Entscheidungsstichwort (Thema)
Investition in Krypto-Währungen (Bitcoin/Ethereum) aus Gefälligkeit
Leitsatz (amtlich)
1. Bei einem aus Gefälligkeit einem anderen erwiesenen Freundschaftsdienst, mit dessen Kapital in Krypto-Währungen zu investieren, ist eine Haftung des Geschäftsführers ausgeschlossen, wenn er hierbei "freie Hand" hatte und dem Geschäftsherrn die Risiken des Investments bewusst waren.
2. Anforderungen an die Erkennbarkeit eines im Widerspruch zum mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn stehenden Handelns durch den Geschäftsführer.
Normenkette
BGB § 280 Abs. 1, §§ 282, 677-678
Verfahrensgang
LG Darmstadt (Urteil vom 09.03.2022; Aktenzeichen 9 O 209/19) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 9.3.2022 verkündete Urteil des Einzelrichters der 9. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt abgeändert und die Klage - insgesamt - abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz hat der Kläger zu tragen.
Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Dem Kläger wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger macht gegen den Beklagten Schadensersatzansprüche wegen entgangenem Gewinn im Zusammenhang mit vom Beklagten für den Kläger im Rahmen eines bestehenden Gefälligkeitsverhältnisses vorgenommenen Investitionen mit dem Kapital des Klägers in Krypto-Währungen geltend.
Die seinerzeit eng befreundeten Parteien vereinbarten im Jahr 2017, dass der Beklagte, der sowohl über Erfahrung bei der Anlage in Krypto-Währungen als auch über das hierfür erforderliche technische Know-how und verfügte, den Kläger, welcher über keine diesbezüglichen Kenntnisse und Erfahrungen verfügte, bei der Investition von Ersparnissen des Klägers in Krypto-Währungen unterstützen sollte.
Zu diesem Zweck überwies der Kläger im August und September 2017 insgesamt 84.061,00 EUR auf ein für ihn vom Beklagten angelegtes sogenanntes W Konto bzw. auf das Girokonto des Beklagten, welcher die Beträge dann auf sein sogenanntes X Konto, von dem, im Gegensatz zu einem W Konto, eine einmal erworbene Krypto-Währung in eine andere Krypto-Währung umgewechselt werden kann, einzahlte. Über die "Exchange-Plattform" erwarb der Beklagte für den Kläger im August und September 2017 teilweise Ethereum und teilweise Bitcoin Anteile. Nach Überweisung der beiden Krypto-Währungen auf das Konto des Beklagten bei der Plattform "www.(...).com" wechselte der Beklagte für den Kläger auch die zunächst erworbenen Bitcoins in Ethereum um, so dass sich auf der Grundlage des insgesamt vom Kläger an den Beklagten überwiesenen Betrages in Höhe von 84.061,00 EUR am 3.10.2017 insgesamt 309,01954785 Ethereum auf dem X Konto des Beklagten befanden, welche aus den Mitteln des Klägers stammten.
Im November 2017 wechselte der Beklagte einen Teil des Ethereums in Bitcoin um, da er auf deren Werterhöhung spekulierte, die jedoch ausblieb, so dass - bei einem gleichzeitigen Anstieg der Ethereum im Wert - der Beklagte die in Bitcoin gewechselten Ethereum Anteile - auf Grund eines gleichzeitigen Kursanstiegs von Ethereum - nicht mehr in voller Höhe bei dem "Rückwechsel" von Bitcoin zurück zu Ethereum erhielt.
Am 1.2.2018 übertrug der Beklagte auf Aufforderung des Klägers von seinem X Konto 102,50048 Ethereum auf das Konto des Klägers.
Den Differenzbetrag in Höhe von 116,519018 Ethereum macht der Kläger mit seiner Klage geltend und begehrt deren Übertragung an seine im Klageantrag angegebene Adresse.
Der Kläger hat behauptet, dass der Beklagte zu der im November 2017 vorgenommenen Umwechselung von Ethereum in Bitcoin nicht berechtigt gewesen sei. Er habe keine Befugnis gehabt, "irgendetwas selbständig zu machen". Der Kläger hat die Ansicht vertreten, dass der Beklagte ihm zum Ersatz des entgangenen Gewinns in Höhe der Differenz zwischen dem zwischenzeitlich bestehenden Ethereum Kontostand (309,01954785 und dem rückübertragenen Ethereum in Höhe von 192,50048) mithin auf 116,519018 Ethereum verpflichtet sei.
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger Ethereum in Höhe von 116.5191785 Einheiten an die Adresse ... des Klägers zu übertragen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat den Klageantrag als nicht hinreichend bestimmt gerügt und behautet, dass ein Wertverlust auch eingetreten wäre, wenn er den Wechsel von Ethereum in Bitcoin nicht vorgenommen hätte. Im Übrigen habe der Kläger jedenfalls einen erheblichen Gewinn mithilfe des Beklagten erwirtschaftet, so dass ihm auch kein Schaden entstanden sei. Der Beklagte sei zu der Umwechslung von Ethereum in Bitcoin auch befugt gewesen, da er mit dem Kläger auch über die Möglichkeit einer beabsichtigten Aufspaltung der Krypto-Währungen gesprochen habe und der Kläger ihm in allem "freie Hand" gelassen habe. Wegen der weiteren Ein...