Entscheidungsstichwort (Thema)

Geldentschädigung für Verletzung eines Vereins in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht; Feststellungsklage gegen öffentliche Hand

 

Leitsatz (amtlich)

1. Auch Erlasse und sonstige Verwaltungsvorschriften können Amtspflichten zugunsten Dritter begründen, aus deren Verletzung sich Amtshaftungsansprüche ableiten lassen.

2. Ein gemeinnütziger Verein kann jedenfalls dann keine Geldentschädigung für die Verletzung in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verlangen, wenn sein damals unmittelbar betroffener Vorstand für die mit der Persönlichkeitsverletzung in Zusammenhang stehenden Maßnahmen erfolgreich eine fünfstellige Geldentschädigung erstritten hat,

3. Auch für Klagen gegen Untergliederungen der öffentlichen Hand gilt der Grundsatz des Vorrangs der Leistungsklage. Eine Ausnahme kommt - abgesehen von Fällen nicht abgeschlossener Schadensentwicklung - in Betracht, wenn auch die Feststellungsklage eine prozessökonomische Klärung der aufgetretenen Streitfragen ermöglicht und wenn zu erwarten ist, dass der Beklagte auch ohne ein Leistungsurteil seine Leistung erbringen wird. Daran fehlt es, wenn Hauptstreitpunkt die Ersatzfähigkeit einzelner Schadensposten unter dem Gesichtspunkt der Erforderlichkeit von Kosten ist.

 

Normenkette

BGB § 839 Abs. 1 S. 1; GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 34 S. 1; ZPO § 256 Abs. 1 Alt. 1

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 10.08.2011; Aktenzeichen 2-4 O 532/10)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 10.8.2011 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des LG Frankfurt/M. wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil des LG ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Das vorliegende Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn das beklagte Land nicht vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

A. Der Kläger ist ein finanzbehördlich als gemeinnützig anerkannter Verein, der sich ausweislich § 1 seiner Satzung (Anl. B 8, Bl. 335 ff. d.A.) die Unterstützung hilfsbedürftiger Kinder in den - nicht näher bezeichneten - Armutsregionen der Welt und von Kindern in akuten Notlagen zum Ziel gesetzt hat. Er nimmt das beklagte Land (nachfolgend als "Beklagter" bezeichnet) auf Ersatz seines materiellen Schadens und auf eine Entschädigung für eine Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts wegen verschiedener Maßnahmen in Anspruch, die Bedienstete des Beklagten im Zusammenhang mit einem Ermittlungsverfahren gegen den früheren Vereinsvorstand (...) ergriffen.

Die Verwaltung des OLG führt seit geraumer Zeit im Einvernehmen mit der Generalstaatsanwaltschaft auf der Grundlage verschiedener Erlasse des hessischen Justizministeriums (vom 8.1.1988, JMBl. 1988, 224 ff.; vom 16.12.1998, JMBl. 1999, 32 ff.; vom 18.1.2007, JMBl. 2007, 150; vom 8.10.2012, JMBl. 2012, 602 ff.) eine gemeinsame, jeweils zum 1.5. eines Jahres neu aufgelegte Liste, in der Einrichtungen genannt werden, die als Empfängerstelle von Geldauflagen in Ermittlungs- und Strafverfahren sowie in Gnadensachen in Betracht kommen können. Der Kläger wurde durch Bescheid vom 08.03.2 ... (...) in die zum 01.05 2 ... zu erstellende Liste aufgenommen. Ab September 2 ... führte die Staatsanwaltschaft bei dem LG O1 ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen den damaligen Vorstand des Klägers, Herrn (...). Dessen Vater, der jetzige Vereinsvorstand (...), hatte während einer Durchsuchung im Rahmen eines anderen Ermittlungsverfahrens versucht, Unterlagen des Klägers aus dem durchsuchten Haus zu entfernen; die weiteren Ermittlungen ergaben, dass der Kläger die bis dahin vereinnahmten Mittel noch nicht zu mildtätigen Zwecken verwendet, sondern angelegt hatte. Mit zwei Schreiben vom ... 2... unterrichteten die listenführende Stelle des OLG (...) und die Generalstaatsanwaltschaft (...) alle hessischen Richter und Staatsanwälte über das anhängige Ermittlungsverfahren. Außerdem wurde der Kläger ab dem 1.5.2 ... nicht mehr in die o.a. Liste aufgenommen, wie dies zwei Mitarbeiter des Justizministeriums und der listenführenden Stelle "vereinbart" hatten (...) Der Kläger wurde hierüber zunächst nicht unterrichtet. Mit Verfügung vom ... 2... stellte die Staatsanwaltschaft bei dem LG O1 das Ermittlungsverfahren gegen Herrn (...) überwiegend nach § 170 Abs. 2 StPO ein (...).), im Übrigen am ... 2... nach § 153 Abs. 1 StPO. Hierüber unterrichtete die Generalstaatsanwaltschaft die listenführende Stelle unter dem ... 2... Seit dem 1.5.2 ... ist der Kläger wieder in der Liste eingetragen. (...) erwirkte in einem anderen Rechtsstreit die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung einer Entschädigung i.H.v. 17.000 EUR zzgl. Zinsen für die Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch verschiedene im Zuge des o.g. Ermittlungsverfahrens durchgeführte M...

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