Leitsatz (amtlich)
Bei einer auf eine Bandscheibenschädigung beruhenden Beeinträchtigung der körperlichen Leistungsfähigkeit ist der Versicherungsnehmer dafür beweispflichtig, dass ein Unfallereignis die überwiegende Ursache für die Bandscheibenschädigung gewesen ist.
Normenkette
AUB 88 § 7
Verfahrensgang
LG Darmstadt (Urteil vom 04.08.2004; Aktenzeichen 23 O 222/02) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 23. Zivilkammer des LG Darmstadt vom 4.8.2004 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten der Berufung zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die Klägerin hat die Beklagten aus einer zwischen den Parteien bestehenden Unfallversicherung wegen einer behaupteten unfallbedingten Minderung der Erwerbsfähigkeit und auf Zahlung einer Übergangsleistung in Anspruch genommen.
Sie hat behauptet, am 7.7.2000 durch Verfehlen eines Bürostuhles gestürzt und dadurch eine Dauerschädigung der Wirbelsäule davongetragen zu haben, die zu einer mit 10 % zu bewertenden Invalidität geführt habe.
Das LG hat nach Einholung eines orthopädischen Sachverständigengutachtens des Oberarztes Dr. med. X. durch Urt. v. 4.8.2004, wegen dessen Einzelheiten auf Bl. 109 und 110 d.A. verwiesen wird, die Klage abgewiesen.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, hinsichtlich deren versäumter Einlegungsfrist der Klägerin Wiedereinsetzung gewährt worden ist. Die Berufung sieht in den Entscheidungsgründen eine unzulänglich begründete Abweisung des Klageanspruchs und meint, das Sachverständigengutachten sei unzulänglich, da es ausschließlich auf Wahrscheinlichkeitsbetrachtungen gestützt werde. Unter Bezugnahme auf vorgelegte Privatgutachten meint die Klägerin, dass sich die Ursächlichkeit zwischen Unfallgeschehen und festgestellter Schädigung sehr wohl herleiten lasse. Jedenfalls treffe die Beklagte die Beweislast für die fehlende Ursächlichkeit des Unfallgeschehens für die eingetretene Dauerschädigung der Wirbelsäule. Das ergebe sich daraus, dass der bisherige erhebliche Zeitablauf seit dem Unfallgeschehen, der die Beweisführung erschwert habe, ausschließlich auf das außergerichtliche Verhalten der Beklagten zurückzuführen sei. Da die Klägerin Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen der behandelnden Ärzte vom 10.7.2000 bis zum 20.12.2000 vorgelegt habe, sei auch der Anspruch auf Übergangsleistung begründet. Immerhin sei der Klägerin von der Beklagten aufgegeben worden, Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen einzureichen, so dass die schließlich erfolgte Abweisung dieses Anspruchs eine verfahrensfehlerhafte Überraschungsentscheidung darstelle.
Die Klägerin beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an die Klägerin 6.288,80 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.10.2001 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Die Beklagten beziehen sich darauf, dass der Sachverständige Dr. X. die von der Klägerin behauptete Unfallursächlichkeit nicht bestätigt habe, der Ursachenzusammenhang zwischen behauptetem Unfall und Körperschädigung nicht nachgewiesen sei. Überdies seien Schädigungen an Bandscheiben nicht versichert. Das könne nur dann angenommen werden, wenn ein unter den Unfallversicherungsvertrag fallendes Unfallereignis die überwiegende Ursache von Unfallfolgen gewesen sei. Diesen Nachweis habe die Klägerin nicht erbracht. Weiterhin hätten Krankheiten und Gebrechen bei der Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit mitgewirkt, was sich daraus ergebe, dass nach den Feststellungen des gerichtlich bestellten Gutachters erhebliche Bandscheibenveränderungen vorgelegen hätten.
Die zulässige Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg. Unter Berücksichtigung der erstinstanzlichen Darlegung, die zur Ergänzung des Sachverhalts und der rechtlichen Würdigung heranzuziehen sind, ist ein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagten auf Erbringung einer Invaliditätsentschädigung nach § 7 Abs. 1 (1) AUB 88 ausgeschlossen.
Einer Aufklärung des von der Klägerin behaupteten, von den Beklagten bestrittenen Unfallgeschehens, das das LG im Tatbestand des angefochtenen Urteils als unstreitig dargestellt hat, bedurfte es nicht, da die Klageabweisung aus anderen Gründen erfolgt. Der Anspruch sowohl auf die begehrte Invaliditätsleistung gem. § 7 Abs. 1 AUB 88 wie auch der Übergangsleistung gem. § 7 Abs. 2 AUB 88 setzen voraus, dass das behauptete und zu unterstellende Unfallereignis zu einer Dauerbeeinträchtigung der körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit geführt hat. Da die Klägerin auf das behauptete Unfallereignis zurückzuführende Bandscheibenschäden geltend macht, bestand eine Leistungspflicht der Beklagten nach § 2 Nr. 3 Abs. 2 nur dann, wenn ein Unfallereignis i.S.d. § 1 Abs. 3 AUB 88 die überwiegende Ursache für die Bandscheibenschädigung gewesen ist.
Dieser Deckungsausschluss, der nicht gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB verstößt (OLG Karlsruhe v. 17.3.2005 - 12 U 329/04, OLGReport Karlsruhe 2005, 323 = ...