Entscheidungsstichwort (Thema)

Beurkundungsbedürftigkeit bei Verknüpfung zweier äußerlich selbständiger Verträge

 

Normenkette

BGB § 313

 

Verfahrensgang

LG Wiesbaden (Aktenzeichen 9 O 263/99)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 9. Zivilkammer des LG Wiesbaden vom 5.5.2000 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Wert der Beschwer beträgt 22.320 DM.

 

Gründe

Von der Darstellung eines Tatbestandes wird gem. § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

Die Berufung ist zulässig. Insbesondere wurde sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet.

Sie ist jedoch in der Sache erfolglos.

Das LG hat der Klage zu Recht stattgegeben. Der Anspruch der Kläger auf Rückzahlung des angezahlten Betrags folgt aus § 812 BGB, da der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag unwirksam ist (§ 125 BGB).

Ob bereits eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung Erfolg hätte, kann allerdings offenbleiben.

Der Senat hält den Vertrag vom 4.6.1999 ebenso wie das LG für beurkundungsbedürftig, ohne dass es dafür auf eine Beweisaufnahme ankäme.

Nach § 313 BGB bedarf ein Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, das Eigentum an einem Grundstück zu übertragen oder zu erwerben, der notariellen Beurkundung. Der Fertighausvertrag enthält allerdings keine unmittelbare Verpflichtung der Kläger zum Erwerb eines Grundstücks. Eine Beurkundungsbedürftigkeit ergibt sich aber daraus, dass der abgeschlossene Vertrag mit dem in Aussicht genommenen Grundstückskauf rechtlich zusammenhing.

Auch der aus mehreren selbstständigen Verträgen bestehende zusammengesetzte Vertrag kann insgesamt beurkundungspflichtig sein. Eine rechtliche Einheit zweier äußerlich selbstständiger Vereinbarungen ist dann anzunehmen, wenn sie nach dem Willen der Parteien derart voneinander abhängen, dass sie miteinander stehen und fallen sollen (BGHZ 76, 49). Die Einheitlichkeit wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Rechtsgeschäfte unterschiedlichen Vertragstypen angehören und an ihnen zum Teil verschiedene Personen beteiligt sind (BGH NJW 1992, 3238 m.w.N.). Die Niederlegung mehrerer selbstständiger Verträge in verschiedenen Urkunden begründet zwar die Vermutung, dass die Verträge nicht in rechtlichem Zusammenhang stehen sollen. Diese Vermutung ist jedoch widerlegt, wenn die Parteien die rechtliche Einheit übereinstimmend gewollt haben. Sogar wenn nur einer der Vertragspartner einen solchen Willen zeigt und der andere ihn anerkennt oder zumindest hinnimmt, kann ein einheitliches Vertragswerk vorliegen und damit gem. § 313 BGB insgesamt beurkundungsbedürftig sein, wenn eine Pflicht zum Erwerb oder zur Veräußerung eines Grundstücks miterfasst wird (BGH ZIP 1985, 292, st. Rspr.; vgl. nur OLG Schleswig v. 31.5.1990 – 11 U 187/88, NJW-RR 1991, 1175; OLG Hamm v. 10.3.1995 – 25 U 73/94, NJW-RR 1995, 1045).

Ein rechtlicher Zusammenhang ist mithin gegeben, wenn zumindest eine Partei für die andere erkennbar ausdrücklich oder stillschweigend den Abschluss des einen Geschäfts zur – nicht notwendigerweise rechtsgeschäftlichen (BGH NJW 1984, 869) – Bedingung für den Abschluss des anderen Geschäfts gemacht hat (Kanzleiter in Münch/Komm., BGB, § 313 Rz. 52; Staudinger/Wufka, BGB, § 313 Rz. 60).

Allein die Tatsache, dass ein Haus nicht ohne ein Grundstück errichtet werden kann, ist allerdings grundsätzlich nicht ausreichend, um den rechtlichen Zusammenhang herzustellen. Maßgeblich ist vielmehr der sog. Verknüpfungswille der Parteien (BGHZ 76, 49). Dafür ist ein wichtiges Indiz der wirtschaftliche Zusammenhang (BGH v. 12.7.1979 – III ZR 18/78, DNotZ 1980, 344), weil mangels entgegenstehender Anhaltspunkte davon auszugehen ist, dass sich der angestrebte wirtschaftliche Zweck und die gewollte rechtliche Gestaltung entsprechen. Ist der wirtschaftliche Zweck des einen von dem anderen Rechtsgeschäft abhängig, so ist davon auszugehen, dass die Vertragstelle beide Geschäfte als einheitliches wollen, unabhängig davon, ob das andere Geschäft mit demselben oder einem anderen Vertragspartner abgeschlossen wird, sofern die Möglichkeit des Einflusses auf das andere Geschäft besteht (Kanzleiter in MünchKomm/BGB, § 313 Rz. 52).

Vorliegend besteht allerdings die Besonderheit, dass ein konkretes Grundstück von den Parteien noch nicht ins Auge gefasst war und die Beklagte auch nicht verpflichtet war, den Klägern ein bestimmtes oder auch nur geeignetes Grundstück zu vermitteln oder zu verkaufen.

Diese fehlende Erwerbsverpflichtung hat der BGH in den Entscheidungen BGHZ 76, 49 und ZIP 85, 292 zum Anlass genommen, eine rechtliche Einheit abzulehnen. Ebenso hat auch das OLG Koblenz (v. 14.10.1993 – 6 U 1763/91, MDR 1993, 1187 = NJW-RR 1994, 295) für einen vergleichbaren Fall entschieden. In BGHZ 78, 347 hat der BGH eine rechtliche Einheit angenommen, weil dort der für den Bau einer Doppelhaushälfte in Aussicht genommene Grundstücksteil bereits konkretisiert war (ähnlich auch OLG Hamm v. 10.3.1995 – 25 U 73/94, NJW-RR 1995, 1045; OLG Schle...

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