung oder der unzulässigen Rechtsausübung entgegenstehen.

Das LG Wiesbaden hat die Klage abgewiesen. Die Kammer hat die Widerrufsbelehrung hinsichtlich des Beginns der Widerrufsfrist ("frühestens") als fehlerhaft angesehen, jedoch angenommen, dass sich die Beklagte auf die Gesetzlichkeitsfiktion des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV a.F. berufen könne, weil eine inhaltliche Bearbeitung des Musters durch die Beklagte nicht vorliege. Eine solche liege auch nicht in der Einführung der Fußnote 2, die den Inhalt der Widerrufsbelehrung nicht abändere, weil sich der dazugehörige Text außerhalb der eingerahmten Widerrufsbelehrung befinde und der Verbraucher erkennen müsse, dass sich dieser nicht an ihn richte. Auch hinsichtlich des Abschnitts über finanzierte Geschäfte sei keine inhaltliche Bearbeitung zu sehen. Diese Belehrung sei bereits gegenstandslos, weil für den Verbraucher erkennbar ein verbundenes Geschäft nicht vorliege.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Kläger, mit der sie ihre erstinstanzlichen Anträge weiter verfolgen.

Die Kläger beantragen, das am 25.1.2016 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des LG Wiesbaden abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger 1.335,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.6.2015 sowie weitere 4.392,01 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.9.2015 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Beide Parteien wiederholen und vertiefen ihr erstinstanzliches Vorbringen.

II. Die zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Kläger hat in der Sache keinen Erfolg.

Die Kläger haben gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Vorfälligkeitsentschädigung und auf Herausgabe der von der Beklagten gezogenen Nutzungen.

Die Widerrufserklärung der Beklagten führte nicht zur Begründung eines Rückabwicklungsverhältnisses. Der Widerrufserklärung steht der Einwand der Verwirkung (§ 242 BGB) entgegen.

1. Zu Recht haben die Kläger allerdings geltend gemacht, dass die Widerrufsbelehrung der Beklagten fehlerhaft ist und daher den Lauf der Widerrufsfrist nicht in Gang gesetzt hat.

Die Widerrufsbelehrung ist wegen Verstoßes gegen das Deutlichkeitsgebot des § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. fehlerhaft und auch die Voraussetzungen der Gesetzlichkeitsfiktion des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV a.F. liegen nicht vor.

a) Die Widerrufsbelehrung unterrichtet in ihrer konkreten Form undeutlich über die Länge der Widerrufsfrist, weil sie zwar die Widerrufsfrist gemäß § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB i.d.F. vom 2.12.2004 grundsätzlich richtig mit "zwei Wochen" angibt, durch den Zusatz einer Fußnote mit dem Fußnotentext "Bitte Frist im Einzelfall prüfen" die Belehrung indessen den Eindruck vermittelt, die Länge der Frist könne je nach den nicht mitget...

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