Leitsatz (amtlich)
Zur Erstattungsfähigkeit eines Heimbeatmungsgerätes mit Atemmaske im Rahmen eines Versicherungsvertrages über Krankheitskosten.
Normenkette
KHT § 100; VVG § 1
Verfahrensgang
LG Wiesbaden (Aktenzeichen 3 O 21/95) |
Gründe
Die zulässige, insbesondere frist- und formgerecht eingelegte und begründete Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg. Das LG ist mit Recht davon ausgegangen, dass dem Kläger ein Anspruch gegen die Beklagte auf Erstattung der Aufwendungen für das von ihm angeschaffte Heimbeatmungsgerät mit Atemmaske aus dem zwischen den Parteien abgeschlossenen Versicherungsvertrag über Krankheitskosten nach dem Tarif KHT 100 zusteht. Nach § 1 VVG i.V.m. § 1 Teil 1 Ziff. 1a der dem Versicherungsvertrag der Parteien zugrunde liegenden AVB für die Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung ist die Beklagte zur Erstattung der Kosten deshalb verpflichtet, weil das Beatmungsgerät Bestandteil medizinisch notwendiger Heilbehandlung ist und eine tariflich zu erbringende Leistung darstellt. Aufgrund der bei dem Kläger vorliegenden chronisch obstruktiven Lungenerkrankung schwersten Ausmaßes, die aufgrund des ständig vorhandenen erhöhten Atemwiderstandes bei ihm zu einer Erschöpfung der Atemmuskelpumpe führt, liegt eine bedingungsgemäß versicherte Krankheit vor. Der danach eingetretene Versicherungsfall einer medizinisch notwendigen Heilbehandlung des Klägers wegen der vorliegenden Krankheit begründet die Pflicht der Beklagten zum Ersatz von Aufwendungen für die Heilbehandlung und die sonstigen vereinbarten Leistungen. Der maßgebliche Tarif KHT gewährte dem Kläger Versicherungsschutz bei ambulanter Heilbehandlung für Hilfsmittel zu 100 % - die aufgrund der Verordnung des Hilfsmittels zu erstatten sind (vgl. § 4 Teil 1(1) i.V.m. dem Tarif KHT 100). Die Erstattungspflicht der Beklagten hinsichtlich der Aufwendungen für die medizinisch notwendige Anschaffung des Heimbeatmungsgerätes ist nicht aufgrund § 4 Teil II Nr. 2d deshalb ausgeschlossen, weil das Hilfsmittel des Heimbeatmungsgerätes nicht in der dort enthaltenen Aufzählung der Hilfsmittel aufgeführt ist. Der Senat folgt dei Auffassung des LG, dass dieser Aufzählung kein enumerativer Charakter zukommt, so dass aufgrund fehlender Anführung des Heimbeatmungsgerätes als Hilfsmittel nicht der Schluss gezogen werden kann, für dieses Hilfsmittel bestehe keine Erstattungspflicht der Beklagten. Kein Argument hierfür lässt sich daraus herleiten, dass die Zulässigkeit einer abschließenden Aufzählung der Hilfsmittel in Allgemeinen Versicherungsbedingungen ohne Vestoß gegen das AGBG zu bejahen ist (vgl. BGH VersR. 1987, S. 278 (280); OLG Köln, VersR. 1989, 5.1142). Den von der Beklagten verwandten Allgemeinen Versicherungsbedingungen lässt sich eine solche Beschränkung nicht mit der notwendigen Gewissheit entnehmen. Dass nach § 4 Teil II Nr. 2 Hilfsmittel aufgezählt werden, die "als solche gelten" sollen, genügt nicht, um von einer abschließenden Aufzählung auszugehen. Dem LG ist darin beizupflichten, dass aus der maßgeblichen Sicht des Gegners der Verwenderin dieser Allgemeinen Versicherungsbedingungen auch der Eindruck gewonnen werden konnte, es werde aus der Vielzahl medizinischer Hilfsmittel aus Platzgründen lediglich eine beispielhafte Aufzählung vorgenommen. Der Senat weist darauf hin, dass ein Versicherungsnehmer nach Treu und Glauben davon ausgehen konnte, dass auch die nicht aufgezählten Hilfsmittel wie Augenklappen, Nasenpiastiken und Verbandsmaterial erstattungsfähig seien. Dass eine lediglich beispielhafte und keine abschließende Aufzählung der Hilfsmittel in § 4 Teil II Nr. 2d AVB enthalten ist, durfte der Versicherungsnehmer auch deshalb annehmen, weil die Tarif beschreibung der Tarife KHT 100 und 200 als Voll-Versicherungsschutz für Privatpatienten überschrieben worden ist und die Beschreibung der Versicherungsleistungen für Hilfsmittel eine 100%ige Übernahme der Kosten durch die Beklagte enthält. Gegen diese Auslegung kann auch nicht mit Aussicht auf Erfolg angeführt werden, dass die im Vergleich zu sonstigen Hilfsmitteln außerordentliche Höhe des Hilfsmittels des Heimbeatmungsgerätes die Prämienkalkulation der Beklagten empfindlich gestört haben mag. Die einseitig gehegte Erwartung der Beklagten, die Hilfsmittel abschließend aufgezählt zu haben, erscheint deshalb nicht schutzwürdig, weil aus der maßgeblichen Sicht des Versicherungsnehmers eine abschließende Aufzählung nicht angenommen werden kann, da es der Beklagten entsprechend dem Hinweis des LG in dem angefochtenen Urteil unbencmmen blieb, durch eine einwandfreie sprachliche Fassung den Charakter einer abschließenden Aufzählung deutlich und für den Versicherungsnehmer nachvollziehbar zu umschreiben. Soweit die Beklagte gegen dieses Auslegungsergebnis angeführt hat, damit erstrecke sich die Erstattungspflicht der Beklagten auch auf die Kosten extrem aufwendiger Geräte, wie z.B. einem Dialysegerät, eine Insulinpumpe oder einer Ausstattung mit einer lntensivstation, weist der Senat dara...