Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausreichende drucktechnische Hervorhebung einer Widerrufsbelehrung nach § 8 Abs. 4 VVG a.F.
Leitsatz (amtlich)
Eine formgerechte Widerrufsbelehrung nach § 8 Abs. 4 VVG a.F. erfordert nur eine ausreichende drucktechnische Hervorhebung, nicht aber eine Belehrung in drucktechnisch deutlicher Form entsprechend den zu § 5a VVG a.F. entwickelten Anforderungen.
Normenkette
VVG § 8 Abs. 4
Verfahrensgang
LG Wiesbaden (Urteil vom 01.10.2020; Aktenzeichen 7 O 218/20) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Wiesbaden vom 01.10.2020 (Az. 7 O 218/20) wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Dieses und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 115% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 115% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger begehrt die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung eines im Jahr 1994 geschlossenen Lebensversicherungsvertrags nach erklärtem Widerruf des Versicherungsantrages.
Der Kläger unterschrieb am 21.02.1994 einen Antrag auf Abschluss einer Einzel-Kapitalversicherung im Tarif 2n der A AG. Blatt drei des vierseitigen Formulars ist nach den Antragsfragen der Bereich des Unterschriftenfeldes, in dem die Widerrufsbelehrung enthalten ist, folgendermaßen gestaltet:
(Von der Darstellung des nachfolgenden Bildes wird aus Datenschutzgründen abgesehen - die Red.)
Die Hintergrundfarbe des Hervorhebungsfeldes ist als einzige Textpassage des gesamten Formulars in einem hellen Blauton gehalten.
Der Vertrag kam im Antragsmodell zustande. Der Kläger leistete die vereinbarten Beiträge, wobei der Umfang zwischen den Parteien streitig ist. Mit Schreiben vom 21.11.2019 erklärte er gegenüber der Beklagten den "Widerspruch" gegen den Abschluss des Vertrages.
Der Kläger hat gemeint, die Widerrufsbelehrung im Antragsformular sei am Maßstab von § 8 Abs. 4 VVG a.F. nicht ausreichend, da sie optisch in den Hintergrund gestellt sei. Er hat vorgetragen, Prämien i.H.v. 63.777,56 EUR gezahlt zu haben.
Die Beklagte hat die Widerrufsbelehrung für ausreichend gehalten. Sie hat sich zudem auf Verwirkung berufen, da der Kläger die Beiträge zu der steuerbegünstigten Versicherung in seiner Steuererklärung angegeben, im Jahr 2011 und 2014 weitergehende vertragliche Ansprüche geltend gemacht und die vereinbarte Beitragsdynamik in einzelnen Jahren abgelehnt habe. Der Kläger habe Beiträge nur i.H.v. 57.564,46 EUR entrichtet. Ferner hat sie sich gegen die Nutzungsberechnung des Klägers gewandt.
Wegen des weiteren Vortrags der Parteien erster Instanz wird auf den Tatbestand
des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil vom 01.10.2020, das dem Kläger am 07.10.2020 zugestellt worden ist, die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch auf Rückabwicklung des Vertrages, weil der Widerruf erst nach Ablauf der Widerrufsfrist erklärt worden sei. Die erteilte Belehrung sei wirksam gewesen, da sie vollständig gewesen sei und eine ausreichende drucktechnische Hervorhebung festgestellt werden könne.
Mit seiner am 04.11.2020 eingelegten und begründeten Berufung trägt der Kläger vor, der Bundesgerichtshof habe hinsichtlich der Anforderungen an die Belehrung eine Gleichsetzung von Verträgen nach dem Policen- und dem Antragsmodell vorgenommen. Die hohen Voraussetzungen, wie sie beim Policenmodell gefordert seien, seien auch beim Antragsmodell zu stellen und vorliegend nicht erfüllt. Die Widerrufsbelehrung sei geradezu darauf ausgelegt, nicht wahrgenommen zu werden. Sie habe sich inmitten der vollkommen überfrachteten dritten Seite des Antrags befunden und sei durch deren Gestaltung in den Hintergrund gedrängt worden (wird ausgeführt). Bei der Beurteilung sei insbesondere zu berücksichtigen, dass auf derselben Seite des Formulars eine weitere Passage fettgedruckt sei.
Der Kläger beantragt,
das am 01.10.2020 verkündete Urteil des Landgerichts Wiesbaden mit dem Aktenzeichen 7 O 218/20 aufzuheben und
1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 113.065,96 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
2. festzustellen, dass der Kläger seit dem 21.09.2019 zu keinen Beitragszahlungen mehr verpflichtet ist.
3. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 2.480,44 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5% Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.04.2020 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags.
II. Die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung ist zulässig, bleibt aber in der Sache ohne Erfolg. Es liegt kein Berufungsgrund im Sinne von § 513 ZPO vor, da die Entscheidung des Landgerichts weder auf einer Rechtsverletzung im...