Entscheidungsstichwort (Thema)
Skontoklausel als wesentlicher Bestandteil von Vertragsverhandlungen
Leitsatz (amtlich)
1. Eine Skontoregelung, die wesentlicher Bestandteil der Vertragsverhandlungen ist, muss im Lichte der gesamten Vertragsverhandlungen ausgelegt werden. Dies ist der Fall, wenn sie kein reines Entgegenkommen des Gläubigers ist, sondern ein Preisnachlass, den der Gläubiger einräumt, um überhaupt den Auftrag zu erhalten, verbunden mit der bloßen Bedingung, dass eine kurzfristige Zahlung erfolgen sollte. Während den Verhandlungen getätigte mündliche Erläuterungen zum Sinn und Zweck der Regelung müssen dann bei der Auslegung der Skontoklausel berücksichtigt werden.
2. Macht der Gläubiger anschließend eine Forderung geltend, die sich lediglich daraus ergibt, dass er dem Schuldner im Rahmen der Vertragsverhandlungen andere Auskünfte über den Zeitrahmen der Skontoabzüge erteilt hat, so stellt dies widersprüchliches Verhalten im Sinne des Rechtsinstitutes "venire contra factum proprium" dar und begründet eine Einwendung gemäß § 242 BGB mit der Folge eines Leistungsverweigerungsrechts.
3. Der Gläubiger verstößt weiter gegen seine vertragliche Rücksichtnahmepflicht aus § 241 Abs. 2 BGB, wenn er dann den Schuldner nicht darauf hinweist, dass er die seines Erachtens verspäteten Skontoabzüge einzelner Abschlagszahlungen nicht akzeptiert.
Normenkette
BGB §§ 242, 241 II
Verfahrensgang
LG Darmstadt (Urteil vom 04.06.2013; Aktenzeichen 12 O 332/13) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG Darmstadt vom 04.06.2013 abgeändert und die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Si cherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.
Der Gegenstandswert für die Berufungsinstanz wird auf 50.658,50 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Beklagte beauftragte im Juni 2009 die Klägerin mit dem Neubau einer Ausstellungshalle auf dem Grundstück der Beklagten in Stadt1 zum Pauschalpreis von 1.025.642,40 EUR brutto. Die Klägerin übersandte der Beklagten eine Auftragsbestätigung vom 29.06.2009, die von der Beklagten am 30.06.2009 unterzeichnet wurde. Diese Auftragsbestätigung enthielt unter Ziffer 2 die Zahlungsbedingung: "Nach Rechnungsdatum innerhalb 5 Tagen abzüglich 6,6 % Skonto.". Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Anlage K 1 Bezug genommen. Parallel dazu wurde eine Vereinbarung zur Auftragsbestätigung unterzeichnet, die die einzelnen Gewerke auflistete und zu einer Nettoauftragssumme von 861.884,37 EUR kam. Davon wurde mit der Bedingung, "bei Zahlung innerhalb 5 Tagen nach Rechnungsdatum gewähren wir" 6,6 % Skonto = 56.884,37 EUR abgezogen, so dass sich als Zahlungssumme netto ein Betrag von 805.000,00 EUR zuzüglich der jeweils geltenden gesetzlichen Umsatzsteuer ergab. Dies war der Betrag, zu dem die Beklagte lediglich den Vertrag abschließen wollte. Nach Erklärung des für die Klägerin handelnden Vertreters A konnte dieser Betrag aber lediglich durch eine entsprechende Skontoregelung dargestellt werden.
In der Auftragsbestätigung hieß es weiter: "Nebenabreden, insbesondere mündlicher Art, die unter a) bis e) keine Berücksichtigung gefunden haben, gelten als nicht vereinbart". Im Zuge der Durchführung der Bauarbeiten stellte die Klägerin der Beklagten insgesamt 17 Abschlagsrechnungen, die von der Beklagten jeweils unter Abzug des Skontos von 6,6 % bezahlt wurden. In jeder Abschlagsrechnung fand sich der Hinweis: "Zahlbar nach Rechnungsdatum innerhalb 5 Tagen abzüglich 6,6 % Skonto. Ein Skontoabzug wird nur innerhalb der vereinbarten Konditionen gewährt. Da Skonto ein Bestandteil der Auftragsverhandlung war, wird jeder Zahlungsabschlag außerhalb unserer vereinbarten Konditionen nachgefordert."
Die Zahlungen der Beklagten gingen regelmäßig mehrere Tage nach der 5-Tagesfrist ab Rechnungsdatum bei der Klägerin ein. Mahnungen oder Hinweise der Klägerin erfolgten nicht, obwohl ausweislich der Zahlungsbeträge erkennbar war, dass genau ein Betrag für Skonto von 6,6 % abgezogen wurde. In der Schlussrechnung vom 07.12.2010 teilte die Klägerin mit, dass sie angesichts der im Einzelnen aufgelisteten Überziehungstage den jeweiligen Skontoabzug nicht anerkenne, und verlangte einen Bruttobetrag von 55.875,70 EUR.
Die Beklagte hat sich trotz anwaltlicher Mahnung geweigert, die ausstehenden Skontobeträge zu zahlen, und hat behauptet, die Parteien seien vor Unterschrift unter die Auftragsbestätigung davon ausgegangen, dass die Skontoklausel nicht so eng gehandhabt werde, wie sie im Vertragstext formuliert sei. Der Zeuge A habe mitgeteilt, dass der Skontoabzug auch dann gewährt werde, wenn die Zahlung eine Woche bis 10 Tage nach Rechnungsdatum erfolge. Nur wegen dieser Zusage habe der Geschäftsführer der Beklagten den schriftlichen Vertragstext unterzeichnet...