Normenkette
BGB § 1004; StGB § 191; GG Art. 5 Abs. 1 S. 2 1. Alt
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 20.09.2001; Aktenzeichen 2-3 O 254/01) |
Tenor
Auf die Berufung der Verfügungsbeklagten wird das am 20.9.2001 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des LG Frankfurt am Main abgeändert:
Die einstweilige Verfügung vom 26.6.2001 wird aufgehoben und der Antrag des Verfügungsklägers auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vom 25.6.2001 zurückgewiesen.
Der Verfügungskläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Gründe
Von der Darstellung eines Tatbestandes wird gem. § 543 Abs. 1 a.F. ZPO abgesehen.
Die Berufung ist zulässig. Sie wurde form- und fristgerecht eingelegt sowie begründet und hat auch in der Sache Erfolg.
Das LG hat zu Unrecht die von ihm mit Beschluss erlassene einstweilige Verfügung vom 26.6.2001 bestätigt. Der Verfügungskläger kann nämlich von der Verfügungsbeklagten nicht die begehrte Unterlassung verlangen. Ihm steht kein Anspruch gegen die Verfügungsbeklagte aus entspr. Anwendung des § 1004 BGB zu.
Ein solcher Unterlassungsanspruch verlangt zunächst das Vorliegen einer unrichtigen Tatsachenbehauptung. Auch bei Gerüchten handelt es sich im Grundsatz um Tatsachenbehauptungen (Prinz/Peters, Medienrecht, Rz. 16). Außerdem stellt die Äußerung eines Gerüchtes grundsätzlich eine eigene Äußerung des Betreffenden in Form des Behauptens bzw. Verbreitens dar; das gilt auch dann, wenn bei der Weitergabe das Gerücht als unbestätigt bezeichnet wird (Prinz/Peters, Medienrecht, Rz. 39; BGH NJW 1963, 665 [666]).
Weitere Voraussetzung für einen Unterlassungsanspruch im Bereich der Medienberichterstattung ist die Verletzung geschützter sonstiger Rechte des Betroffenen, der hierzu darlegen muss, dass eine konkrete Darstellung tatsächlich unwahr oder aus sonstigen Gründen unzulässig ist und er dadurch objektiv in seinen Rechten wie etwa dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt ist (Soehring, Presserecht, 3. Aufl. 200 Rz. 30.3). Ferner setzt die Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs voraus, dass die behauptete Rechtsverletzung bevorsteht, wobei dieses Tatbestandsmerkmal in Form der Wiederholungs- oder der Erstbegehungsgefahr vorliegen kann (Soehring, Presserecht, 3. Aufl. 200 Rz. 30.6).
Vorliegend sind beide genannten Voraussetzungen im Gegensatz zur Auffassung des LG nicht gegeben.
Die Besonderheit des vorliegenden Verfahrens besteht darin, dass sich der Verfügungskläger bereits gegen eine bestimmte Rechercheaktivität der Verfügungsbeklagten wendet und nicht eine bevorstehende Veröffentlichung oder etwa eine Wiederholung einer Veröffentlichung verhindern will; dieser Besonderheit wird die Entscheidung des LG nicht gerecht.
Zwar ist dem LG im Ansatz darin zuzustimmen, dass die Äußerung, es bestehe das Gerücht, der Verfügungskläger habe für die Liste der Republikaner gestimmt und sich selbst als Abweichler geoutet, geeignet ist, das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers zu beeinträchtigen. Indessen ist hier bereits der Vorbehalt zu machen, dass der Kläger als Politiker in der sog. Öffentlichkeitssphäre betroffen ist, bei der das Schutzbedürfnis herabgesetzt ist (Damm/Rehbock, Widerruf, Unterlassung und Schadensersatz in Presse und Rundfunk, 2. Aufl. 2001, Rz. 88). Dies geht selbstverständlich nicht so weit, dass das Schutzbedürfnis vollständig verneint werden darf.
Auf der anderen Seite kann von einer strafrechtlich relevanten Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, etwa in Form einer üblen Nachrede nach § 186 StGB wegen einer falschen Tatsachenbehauptung durch die Verfügungsbeklagte angesichts des Umstandes, dass die Richtigkeit des vorgenannten Gerüchts weder widerlegt noch erwiesen ist, nicht ausgegangen werden.
Selbst wenn man aber in der Frage der Verfügungsbeklagten bei der Pressekonferenz der CDU und der auf Aufforderung erfolgten Namensnennung tatbestandsmäßig eine Rechtsgutsverletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Verfügungsklägers durch Verbreiten eines Gerüchtes sehen wollte – was i.E. dahinstehen kann –, wäre damit noch kein Eingriff in ein geschütztes Rechtsgut gegeben, der einen Unterlassungsanspruch gegen die Verfügungsbeklagte begründen könnte. Es fehlt nämlich insoweit jedenfalls an der Rechtswidrigkeit des Eingriffs.
Im Gegensatz zur Auffassung des LG kann sich die Verfügungsbeklagte zur Rechtfertigung ihres Vorgehens auf den Grundsatz der Wahrnehmung berechtigter Interessen nach § 191 StGB berufen. Außerdem kann das Verhalten der Verfügungsbeklagten nicht als eine Verletzung journalistischer Sorgfaltspflichten gewertet werden.
Vorliegend ist dieser Grundsatz der Wahrnehmung berechtigter Interessen im Lichte der Geltung der Pressefreiheit des Art. 5 Abs. 1 S. 2 1. Alt. GG auszulegen und bei der Abwägung mit dem Persönlichkeitsrecht des Verfügungsklägers entspr. zu gewichten. Die Pressefreiheit schützt u.a. die Gestaltung von Presseprodukten und erfasst alle wesensmäßig mit der Pressearbeit zusammenhängenden Tätigkeiten „von der Beschaffung der Information bis zur ...