Verfahrensgang
LG Darmstadt (Urteil vom 25.01.2008; Aktenzeichen 9 O 154/04) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt vom 25. Januar 2008 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des auf Grund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
I.
Die Klägerin (*….1948) war am 14. November 1996 im Odenwald als Autofahrerin einem betrunkenen Fußgänger ausgewichen und verunglückt, was bei ihr zu schwersten Verletzungen (Becken/Wirbelsäule/Blase, Oberschenkel/Kopf) geführt hatte. Nach Erstversorgung im Krankenhaus E. kam sie mit dem Rettungshubschrauber in die Städtischen Kliniken O., wo sie von deren unfallchirurgischem Oberarzt, dem Beklagten, am 14. November 1996 notfallmäßig und 13. Januar 1997 erneut operiert wurde.
Die Klägerin begehrt vom Beklagten 40.000 EUR Schmerzensgeld, weil er sie fehlerhaft behandelt habe. Wegen der Einzelheiten im Übrigen wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen, durch das ihr 3.000 EUR Schmerzensgeld wegen verspäteter Nachoperation zugesprochen worden sind.
Mit ihrem Rechtsmittel verfolgt die Klägerin ihr Schmerzensgeldbegehren weiter. Sie nimmt hin, dass das Landgericht als nicht bewiesen angesehen hat, der Beklagte habe ein Blutgerinsel in ihrem Kopf (epidurales Hämatom) übersehen. Sie rügt aber weiterhin Fehler bei der zweiten Operation ihrer komplizierten Beckenverletzung (vom Typ C nach AO-Klassifikation) am 13. Januar 1997, nach welcher sie am 5. Februar 1997 als „beschwerdefrei und weitgehend selbständig” in die Rehabilitierungsklinik entlassen worden war (Bl. 24 d.A.). Sie macht geltend, diese Operation sei nicht geeignet gewesen, ihr Becken nach den unfallbedingten Brüchen zu stabilisieren und habe zu einem Wirbelgleiten (traumatische Spondylolisthese) geführt, welches erst durch die Operationen in Freiburg Ende 1997 (Operationsberichte Bl. 52–54 d.A.) korrigiert werden konnte. Es bliebe jedoch der vermeidbar gewesene nicht mehr behebbare Beckenschiefstand (Rotationsfehlstellung der rechten Beckenhälfte) mit entsprechenden schmerzhaften Folgen (Bl. 11, 13, 121, 330, 484 d.A.).
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an sie ein ins Ermessen des Gerichts gestelltes angemessenes Schmerzensgeld, mindestens weitere 37.000 EUR, zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil.
Der Senat hat ergänzend Beweis erhoben. Auf die Gutachten des Radiologen Prof. Dr. K. vom 13. April 2010 (Bl. 399–404 d.A.) und vom 1. Oktober 2010 (Bl. 459 – 466 d.A.) wird verwiesen. Im Übrigen wird auf das zweitinstanzliche Parteivorbringen und die erstinstanzlichen gutachterlichen Äußerungen (Schlichtungsstelle K. vom 10.9.2001 – Bl. 77 – 84 d.A., Privatgutachten S. I vom 7.4.2003 – Bl. 26 – 35 d.A., Gerichtsgutachten C. vom 26.5.2006 – Bl. 181 ff d.A., Ergänzungsgutachten C. vom 4.1.2007 – Bl. 195 – 202 d.A., mündliche Anhörung C. vom 16.11.2007 – Bl. 257–262 d.A., Privatgutachten S. II vom 30.5.2008 – Bl. 354 – 358 d.A.) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg, weil ihr gegen den Beklagten kein Schmerzensgeldanspruch (§ 823 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 847 BGB a.F.) zusteht, der über den erstinstanzlich zugesprochenen Betrag hinausgeht. Für mehr als eine behandlungsfehlerhafte Verzögerung der Operation vom 13. Januar 1997 und der Heilungsverzögerung durch Verwendung von Steinmann-Nägeln hat der Beklagte nicht einzustehen. Auf die Begründung des Landgerichts wird Bezug genommen, der Senat teilt sie. Auch die zweitinstanzliche ergänzende Beweisaufnahme führt zu keiner anderen Beurteilung.
1.
Das durch die Operationen in F. beseitigte Wirbelgleiten (traumatische Spondylolisthese) war nicht Folge eines Operationsfehlers des Beklagten, sondern des ursprünglichen Unfalls, durch den das Kreuzbein komplett von der Wirbelsäule getrennt worden war.
Zum Wirbelgleiten kann es nur kommen, wenn auf jeder Seite des Kreuzbeinwirbels ein Bruch vorhanden war („Wirbelgleiten muss als Ursache einen weiteren Bruch haben” – Sachverständiger C. Bl. 259 d.A.). In erster Instanz gingen alle Beteiligten davon aus, hieran fehle es, denn dass ein solcher bereits durch den Unfall verursacht war, sei nicht nachweisbar, er könne auch erst nach der Operation vom 13. Januar 1997 entstanden sei (C. Bl. 260 d.A.).
Da das Landgericht dem folgte, konzentrierte sich der Berufungsangriff auf die Unterlassung einer entsprechenden CT-Aufnahme vor oder nach der Operation vom 13. Januar 1997 (Berufungsbegründung vom 2. Mai 2008 dort Seite 3, Bl. 324 d.A.). Nach dem Ergebnis des (zweiten) Gutachtens des Radiologen K. vom 1. Oktober 2010 (dorte Seite 7 und 8, Bl. 465, 466 d.A.), welches der Senat unter dem Aspekt des Befunderhebungsfehlers ei...