Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Mitverschulden eines Anlegers in Fällen der Anlageberatung
Normenkette
BGB § 280 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 12.01.2010) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 12.1.2010 verkündete Urteil der 24. Zivilkammer des LG Frankfurt/M. abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 95.200,- EUR zzgl. Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 9.10.2008 zu zahlen Zug-um-Zug gegen Übertragung der Rechte aus der Beteiligung des Klägers im Nennwert von 160.000,- EUR an der ... VIP Medienfonds 4 GmbH & Co. KG, Kommanditisten-Nr ...
2. Die Beklagte wird weiterhin verurteilt, den Kläger von allen unmittelbaren und mittelbaren Verbindlichkeiten aus dem bei der A-Bank AG unten den Darlehenskontonummern ... und ... geführten Darlehen, das der teilweisen Finanzierung der klägerischen Beteiligung an der ... VIP Medienfonds 4 GmbH & Co KG, Kommanditistennummer ..., dient, freizustellen.
3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 3.952,- EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 27.10.2009 zu zahlen.
4. Die Beklagte wird ferner verurteilt, an den Kläger 14.439,10 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.3.2009 zu zahlen.
5. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte hinsichtlich der Übertragung der Rechte aus der Beteiligung in Annahmeverzug befindet.
6. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
7. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
8. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
9. Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger macht gegen die Beklagte im Zusammenhang mit seiner am 25.10.2004 gezeichneten Beteiligung an ... VIP Medienfonds 4 GmbH & Co. KG (nachfolgend: VIP 4) Ansprüche auf Schadensersatz geltend. Wegen des erstinstanzlichen Sachvortrags der Parteien wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen (Bl. 424 - 445 d.A.).
Das LG hat der Klage überwiegend stattgegeben.
Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass zwischen dem Kläger und der Beklagten ein Beratungsvertrag über die vorgeschlagene Investition geschlossen worden sei. Die ihr obliegenden Pflichten aus diesem Vertrag habe die Beklagte verletzt, indem sie nicht über Erhalt und Höhe der von ihr vereinnahmten Rückvergütung aufgeklärt habe. Die Aufklärung auch über die Höhe der Rückvergütung sei erforderlich, damit der Anleger das Interesse der Bank an dem empfohlenen Erwerb und die damit verbundene Gefährdung seiner Interessen richtig einschätzen könne. Die unterbliebene Aufklärung sei auch kausal für die Zeichnung der Beteiligung.
Gegen dieses Urteil, das der Beklagten am 14.1.2010 (Bl. 450 d.A.) zugestellt wurde, hat sie am 15.2.2010, einem Montag, Berufung eingelegt (Bl. 451 d.A.) und dieses Rechtsmittel am 15.3.2010, ebenfalls einem Montag, begründet (Bl. 460 ff. d.A.).
Die Beklagte verfolgt mit der Berufung ihren Antrag auf Klageabweisung weiter und wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen. Insbesondere macht sie geltend, nicht verpflichtet gewesen zu sein, ungefragt über die Vertriebsprovision aufzuklären. Die notwendige Aufklärung des Anlegers ergebe sich aus S. 91 f. des Fondsprospekts, der die erforderlichen Angaben über die Höhe der Vertriebsprovision und die Berechtigung des mit dem Vertrieb beauftragten Unternehmens darlege, weitere Vertriebsunternehmen mit dem entgeltlichen Vertrieb unterzubeauftragen. Ein möglicher Interessenkonflikt der Beklagten sei somit für den Anleger erkennbar gewesen.
Der Zurückweisungsbeschluss des BGH vom 20.1.2009 betreffe insoweit einen anders gelagerten Sachverhalt, als der dort verwendete Emissionsprospekt keinen Hinweis darauf enthalten habe, dass das dort mit dem Alleinvertrieb beauftragte Unternehmen weitere Vertriebsunternehmen habe unterbeauftragen dürfen. Im vorliegenden Fall sei die Vertriebsprovision deshalb nicht hinter dem Rücken des Anlegers gezahlt worden. Eine Verpflichtung der Beklagten, über den rechtzeitig ausgehändigten Prospekt hinaus nochmals ungefragt auf ihre Vertriebsprovision hinzuweisen, sei zu verneinen.
Sofern eine Verpflichtung zur Aufklärung über die Vertriebsprovision verletzt worden sei, fehle es jedenfalls am Verschulden entsprechend den Entscheidungen der OLG Dresden (Urt. v. 24.7.2009 - 8 U 1240/08, WM 2009, 1689) und Oldenburg (Urt. v. 11.9.2009 - 11 U 75/08, BB 2009, 2390). Keinesfalls habe sie vorsätzlich gehandelt, da sie sich in einem Rechtsirrtum befunden habe, der das Bewusstsein der Pflichtwidrigkeit ausschließe. Das ergebe sich daraus, dass es im Jahre 2004 ke...