Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 16.09.1983) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 16. September 1983 hinsichtlich der Feststellung, daß die Wahlen des Bundesvorsitzenden der … und seines Stellvertreters auf dem 12. ordentlichen Gewerkschaftstag am 19. Oktober 1982 unwirksam sind, abgeändert.
Insoweit wird die Klage abgewiesen.
Im übrigen wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger zu 1/10 und die Beklagte zu 9/10 zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 9.000,– DM abwenden, sofern nicht der Kläger vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet. Die Sicherheitsleistung der Beklagten kann auch durch selbstschuldnerische, unbefristete Bürgschaft einer als Zoll- und Steuerbürgin zugelassenen inländischen Bank oder Sparkasse erbracht werden.
Der Wert der Beschwer liegt für die Beklagte über, für den Kläger unter 40.000,– DM. Insoweit wird die Revision zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger ist Mitglied der beklagten Gewerkschaft. Er hat als Delegierter an dem 12. ordentlichen Gewerkschaftstag in Frankfurt am Main vom 18. bis 23. Oktober 1982 teilgenommen. Dieser wurde in Heft 6/82 der gewerkschaftseigenen Zeitschrift „…” einberufen. Die Tagesordnung wurde in Heft 8/82 mitgeteilt. Für deren einzelne Punkte wird auf die Kopie Bl. 17 der Akten verwiesen. Am 7. September 1982 wurde an die Delegierten eine inhaltsgleiche Tagesordnung verschickt. Gleichzeitig erhielten sie von der Antragskommission vorberatene Anträge samt Begründung, darunter auch den satzungsändernden Antrag (§ 1), die Mitgliederzahl des Bundesvorstands der Beklagten von 9 auf 7 herabzusetzen, sowie den Antrag (§ 2) des Bezirksverbands Stuttgart, falls auf dem Gewerkschaftstag ein Beschluß angestrebt werde, den Bundesvorstand von 9 auf 7 Mitglieder zu reduzieren, den entsprechenden Antrag dahin zu erweitern, daß die Mitgliederzahl auf 5 herabgesetzt werde. Am 18. Oktober 1982 (dem 1. Tag des Gewerkschaftstags) erhielten dessen Teilnehmer erneut eine Tagesordnung, die insoweit gegenüber den früheren Tagesordnungen geändert worden war, als es nach dem Tagesordnungspunkt 4: „Wahlen” hieß: „(Die zu diesem Tagesordnungspunkt gehörenden Anträge werden vorgezogen)”. Die Tagesordnung wurde mit wenigen Gegenstimmen angenommen.
Als am nächsten Tag der Tagesordnungspunkt „Wahlen” anstand, wies der Sprecher der Satzungskommission darauf hin, daß ein nach der Tagesordnung vorzuziehender Initiativantrag (§I/82) vorliege, wonach § 31 der Satzung dahin ergänzt werden solle, daß Satzungsänderungen der Mehrheit der stimmberechtigten Delegierten bedürften. Der Initiativantrag sei am Vortag von dem Gewerkschaftsbeirat eingereicht worden und trage 316 Unterschriften. Der Sprecher der Satzungskommission führte weiter aus, bis zum 10. Gewerkschaftstag 1975 habe die Satzung eine entsprechende Bestimmung enthalten. Diese sei nur gestrichen worden, weil man selbstverständliche Rechtsauffassungen nicht mehr in die Satzung habe aufnehmen wollen. In der Folgezeit sei danach auch immer verfahren worden. Dies wäre auch auf diesem Gewerkschaftstag (1982) so abgewickelt worden, wenn nicht der Antrag auf Herabsetzung der Mitgliederzahl des Bundesvorstands eingebracht worden wäre. Der Bezirksverband Stuttgart vertrete, gestützt durch eine Expertise, die Auffassung, zu beschließende Satzungsänderungen müßten in der Tagesordnung ausgewiesen sein. Es sei bedauerlich, daß auf diese Weise, statt durch Gewinnung einer Mehrheit gegen die Herabsetzung der Mitgliederzahl des Bundesvorstands, die beantragte Satzungsänderung verhindert werden solle. Wenn jetzt keine „saubere Lösung” gefunden werde, könnten alle satzungsändernden Anträge nicht behandelt werden, da sie in der Tagesordnung nicht mitgeteilt worden seien. Damit der Gewerkschaftstag „politisch handlungsfähig” bleibe, werde die Annahme des Initiativantrags empfohlen, der einer 3/4-Mehrheit bedürfe. Bei seiner Annahme trete die Regelung sofort in Kraft.
Der Delegierte …, der vor dem Gewerkschaftstag mit Schreiben vom 2. September und 24. September 1982, auf die Bezug genommen wird (letzterem Schreiben lag die von dem Sprecher der Satzungskommission zitierte Expertise des Stuttgarter Rechtsanwalts … bei, auf die ebenfalls Bezug genommen wird), an den, Gewerkschaftsbeirat und den Bundesvorstand die erwähnten und weitere Bedenken geltend gemacht hatte, erklärte daraufhin, er beuge sich „wider besseres Wissen” den Entscheidungen des Gewerkschaftstags. Er werde sich aus der weiteren Diskussion heraushalten. Gleichwohl legte er noch einmal kurz dar, daß die eigenen Ausführungen des amtierenden Bundesvorsitzenden … gegen eine Reduzierung der Mitgliederzahl des Bundesvorstands sprächen.
Nach Annahme des Initiativantrags mit 9 Gegenstimmen und 4 Enthaltungen wurde der Antrag § 1 auf Reduzierung der … Mitglieder des Bundesvorstan...