Entscheidungsstichwort (Thema)
Informationspflichten im Rahmen der Werbung für Kraftfahrzeuge
Leitsatz (amtlich)
1. Eine - die Verpflichtung zur Angabe der Verbrauchs- und Emissionswerte auslösende - Werbung für ein bestimmtes Kraftfahrzeugmodell im Sinne der Pkw-EnVKV liegt auch dann vor, wenn in einer Anzeige blickfangartig für eine Modellreihe geworben wird, im Rahmen eines Finanzierungsbeispiels aber zugleich ein bestimmtes Modell dieser Reihe beschrieben wird. Fehlen die genannten Angaben, liegt hierin ein unlauteres Verhalten im Sinne von § 5a II, IV UWG.
2. Eine die Informationspflichten nach § 5a III UWG begründende Aufforderung zum Kauf liegt nicht vor, wenn in einer Anzeige für ein Kraftfahrzeug zum Preis von 23.000,- EUR gegeworben wird, ohne dass der Verbraucher erfährt, ob es sich um ein Fahrzeug mit Diesel- oder Benzinmotor bzw. mit Schalt- oder Automatikgetriebe handelt.
Normenkette
UWG § 5a Abs. 2, § 5 Abs. 3-4; Pkw-EnVKV Anlage 4; Pkw-EnVKV Abschn. 1 zu § 5
Verfahrensgang
LG Darmstadt (Urteil vom 30.10.2015; Aktenzeichen 14 O 24/15) |
BGH (Aktenzeichen I ZR 260/16) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 30.10.2015 verkündete Urteil der 14. Zivilkammer des LG Darmstadt teilweise abgeändert.
Die Beklagten werden verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, für neue Personenkraftwagen unter Nennung eines Modells zu werben, ohne dabei Angaben über den Kraftstoffverbrauch innerorts, außerorts und kombiniert und die spezifischen CO2-Emissionen im Sinne des § 5 Abs. 1 i.V.m. Anlage 4 Abschnitt I Nr. 1 Pkw-EnVKV (in der jeweils gültigen Fassung) zu machen, wenn dies wie aus der Anlage K1 ersichtlich geschieht.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits haben zu je 1/6 die Beklagten und zu 2/3 der Kläger zu tragen.
Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagten können die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von je EUR 10.000,00 EUR abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Der Kläger kann die gegen ihn gerichtete Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten über Informationspflichten im Rahmen einer Neuwagen-Werbung.
Der Kläger ist ein eingetragener Verein, der Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht verfolgt. Bei den Beklagten handelt es sich um Autohäuser, die in das Vertriebsnetz der A GmbH, der Streithelferin, eingebunden sind. Die Streithelferin stellte den Beklagten ein Muster einer Anzeige zur Verfügung, die diese lediglich um ihre persönlichen Angaben ergänzt haben. Die nachfolgend - vergrößert - eingeblendete Anzeige erschien am ... 11.2014 im B (Anlage K1):
(Von der Darstellung der folgenden Abbildung wird abgesehen, die Red.)
Der Kläger mahnte die Beklagten mit Schreiben vom 18.11.2014 wegen Verstößen gegen die Pkw-EnVKV sowie wegen des Fehlens weiterer Pflichtangaben ab.
Der Kläger hat beantragt, die Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen, für neue Personenkraftwagen unter Nennung eines Modells zu werben, ohne dabei die in § 5 Abs. 1 i.V.m. Anlage 4 Abschnitt I Nr. 1 Pkw-EnVKV vorgesehenen Angaben zu machen, ohne ihre Identität und die Anschrift zu nennen, sowie einen Kfz-Versicherungsvertrag zu bewerben, ohne die Anschrift des Versicherers anzugeben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 S. 1 ZPO).
Das LG hat die Klage abgewiesen. Die streitgegenständliche Werbung sei für den durchschnittlich informierten Verbraucher so zu verstehen, dass es sich auf alle Modelle "Marke X-Modell1" beziehe und nicht nur auf das im Finanzierungsbeispiel genannte Modell. Es sei daher ausreichend, eine Spannbreite der Verbrauchs- bzw. Emissionswerte anzugeben. Die Beklagten seien auch nicht zu den in § 5a Abs. 3 Nr. 2 UWG vorgesehenen Angaben verpflichtet gewesen. Der Anwendungsbereich der Bestimmung sei nicht eröffnet, weil keine Aufforderung zum Kauf vorliege.
Gegen diese Beurteilung richtet sich die Berufung des Klägers. Im Berufungsrechtszug wiederholen und vertiefen die Parteien ihr Vorbringen.
Der Kläger beantragt, das am 30.10.2015 verkündete Urteil des LG Darmstadt, Az. 14 O 24/15 aufzuheben und die Beklagten zu verurteilen, es bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu unterlassen,
1. für neue Personenkraftwagen unter Nennung eines Modells zu werben, ohne dabei Angaben über den Kraftstoffverbrauch innerorts, außerorts und kombiniert und die spezifischen CO2-Emissionen im Sinne des § 5 Abs. 1 i.V.m. Anlage 4 Abschnitt I Nr. 1 Pkw-EnVKV (in der jeweils gül...