Entscheidungsstichwort (Thema)
Verkehrssicherungspflicht des Bauherrn bei Verlegung eines provisorischen Stromkabels über öffentliche Straße
Normenkette
BGB § 823
Verfahrensgang
LG Darmstadt (Urteil vom 26.06.2015; Aktenzeichen 27 O 1/15) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 26. Juni 2015 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das angefochtene Urteil wird für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung erklärt. Der Kläger kann die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Hohe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrags leisten.
Der Gegenstandswert für die Berufungsinstanz wird auf 60.019,28 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger fuhr am XX.XX.2012 mit seinem Rennrad durch die Straße1 in Stadt1.
Dabei stürzte er über ein auf der Straße verlegtes Stromkabel, das mit Holzbohlen abgesichert war. Die Konstruktion bestand aus einer Verbundplatte, auf der das Kabel verlegt war, sowie auf beiden Seiten des Kabels aus abgeschrägten Kanthölzern. Diese waren an einigen Stellen durch Überfahren von Autos teilweise verschoben, teilweise gebrochen. Verantwortlich dafür waren die Beklagten, die für ihr Bauvorhaben den Strom von einem Verteilerkasten auf der anderen Straßenseite benötigten. Eine Sondernutzungserlaubnis oder eine Ausnahme von § 32 StVO hatten die Beklagten nicht eingeholt.
Der Unfallort liegt in einer Sackgasse, zum damaligen Zeitpunkt ein Neubaugebiet, das verkehrsrechtlich als verkehrsberuhigter Bereich (Zeichen 325.1 der Anlage 3 zur StVO) ausgewiesen war.
Der Kläger verletzte sich erheblich an der Schulter und verlangt Schmerzensgeld, Haushaltsführungsschaden für zwei Haushalte, Haushaltsführungsrente und Erwerbsschaden, weil er eine Stelle erst zwei Monate später antreten konnte.
Das Landgericht hat durch das angefochtene Urteil, auf das hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands erster Instanz und der dort gestellten Anträge Bezug genommen wird, die Klage abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt: Eine Verkehrssicherungspflichtverletzung liege nicht vor, weil das Kabel und die Bohlen deutlich sichtbar gewesen seien. Der Kläger sei entweder zu schnell oder unaufmerksam gewesen. Die Unregelmäßigkeiten der Konstruktion seien bei der gebotenen vorsichtigen Annäherung zu erkennen gewesen.
Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung.
Der Kläger greift das Urteil mit der Begründung an, das Landgericht hätte über die Frage der Verkehrssicherungspflichtverletzung Beweis erheben müssen. Es habe außerdem die Grundsätze einer Verkehrssicherungspflicht verkannt. Bei einer abgerundeten Kabelbrücke mit gelb-schwarz gestreiften Flächen wäre der Kläger zum einen aufmerksam gemacht worden und zum anderen hätte er nicht in der Konstruktion hängen bleiben können. Die von ihm gefahrene Geschwindigkeit sei auch im Hinblick auf die Verkehrsberuhigung angemessen gewesen.
Der Kläger beantragt,
das angefochtene Urteil abzuändern und
1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn zu zahlen:
a. ein angemessenes Schmerzensgeld von mindestens 15.000,- EUR,
b. Haushaltsführungsschaden in Höhe von 8.820,06 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einem Betrag von 2.567,86 EUR seit dem 8.12.2012 und im Übrigen seit dem 5.3.2015
c. eine Haushaltsführungsschadensersatzrente in Höhe von 584,55 EUR kalendervierteljährlich im Voraus, jeweils zum 1.1., 1.4., 1.7. und 1.10. eines Jahres, beginnend mit dem 1.1.15, bis an das Lebensende des Klägers
d. Erwerbsschaden in Höhe von 22.100,77 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 5.3.2015
e. Vermehrte Bedürfnisse in Höhe von 2.779,60 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 5.3.2015
f. Außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 899,40 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 5.3.2015.
2. festzustellen, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, für alle darüber hinausgehenden immateriellen und materiellen Schäden aus dem Unfallereignis vom XX.XX.2012 aufzukommen, sofern sie nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind oder übergehen werden.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigen das angefochtene Urteil und führen aus, dass die Anlage deutlich sichtbar gewesen sei und der Kläger angesichts des Neubaugebiets ohnehin mit Baumaßnahmen und Kabeln etc. hätte rechnen müssen. Für private Bauherren seien keine besonderen Sicherungsmaßnahmen vorgeschrieben.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands zweiter Instanz wird auf die Schriftsätze der Parteien, die dazu überreichten Unterlagen und die Erörterungen in den mündlichen Verhandlungen vor dem Senat Bezug genommen.
Der Senat hat die Parteien a...