Leitsatz (amtlich)

Zum Ausschluss eines Amtshaftungsanspruches wegen einer Nichtbeförderung, weil der Geschädigte es unterlassen hat, den drohenden Schaden durch Einlegung eines Rechtmittels ggü. dem Mitbewerber abzuwenden.

 

Normenkette

BGB § 839 Abs. 3

 

Verfahrensgang

LG Wiesbaden (Aktenzeichen 7 O 259/05)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 30.04.2008; Aktenzeichen III ZR 202/07)

 

Gründe

A. Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen unterlassener Beförderung in Anspruch.

Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird gem. § 540 Abs. 1 Satz 1 ZPO auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Das LG hat die Klage abgewiesen. Ein etwaiger Amtshaftungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte sei gem. § 839 Abs. 3 BGB ausgeschlossen. Denn sie habe es versäumt, gegen die Beförderung ihrer Mitbewerber im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes gem. § 123 VwGO vorzugehen.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihre erstinstanzlichen Feststellungsanträge in vollem Umfang weiterverfolgt. Unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens macht sie geltend, das LG habe zu Unrecht eine Amtspflichtverletzung der Beklagten in Zweifel gezogen. Diese habe bereits in ihrem Schriftsatz vom 24.10.2005 eingeräumt gehabt, die ihr am 21.10.1998 erteilte Regelbeurteilung für den Zeitraum vom 1.5.1997 bis zum 30.4.1998 sei wegen der strikten Beachtung der in der Beurteilungsrichtlinie enthaltenen Quotenvorgaben fehlerhaft gewesen. Die neue Beurteilung vom 5./12.6.2003 mit einer um eine volle Note besseren Endnote bestätige dies. Ihrer Auswahlentscheidung vom 20.4.2000 habe die Beklagte jedoch die rechtswidrige Beurteilung vom 21.10.1998 zugrunde gelegt. Hierdurch habe sie ihre Amtspflicht zur leistungsgerechten Bewerberauswahl gem. Art. 33 Abs. 2 GG i.V.m. § 8 Abs. 1 BBG, § 1 BLV verletzt.

Aufgrund dieser Amtspflichtverletzung sei sie nicht befördert worden. Wie sich aus der Mitteilung der Beklagten vom 8.3.2004 ergebe, wäre sie bei einer Beurteilung mit der Note 7 zur Beförderung vorgeschlagen worden. Hiernach wäre es zu erwarten und bei rechtmäßiger Entscheidung auch geboten gewesen, sie für eine Beförderung auszuwählen. In diesem Falle hätte sie am 8.12.2000 die Ernennungsurkunde erhalten und wäre rückwirkend zum 1.10.2000 in eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 12 BBesO eingewiesen worden.

Fehlerhaft sei auch die Annahme des LG, sie habe es i.S.d. § 839 Abs. 3 BGB versäumt, einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen die Beförderung ihrer Mitbewerber zu stellen. Ein solches Vorgehen sei ihr nicht zumutbar gewesen, da sie die Rechtswidrigkeit der ursprünglichen Beurteilung in einem verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren nicht hätte glaubhaft machen können. Nach einem Urteil des BGH vom 20.2.2003 (NJW 2003, 1308 ff.) finde § 839 Abs. 3 BGB keine Anwendung, wenn ein Rechtsmittel so geringe oder zweifelhafte Erfolgsaussichten biete, dass sein Gebrauch dem Geschädigten nicht zumutbar sei. So sei es in ihrem Fall gewesen.

Zwar habe der Zweitbeurteiler die starre Anwendung der Quoten ihr gegenüber in einem Gespräch unter vier Augen eingeräumt gehabt. Jedoch habe sie die starre Notenquotierung erst beweisen können, nachdem der Zeuge Z1 sie am 13.2.2003 in dem Hauptsacheverfahren vor dem VG Köln eingeräumt gehabt habe. In einem verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren hätte sie eine Zeugenvernehmung nicht beantragen können, da § 123 Abs. 3 VwGO keine Beweisaufnahme vorsehe. Auch habe sich die Beklagte in ihrem Widerspruchs-bescheid vom 25.8.1999 auf Erklärungen des Erst- und des Zweitbeurteilers berufen, wonach ihre Benotung "maßstabsgerecht" sei. Auf die Abgabe ihr günstiger eidesstattlicher Versicherungen des Erst- oder Zweitbeurteilers aufgrund entsprechender Aussagegenehmigungen habe sie nicht hoffen können. Unter diesen Umständen habe sie befürchten müssen, eine im verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren gem. § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO erforderliche Glaubhaftmachung der starren Notenquotierung werde ihr durch Abgabe einer eigenen eidesstattlichen Versicherung nicht gelingen. Der erfolglose Versuch ihres Kollegen, die Ernennung der Mitbewerber im Wege des Eilrechtschutzes zu verhindern, habe diese Befürchtung bestätigt.

Die Klägerin beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils festzustellen, dass die Beklagte ihr zum Ersatz derjenigen Schäden verpflichtet ist, die ihr aus der unterlassenen Beförderung zur Kriminal-hauptkommissarin der Besoldungsgruppe A 12 BBesO seit dem 1.10.2000 entstanden sind und noch entstehen werden, sowie festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, auf den Besoldungsschaden Prozesszinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angegriffene Urteil unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Das LG habe zu Recht einen Anspruchsausschluss gem. § 839 Abs. 3 BGB angenommen. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung sei die Inanspruchn...

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