Entscheidungsstichwort (Thema)
Informationspflicht über Verbrauchs- und Emissionswerte von Kraftfahrzeugen in der Werbung
Leitsatz (amtlich)
1. Ob die etwaige Vorenthaltung von nach der PKW-EnVKV vorgeschriebenen Informationen über Verbrauchs- und Emissionswerte zugleich unlauter ist, richtet sich nach § 5a II UWG ; aus § 3a UWG ergeben sich bei richtlinienkonformer Auslegung jedenfalls keine geringeren Anforderungen an den Vorwurf der Unlauterkeit.
2. Eine die Informationspflicht über Verbrauchs- und Emissionswerte nach § 5 PKW-EnVKV begründende Werbung für ein bestimmtes Fahrzeugmodell liegt erst dann vor, wenn die Bezeichnung dieses Modells in der Werbung genannt wird; die bildliche Wiedergabe des Modells reicht hierfür nicht aus.
Normenkette
Pkw-EnVKV § 5; UWG §§ 3a, 5a
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 24.10.2017; Aktenzeichen 3-6 O 50/17) |
Tenor
1.) Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 6. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankfurt a.M. vom 24.10.2017, Az. 3-06 O 50/17 abgeändert und die Klage abgewiesen.
2.) Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
3.) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Die Parteien streiten um die Verpflichtung der Beklagten zur Angabe der CO2-Emissionen nach der Pkw-EnVKV auf der Homepage der Beklagten sowie die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung einer Vertragsstrafe.
Streitgegenständlich ist die Rubrik "Pressemitteilungen" auf der Internetseite der Beklagten, auf der eine Sammlung von Pressemitteilungen der Beklagten dergestalt hinterlegt war, dass die jeweiligen Pressemitteilungen "angeteasert" wurden. Dort wurden die Meldungen nur mit einem Bild und einer Überschrift oder einem Textanriss kachelartig dargestellt; erst nach Anklicken gelangte man auf die konkrete (ausführliche) Pressemitteilung. Während dort die CO2-Emissionsangaben enthalten waren, fehlten diese auf der Übersichtsseite.
Das Landgericht hat die Beklagte durch Urteil vom 24.10.2017, auf das gem. § 540 I ZPO hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen Bezug genommen wird, zur Unterlassung und aufgrund einer bereits im Jahr 2010 abgegebenen Unterlassungserklärung auch zur Zahlung einer Vertragsstrafe von 10.000 EUR verurteilt.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main, Aktenzeichen 3-06 O 50/17 vom 04.10.2017 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
II. Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg. Dem Kläger steht weder der geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus §§ 8, 5a II Nr. 1 UWG noch eine Vertragsstrafe in Höhe von 10.000 EUR wegen Verstoßes gegen die Unterlassungsverpflichtung aus dem Vertrag vom 08.03.2010 zu. Die Beklagte hat nicht für ein Modell im Sinne von Anlage 4, Abschnitt I, II Nr. 2,3 Pkw-EnVKV geworben, so dass ein Verstoß gegen § 5 PKW-EnVKV nicht vorliegt.
1.) Bei den nach der Pkw-EnVKV bereitzustellenden Informationen handelt es sich zugleich um wesentliche Informationen im Sinne von § 5a UWG . § 3a UWG steht einer Anwendung von § 5a UWG insoweit nicht entgegen (BGH Urteil vom 13.09.2018, I ZR 117/15, BeckRS 2018, 26813 - YouTube-Werbekanal II; BGH, GRUR 2012, 842 Rnr. 16, 20 - Neue Personenkraftwagen): § 5a UWG dient der Umsetzung von Art. 7 der UGP-Richtlinie (RL 2005/29/EG). Da die UGP-Richtlinie in ihrem Anwendungsbereich zu einer vollständigen Harmonisierung des Lauterkeitsrechts geführt hat und die Frage der Unlauterkeit von Geschäftspraktiken im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern wie insbesondere die in diesem Verhältnis bestehenden Informationspflichten abschließend regelt, kann ein Verstoß gegen solche nationale Bestimmungen eine Unlauterkeit nach § 3a UWG nur noch insoweit begründen, als die betreffenden Informationspflichten eine Grundlage im Unionsrecht haben (s. BGH, GRUR 2012, 842 [BGH 21.12.2011 - I ZR 190/10] Rnr. 15, 21 - Neue Personenkraftwagen I). Die in § 5 Pkw-EnVKV aufgestellte Informationspflicht betreffend Kraftstoffverbrauch und CO2-Emissionen beim Marketing für neue Pkw hat ihre Grundlage in der RL 1999/94/EG vom 13.12.1999 über die Bereitstellung von Verbraucherinformationen über den Kraftstoffverbrauch und CO2-Emissionen beim Marketing für neue Personenkraftwagen. Die RL 1999/94/EG schreibt Informationspflichten für die Anbieter elektronischer Dienste zwar nicht vor, ermöglicht aber den Mitgliedstaaten die Einführung solcher Pflichten auch außerhalb der "Werbeschriften" iSd Art. 1 Nr. 9 RL 1999/94/EG, wie sich aus deren Art. 6 II und Erwägungsgrund 11 ergibt. Der deutsche Gesetzgeber hat zulässigerweise von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, elektronische Dienste zu regeln. Auch eine Regelung, die sich als die Umsetzung einer im Unionsrecht inhaltlich...