Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfügungsgrund für Geltendmachung von Ansprüchen mit der Anschlussberufung
Leitsatz (amtlich)
Verfolgt der Antragsteller den vom LG zurückgewiesenen wettbewerbsrechtlichen Verfügungsanspruch lediglich mit der Anschlussberufung weiter, ist die Dringlichkeitsvermutung des § 12 II UWG widerlegt; dies gilt auch dann, wenn der Antragsteller bei Ablauf der für ihn geltenden Berufungsfrist von der eingelegten Berufung der Gegenseite Kenntnis hatte (Fortentwicklung der Senatsentscheidung vom 22.10.2009 - 6 U 105/09).
Normenkette
UWG § 12 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Wiesbaden (Urteil vom 03.08.2011) |
Tenor
Auf die Berufung des Antragsgegners wird das am 3.8.2011 verkündete Urteil der 7. Zivilkammer des LG Wiesbaden teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Dem Antragsgegner wird bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten untersagt,
1. Ein Textelement mit dem Inhalt "Eine kritische Auseinandersetzung mit der Doktorarbeit von ..." und ein weiteres Textelement "Presseberichte über dubiose Doktorarbeiten und ..." innerhalb einer Internetseite so anzuordnen, dass diese von Lesern gleichzeitig wahrgenommen werden, wie geschehen in Anlage AST 14.
2. Im Internet über den Antragsteller, dessen Dissertation oder über das von ihm entwickelte Produkt "X" eine oder mehrere der im Folgenden zitierten Äußerungen zu machen, wie geschehen in Anlagen AST 14 und 19.
(Von der Darstellung der nachfolgenden Textstellen wurde aus rechtlichen Gründen abgesehen - die Red.)
3. Den Antragsteller dadurch in Verbindung mit negativer Presseberichterstattung über unrechtmäßig erlangte Dr. - Titel oder über das ... - Institut zu bringen, dass er auf einer Internetseite namentlich genannt wird, und dort zugleich (direkt oder über Internet-Links) Hinweise zu einem oder mehreren der folgenden Presseberichte bereit gehalten werden:
(Von der Darstellung der nachfolgenden Textstellen wurde aus rechtlichen Gründen abgesehen - die Red.)
Der weiter gehende Eilantrag wird zurückgewiesen.
Die Berufung wird im Übrigen zurückgewiesen. Die Anschlussberufung wird zurückgewiesen.
Von den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens haben der Antragsteller 40 % und der Antragsgegner 60 % zu tragen.
Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben der Antragsteller 30 % und der Antragsgegner 70 % zu tragen.
Das Urteil ist rechtskräftig.
Gründe
I. Die Parteien sind als Unternehmer, Sachverständige und Publizisten im Bereich der ... branche tätig. Der Antragsteller verlangt von dem Antragsgegner Unterlassung mehrerer Äußerungen, die in einer Internetpublikation vom ... 2011 enthalten sind (Anlagen AST 14, 16, 19 und 22). Von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes wird gem. § 540 Abs. 2 i.V.m. § 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.
II. Die Berufung des Antragsgegners hat zu einem geringen Teil Erfolg. Die Anschlussberufung des Antragstellers ist dagegen unbegründet. Dazu im Einzelnen:
A. Berufung des Antragsgegners
1.) Verurteilung nach den Eilanträgen zu 1.) und 4.)
Der Antragsteller kann dem Antragsgegner verbieten, im Rahmen von Internetveröffentlichungen, wie geschehen in Anlage AST 14 (www ... eu), Textelemente derart zusammen zu stellen, dass die Überschrift "Kritische Auseinandersetzung mit der Doktorarbeit des [Antragstellers])" mit dem Textelement "Presseberichte über dubiose Doktorarbeiten und ..." gleichzeitig wahrgenommen wird. Der Unterlassungsanspruch ergibt sich aus §§ 3, 4 Nr. 7, 8 Abs. 1, Abs. 3; UWG.
Die Parteien sind Mitbewerber als Sachverständige bzw. als Publizisten und Unternehmer im Bereich der ... branche. Das LG hat bereits zutreffend ausgeführt, dass die Veröffentlichung der o.g. Internetseite eine geschäftliche Handlung i.S.v. §§ 2 Abs. 1 Nr. 1, 3 UWG darstellt. Die Gestaltung der Überschrift dieser Internetseite wie im Verbotsausspruch, d.h. die unmittelbare räumliche Verbindung zwischen den o.g. Textelementen ist eine unzulässige Schmähkritik. Die Internetveröffentlichung richtet sich an Baufachleute und Unternehmen aus dem Bereich der ... branche. Die angesprochenen Verkehrskreise werden aus der Zusammenstellung der Textelemente, namentlich aus der Verknüpfung zwischen der kritischen Besprechung der Doktorarbeit des Antragstellers und Presseberichten über dubiose Doktorarbeiten den Schluss ziehen, dass der Doktortitel des Antragstellers nicht mit redlichen Mitteln erworben worden ist. Damit wird die Person des Antragstellers sowie seine wissenschaftliche Leistung ohne jeglichen sachlichen Bezug und ohne jedwede Erläuterung pauschal herabgewürdigt. Auf die zutreffenden Erwägungen des LG, denen sich der Senat anschließt, wird verwiesen (S. 12/13 des Urteils).
Gleiches gilt für den Eilantrag zu Ziff. 4, dem das LG ebenfalls mit Recht stattgegeben hat. Mit diesem ist dem Antragsgegner verboten worden, den Antragsteller in herabsetzender Weise in Verbindung mit negativer Presseberichterstattung üb...