Leitsatz (amtlich)

Ein Wirtschaftsprüfer ist zur Prüfung der Insolvenzreife zu Hinweisen hierauf nur dann verpflichtet, wenn dies Gegenstand des jeweiligen Auftrags ist.

 

Normenkette

BGB § 280

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 02.12.2016; Aktenzeichen 2-2 O 258/14)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 02.12.2016 verkündete Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main - 2. Zivilkammer - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.101.156,23 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 02.09.2009 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den erstinstanzlichen Kosten des Rechtsstreits und den Kosten des Berufungsverfahrens haben der Kläger 97,5 % und die Beklagte 2,5 % zu tragen.

Die Beklagte darf eine Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe des 1,1-fachen des aufgrund des Urteils für den Kläger vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des 1,1-fachen des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Kläger darf eine Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe des 1,1-fachen des aufgrund des Urteils für die Beklagte vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des 1,1-fachen des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger macht als Insolvenzverwalter über das Vermögen der X AG (im Folgenden: Schuldnerin) gegen die Beklagte als Wirtschaftsprüfungsgesellschaft aus drei Beratungsverträgen, die zwischen der Schuldnerin und der Beklagten im Zusammenhang mit einer beabsichtigten Sanierung der Schuldnerin geschlossen wurden, einen Anspruch auf Ersatz eines Schadens wegen Verzögerung der Insolvenzantragstellung geltend und beansprucht daneben aus Insolvenzanfechtung die Rückerstattung von Honorarzahlungen der Schuldnerin an die Beklagte.

Anstelle einer Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes und der erstinstanzlichen Klageanträge wird auf den durch Beschluss des Landgerichts vom 26.01.2017 berichtigten Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen, soweit dieser zu den folgenden Tatsachenfeststellungen des Senats nicht in Widerspruch steht.

Die tatbestandlichen Feststellungen des Landgerichts werden dahin ergänzt, dass die Schuldnerin die Konzernobergesellschaft des ehemaligen X-Konzerns war, der im Wesentlichen aus drei Säulen bestand, nämlich dem operativ im Wesentlichen von der Y ... GmbH betriebenen ...geschäft, dem operativ im Wesentlichen von der Z GmbH betriebenen I-Geschäft und der H-Sparte F. Die Schuldnerin war mit zwei 100 %-igen Tochtergesellschaften, der Y GmbH und der YZ1 GmbH (im Folgenden: YZ1), durch Gewinnabführungsverträge vom 11.11.2002 (Anlage K 18) und 20.04.1990 (Anlage K 22) verbunden und diesen Gesellschaften gegenüber aus den Verträgen, auf die anstelle einer Darstellung der Einzelheiten Bezug genommen wird, zum Verlustausgleich verpflichtet. Es bestand im Konzern der Schuldnerin ein Cash-Pooling-System, in dessen Rahmen die an das System angeschlossenen Konzerngesellschaften frei verfügbare Mittel auf Bankkonten der Schuldnerin abführten und liquiditätswirksame Verluste über diese Bankkonten ausglichen.

Der vom 01.12.2008 datierende Jahresabschluss der Y GmbH für das am 30.09.2008 endende Geschäftsjahr (Anlage K 19) wies einen Verlust dieser Gesellschaft in Höhe von 273.148.526,00 EUR aus. Der Verlust resultierte im Wesentlichen aus Verlusten der Y ... GmbH, die ihrerseits einen Anspruch auf Verlustausgleich in Höhe von 250.979.991,00 EUR gegen die Y GmbH hatte. Der Jahresabschluss der YZ1 vom 03.12.2008 (Anlage K 23) wies für das zum 30.09.2008 endende Geschäftsjahr einen Verlust in Höhe von 104.023.069,58 EUR aus.

Der Kläger hat seine Behauptung, dass die Schuldnerin ab dem 01.10.2008 zahlungsunfähig gewesen sei, erstinstanzlich maßgebend darauf gestützt, dass die Schuldnerin nicht zur Erfüllung der Verlustausgleichsansprüche der beiden Tochtergesellschaften in der Lage gewesen sei.

Es wird ferner anstelle einer Darstellung der Einzelheiten der zwischen der Schuldnerin und der Beklagten geschlossenen Beratungsverträge in Ergänzung der landgerichtlichen Feststellungen auf die beiden Anlagen K 5 (englischsprachiges Original und Übersetzung ins Deutsche), die beiden Anlagen K 7 (englischsprachiges Original und Übersetzung ins Deutsche) und die Anlage K 10 Bezug genommen.

Darüber hinaus wird anstelle einer Darstellung der Einzelheiten des mit "Sanierungskonzept nach IDW ES 6 X AG" überschriebenen Gutachtens der Beklagten vom 20.05.2009 auf die Anlage K 11 verwiesen.

Die Feststellungen des Landgerichts werden hinsichtlich der vom Kläger angefochtenen Zahlungen dahin ergänzt und berichtigt, dass die Zahlungen im Zeitraum vom 18.03.2009 bis zum 27.05.2009 erfolgt sind und anstelle einer Dars...

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