Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung: Wirksamkeit rückwirkenden Leistungsausschlusses für bestimmte Diagnosen
Verfahrensgang
LG Darmstadt (Urteil vom 22.10.2013; Aktenzeichen 13 O 97/13) |
Gründe
I. Die Parteien streiten um die Wirksamkeit eines rückwirkenden Leistungsausschlusses für alle mit der Diagnose "Ureterstein" in Verbindung stehenden Behandlungen.
Die Klägerin beantragte für sich über die Versicherungsagentur A am 16.12.2011 den Abschluss einer privaten Krankenversicherung bei der Beklagten in den Tarifen B. und ... zum 1.1.2012. Auf Seite 2 des Antrags befinden sich die Gesundheitsfragen. Oberhalb dieser Fragen befindet sich im Fettdruck eine Belehrung über die vorvertraglichen Anzeigepflichten sowie über die Rechtsfolgen einer Verletzung. Im letzten Satz des Hinweises wird auf nähere Informationen zu den Rechtsfolgen einer vorvertraglichen Anzeigepflichtverletzung gem. § 19 Abs. 5 VVG in der Schlusserklärung hingewiesen. Die Klägerin hat eine geringe Fehlsichtigkeit angegeben und alle weiteren Fragen verneint.
Die Beklagte nahm den Antrag (einschließlich eines Beitragszuschlages wegen Übergewicht) an und übersandte der Klägerin am 6.1.2012 den Versicherungsschein. Seit dem 22.2.2012 befand sich die Klägerin wegen einer Erkrankung in Zusammenhang mit einem Nierenstein rechts in Behandlung. Die Klägerin hatte sich 2009 wegen eines Uretersteines in Behandlung befunden.
Einen Antrag auf Kostenübernahme für einen stationären Aufenthalt (im März 2012) nahm die Beklagte zum Anlass, Rückfragen bei dem behandelnden Arzt zu stellen. Mit Schreiben vom 16.5.2012 erklärte die Beklagte gegenüber der Klägerin rückwirkend einen Leistungsausschluss für alle mit der Diagnose "Ureterstein" in Verbindung stehenden Behandlungen und Untersuchungen und deren Folgen. Sie übersandte der Klägerin am 21.5.2012 einen entsprechend geänderten Versicherungsschein.
Die Beklagte verweigerte wegen des rückwirkenden Leistungsausschlusses die Erstattung von Rechnungen über insgesamt 3.963,36 EUR für zwischen dem 22.2.2012 und dem 7.5.2012 stattgefundene Behandlungen.
Die Klägerin verlangt die Erstattung dieses Betrages als Behandlungskosten sowie die Feststellung des unveränderten Fortbestandes des ursprünglichen Versicherungsvertragsverhältnisses und die Freistellung von der Erstattung vorgerichtliche Anwaltskosten.
Sie hat die Auffassung vertreten, es habe sich bei dem Antrag um einen Fragenkatalog der Versicherungsagentur gehandelt, der nicht der Beklagten zuzurechnen sei. § 19 VVG komme nach der so genannten Dornbracht-Entscheidung des OLG Hamm (20 U 38/10) nicht zur Anwendung, da eine Fragestellung in Textform vorauszusetzen sei.
Mit Urteil vom 22.10.2013 hat das LG die Klage abgewiesen. Die Beklagte sei wegen grob fahrlässiger Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht berechtigt, das Versicherungsverhältnis rückwirkend anzupassen. Zu den weiteren Erwägungen des LG wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.
Die Klägerin hat gegen das ihr am 26.11.2013 zugestellte Urteil am 20.12.2013 Berufung eingelegt und diese am 27.1.2014 begründet.
Sei räumt ein, die Gesundheitsfragen falsch beantwortet zu haben, meint aber, allenfalls leicht fahrlässig gehandelt zu haben, da sie nach Abschluss der vorherigen Behandlung von einer ausgeheilten Erkrankung ausgegangen sei. Nach den Grundsätzen der Dornbracht-Entscheidung habe es sich vorliegend nicht um "eigene" Fragen des Versicherers gehandelt, weshalb es an den Voraussetzungen des § 19 VVG fehle. Die im Antragsformular vorgenommene Differenzierung der Gesundheitsfragen nach der jeweiligen Gesellschaft sei ein besonderes Indiz dafür, dass die Versicherungsagentur Urheber der Fragen sei, damit die Agentur nicht sämtliche Formulare vorrätig halten müsse. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer könne dem Antrag nicht entnehmen, dass die Fragen von der Beklagten stammten. Da ein Einheitsformular eines Dritten vorliege, sei auch der Hinweis vor den Gesundheitsfragen sowie die Schlusserklärung nicht der Beklagten zuzurechnen. Ein eindeutiger Hinweis sei erst dem zwischenzeitlich geänderten Antragsformular der Beklagten zu entnehmen.
Die Klägerin beantragt,
Das Urteil des LG Darmstadt vom 24.9.2013, Az. 13 O 97/13 wird dahingehend abgeändert,
a. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, das bisher bestehende Versicherungsverhältnis (Versicherungsscheinnummer ..., Tarif B. - Nr ...) durch die von der Beklagten erklärte Vertragsanpassung vom 16.5.2012 bzw. 21.5.2012 nicht abgeändert worden ist, sondern zu unveränderten Bedingungen fortbesteht.
b. dass die Beklagte verurteilt wird, an die Klägerin 3.963,36 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
c. dass die Beklagte verurteilt wird, die Klägerin vor der Erstattung der vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 2.064,65 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.5.2013 freizustellen.
Die Beklagte beantragt, d...