Leitsatz (amtlich)
Eine Verletzung der Fürsorgepflicht, für eine ordnungsgemäße Funktion der Abwasserleitung zu sorgen, ist nicht gegeben, wenn die Beschädigung der Leitung eher zufällig und daher nicht ohne Weiteres vorhersehbar durch Dritteinwirkung im Verlaufe von Tiefbauarbeiten geschehen ist, die von einem als zuverlässig bekannten Fachunternehmen durchgeführt wurden und die nicht im Zusammenhang mit der Abwasserleitung erfolgt sind.
Normenkette
BGB § 839
Verfahrensgang
LG Wiesbaden (Aktenzeichen 9 O 322/02) |
Nachgehend
Gründe
I. Die Kläger sind in der Form einer BGB-Gesellschaft Eigentümer des Anwesens ... straße in O1. Sie nehmen die Beklagte aus eigenem sowie aus zediertem Recht ihres Mieters auf Ersatz eines Wasserschadens in Anspruch.
Am 27.12.2000 kam es nach starken Regenfällen zu einer Überflutung der im Untergeschoss des vorgenannten Anwesens befindlichen Räume durch eingedrungenes Oberflächenwasser, das vom Dach und Hof des klägerischen Anwesens herrührte und zu erheblichen Schäden an den Räumen und an der Einrichtung des dort vom Mieter der Kläger betriebenen Fitness-Studios führte.
Das Grundstück der Kläger grenzt an den X-bach. Jenseitig des Baches und parallel dazu verläuft ein von der Beklagten errichteter und betriebener Abwasserkanal, an den das klägerische Grundstück angeschlossen ist.
Kurze Zeit vor dem eingetretenen Überschwemmungsschaden wurden von der Streitverkündeten, der Firma A GmbH, im Auftrag der Beklagten Tiefbauarbeiten an der über den X-bach führenden Brücke vorgenommen. Der städtische Abwasserkanal verläuft unterhalb des Brückenbauwerks. Bei Auftragserteilung an die Streitverkündete wurden dieser Bestandspläne von der Beklagten ausgehändigt, aus denen der Verlauf des Abwasserkanals im Bereich des Brückenbauwerks ersichtlich ist (Bl. 23, 24, 272, 273 d.A.). Im Verlaufe des von der Streitverkündeten durchgeführten Tiefbauarbeiten an der Brücke kam es zu einem Rohrbruch an dem darunter verlaufenden städtischen Abwasserkanal, wodurch der Kanal hinter dem Anschluss an den Sammler "..." und somit in Richtung auf das klägerische Anwesen fast vollständig verschlossen wurde, so dass es deshalb zu einer Rückstaubildung gekommen war. In einem im Auftrag der Haftpflichtversicherung des Streitverkündeten erstellten Gutachten des Sachverständigen SV1 vom 9.10.2001 kam dieser zu dem Ergebnis, dass die auf dem Anwesen der Kläger installierte Entwässerungsanlage nicht der maßgeblichen DIN-Vorschrift "DIN 1986" entspreche, da die Dach- und Hofentwässerung nicht - in Fließrichtung gesehen - hinter sondern vor der unstreitig vorhandenen Rückstausicherung an das städtische Abwasserleitungssystem angeschlossen sei.
Unstreitig ist der Entwässerungsanschluss des klägerischen Anwesens an den Abwasserkanal nicht hinter dem Rückstauventil sondern davor angebracht. Nach dem Ergebnis des vorbezeichneten Gutachtens sei dies nicht fachgerecht, weil wegen des bei Rückstau bewirkten Verschlusses der vorhandenen Rückstauklappe das abzuleitende Regenwasser mangels Abflussmöglichkeit sich im hausinternen Abwassersystem aufstaue; somit liege die Ursache des entstandenen Schadens in der Fehlerhaftigkeit dieses Systems, so dass eine Schadenskausalität des Rohrbruchs zu verneinen sei. Wegen der näheren Einzelheiten wird auf Bl. 20-22 d.A. Bezug genommen.
Die Kläger haben die Streitverkündete vorprozessual erfolglos in Anspruch genommen. Nachdem deren Haftpflichtversicherung eine Einstandspflicht verneint hatte, ist die direkte Inanspruchnahme der Streitverkündeten infolge deren zwischenzeitlicher Insolvenz erfolglos geblieben.
Die Kläger haben mit ihrer daraufhin gegen die Beklagte erhobenen Klage geltend gemacht, dass unabhängig von einem Verstoß gegen DIN-Vorschriften der klägerischen Abwasseranlage, der im Übrigen bestritten werde und der ggf. wegen der insoweit von der Beklagten sanktioniert gewesenen bauaufsichtsrechtlichen Genehmigung ohnehin als irrelevant gelten müsse, davon auszugehen sei, dass der Wasserschaden entgegen den Ausführungen des Gutachters SV1 ursächlich auf dem Umstand beruhe, dass wegen des Rohrbruchs der Abwasserleitung der davon bewirkte Rückstau dazu geführt habe, dass das wegen des Starkregens entstandene Oberflächenwasser nicht in den städtischen Abwasserkanal habe abfließen können. Dies gelte unabhängig davon, ob der Anschluss der Abwasserleitung an den städtischen Kanal sich vor oder erst hinter dem Rückstauventil befunden habe, denn auch im ersteren Fall hätte das entstandene Oberflächenwasser wegen des durch den Rohrbruch verursachten Rückstaus nicht in den städtischen Kanal abgeleitet werden können.
Die Kläger haben deshalb die Auffassung vertreten, dass die Beklagte für den entstandenen Schaden unter dem Gesichtspunkt der Amtspflichtverletzung hafte.
Dies gelte schon deshalb, weil die Beklagte auf Grund des bestehenden öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnisses verpflichtet gewesen sei, für eine ordnungsgemäße Funktion des Abwass...