Leitsatz (amtlich)

  • 1.

    Den Fahrer trifft in erster Linie die Pflicht zu prüfen, ob er in der Lage ist, sein Fahrzeug sicher zu führen, er hat also grundsätzlich eine höhere Verantwortung als der Beifahrer. Dieser Grundsatz hindert nicht, bei Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles auch zu einer Gleichgewichtigkeit der Haftungsanteile oder gar einem Übergewicht der Haftung des Beifahrers zu gelangen.

  • 2.

    Zu den Umständen, die bei der Bemessung eines Verdienstausfallschadens zu berücksichtigen sind.

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 2-25 O 509/99)

 

Gründe

I.

Der Kläger nimmt die Beklagten auf Zahlung von Schmerzensgeld, Ersatz seines Verdienstausfallschadens für die Zeit vom 01.09.2000 bis 30.09.2003 sowie auf Feststellung der Schadenersatzverpflichtung der Beklagten nach einem Verkehrsunfall in Anspruch, der sich am 27.11.1997 gegen 0:24 Uhr in O1 ereignete. Der Kläger war hierbei als Beifahrer in dem vom Beklagten zu 1) gesteuerten, bei der Beklagten zu 2) haftpflichtversicherten Pkw-... mit dem amtlichen Kennzeichen ... beteiligt; er erlitt u.a. schwere Kopf- und Gesichtsverletzungen. - Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angegriffenen landgerichtlichen Urteil verwiesen.

Das Landgericht hat nach Vernehmung von Zeugen und Einholung von Sachverständigengutachten durch sein angegriffenes Urteil vom 23.09.2005 unter Abweisung der Klage im übrigen dem Kläger ein Schmerzensgeld in Höhe von 33.677,50 EUR abzüglich außergerichtlich bereits gezahlter 10.225,83 EUR zugesprochen und festgestellt, dass die Beklagte dem Kläger 75 % aller weiteren unfallbedingten materiellen und immateriellen Schäden aus dem Unfallereignis vom 27.11.1997 zu ersetzen haben.

Gegen dieses ihm am 02.11.2005 zugestellte Urteil hat der Kläger am 28.11.2005 Berufung eingelegt und diese am 27.12.2005 begründet.

Die Beklagten haben innerhalb der bis zum 28.03.2006 verlängerten Frist zur Berufungserwiderung am 28.03.2006 Anschlussberufung eingelegt und diese am selben Tage begründet.

Der Kläger greift das Urteil des Landgerichts an, soweit ihm durch dieses ein Anspruch auf Ersatz von Verdienstausfallschäden versagt worden ist. Er wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen insoweit und macht weiter geltend, das Landgericht habe seinen Vortrag in seinen Schriftsätzen vom 21.10.2002 (Bl. 249 f. d.A.) und vom 20.07.2005 (Bl. 415 f. d.A.) übergangen und es verabsäumt, den Sachbearbeiter des Arbeitsamtes, den Zeugen Z1, als Zeugen zu hören und ein Sachverständigengutachten dazu einzuholen, dass der Kläger aufgrund seiner Unfallverletzungen auf dem Arbeitsmarkt ohne Chancen ist.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 23.09.2005 zum Az. 2/25 O 509/99 abzuändern und die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, über die in Ziffer 1 des Tenors ausgeurteilten Beträge und über die Feststellung gemäß der Ziffer 2 hinaus, an den Kläger Verdienstausfall für die Zeit vom 01.09.2000 bis 30.09.2003 in Höhe von 25.693,23 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz aus 13.423,56 EUR seit 01.03.2002 und aus 12.268,67 EUR seit Zustellung des Schriftsatzes vom 09.04.2005 zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen und - im Wege der Anschlussberufung - die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Anschlussberufung der Beklagten zurückzuweisen.

Auch die Beklagten wiederholen und vertiefen ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie rügen, der vom Landgericht in Ansatz gebrachte Schmerzensgeldbetrag von 40.903,-- EUR sei im Hinblick auf die vom Kläger bei dem Unfall am 27.11.1997 erlittenen Verletzungen nicht gerechtfertigt. Auch sei die vom Landgericht für den Kläger in Ansatz gebrachte Mithaftungsquote von nur 25 % zu niedrig bemessen, denn dieser habe sich bewusst nach einer mehrstündigen gemeinsamen Zechtour mit dem Beklagten zu 1) dem Risiko einer Trunkenheitsfahrt und damit dem eines Verkehrsunfalls ausgesetzt. Schließlich sei auch die Erhöhung des Schmerzensgeldbetrages um 3.000,-- EUR wegen angeblicher Hinauszögerung der Schadensregulierung nicht begründet.

Ein Verdienstausfallschaden stehe dem Kläger nicht zu. Denn dieser sei nach dem Gutachten des Sachverständigen Dr. med. SV1 nicht zu 100 % berufsunfähig in seinem erlernten Beruf als Tischler, ihm sei die Ausübung einer anderen Tätigkeit aufgrund seiner bisherigen Arbeitsbiografie durchaus zumutbar. Der Kläger habe es aber an jeder Darlegung dazu fehlen lassen, sich um eine andere Arbeitsstelle - sei es im Bereich des Bautischlergewerbes oder aber in einem anderen Tätigkeitsbereich - bemüht zu haben.

Wegen weiterer Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens im übrigen wird ergänzend auf den vorgetragenen Inhalt der in beiden Rechtszügen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Das Berufungsgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen Z1 mit dem aus der Sitzungsniederschrift vom 23.06.20...

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