Leitsatz (amtlich)
Der Bürge kann sich nicht auf das VerbrKrG bzw. die entsprechenden verbraucherschützende Normen des BGB berufen, weil der Bürgschaftsvertrag kein Kredit ist und der Bürge keinen Kredit erhält. Anders ist dies dann, wenn keine Bürgschaft, sondern eine Mithaftungsübernahme oder ein gleich zu behandelnder Schuldbeitritt vorliegt.
Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der BGH diese Unterscheidung in seiner Entscheidung v. 8.11.2005 - XI ZR 34/05 - aufgegeben hat.
Normenkette
BGB §§ 355, 495, 765
Verfahrensgang
LG Darmstadt (Urteil vom 22.07.2005; Aktenzeichen 8 O 382/04) |
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das am 22.7.2005 verkündete Urteil des LG Darmstadt wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat die Kosten der Berufung zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Dem Beklagten bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch die Klägerin gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vorher Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt den Beklagten aus einer Verpflichtung in Anspruch, die dieser als ehemaliger Aktionär der A AG hinsichtlich eines Darlehens übernommen hat, das die AG von der Klägerin erhalten hat.
Wegen des Sachverhalts, des streitigen Vortrags der Parteien sowie der Beweiserhebungen in erster Instanz wird gem. § 540 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils vom 22.7.2005 (Bl. 63 ff. d.A.) verwiesen, mit dem das LG der Klage stattgegeben hat. Hinsichtlich der Urteilsbegründung wird auf die Entscheidungsgründe Bezug genommen.
Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte sowie begründete Berufung des Beklagten.
Der Beklagte trägt vor:
Er könne die Haftungsübernahme wirksam nach §§ 355, 495 BGB widerrufen.
Seine Erklärung sei nicht als Bürgschaft auszulegen, vielmehr sei er einer bestehenden Schuld der Kreditnehmerin lediglich beigetreten.
Das LG habe die Zeugen hierzu nicht unvoreingenommen gehört.
In seiner Entscheidung vom 8.11.2005 - XI ZR 34/05, habe der BGH im Übrigen die Unterscheidung zwischen Mithaftungsübernahme und Bürgschaft aufgegeben.
Der Beklagte beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil.
Der erkennende Senat hat zunächst mit Beschluss vom 4.9.2006 (Bl. 133 ff. d.A.) darauf hingewiesen, die Berufung nach § 522 II ZPO zurückweisen zu wollen. Im weiteren hat er hieran jedoch nicht festgehalten und Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt.
II. Die Berufung ist zulässig, insb. an sich statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt worden. Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Das LG hat der Klage zu Recht stattgegeben.
Der Beklagte hat für die Darlehen der A AG (Kreditnehmerin) aufgrund der Haftungsübernahme vom 15.1.2003 als Bürge einzustehen. Er war auch nicht berechtigt, sie nach §§ 355, 495 BGB zu widerrufen.
Der Beklagte kann sich nicht auf die Verbraucherschutzvorschriften - und damit auch nicht auf das Recht zum Widerruf nach §§ 355, 495 BGB - berufen. Der Beklagte war bei der Haftungsübernahme - neben Herrn B - alleiniger Aktionär der Kreditnehmerin. In dieser Eigenschaft ist er nicht anders zu behandeln als ein (geschäftsführender) Gesellschafter einer GmbH.
Die Rechtsprechung hat die Frage der Schutzwürdigkeit dieses Personenkreises in den vorliegenden Fällen primär davon abhängig gemacht, ob es sich bei der haftungsbegründenden Verpflichtung um eine Mithaftungsübernahme oder eine Bürgschaftsübernahme handelt. Liegt lediglich eine Mithaftungsübernahme - oder ein gleich zu behandelnder Schuldbeitritt - vor, hat der BGH in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass das Verbraucherkreditgesetz - heute also die entsprechenden verbraucherschützenden Normen des BGB - analog auf den geschäftsführenden Allein- oder Mehrheitsgesellschafter einer GmbH anzuwenden sind. Dieser sei nicht wie ein Kaufmann oder Unternehmer zu behandeln, sondern als Verbraucher i.S.v. § 1 I VerbrKrG (so z.B. BGH vom 8.11.2005 - XI ZR 34/05, MDR 2006, 525 = GmbHR 2006, 148 = BGHReport 2006, 381 (BKR 2006, 62) - mit weiteren Nachweisen zur vorausgegangenen Rechtsprechung).
Liegt dagegen eine Bürgschaft vor, steht der BGH auf dem Standpunkt, dass das Verbraucherkreditgesetz nicht angewendet werden könne, weil der Bürgschaftsvertrag kein Kreditvertrag sei und der Bürge keinen Kredit erhalte. Auch eine analoge Anwendung auf den Bürgschaftsvertrag hat der BGH abgelehnt (vgl. Tiedtke, NJW 2001, 1015). In einer Entscheidung vom 21.4.1998 - IX ZR 258/97, hat der BGH ausgeführt, dass die Vorschriften des VerbrKrG jedenfalls nicht für Bürgschaften gelten, die - wie hier - Kredite sichern, welche für eine bereits ausgeübte gewerbliche oder selbständige berufliche Tätigkeit bestimmt oder gem. § 3 I VerbrKrG vom Anwendungsbereich des Gesetzes ausgenommen sind.
Wie bereits im Hinweisbeschl...