Entscheidungsstichwort (Thema)
Verkaufsprospekthaftung: Notwendigkeit der Angabe eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag
Normenkette
InsO §§ 93, 92; ZPO § 513 Abs. 1, §§ 546, 529, 167; AktG § 309 Abs. 4, § 308 Abs. 1 S. 2; VerkaufsprospektG § 13 Abs. 1 Nr. 1, §§ 18, 1, 13 Abs. 1; BörsG § 44 Abs. 1 S. 1, §§ 45, 49, 44; HGB § 290 Abs. 1; PublG § 10 Abs. 1; BGB §§ 278, 931, 294, 286, 849, 823
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 12.03.2010) |
Tenor
Auf die Berufung der Kläger wird das am 12.3.2010 verkündete Urteil der 10. Kammer für Handelssachen des LG Frankfurt/M. abgeändert.
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger zu 1.) 94.500 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 21.2.2007 zu zahlen, der Beklagte zu 1.) alleine Zinsen in gleicher Höhe für die Zeit vom 17.10.2006 bis 20.2.2007, Zug-um-Zug gegen Übertragung der Rechte des Klägers zu 1.) aus den Inhaberschuldverschreibungen, Zinssatz 6,75 %, der A AG Nr ... (1 Stück Nennbetrag 500 EUR), Nr ... bis ... (4 Stück Nennbetrag 1.000 EUR) und Nr ... bis ... (9 Stück Nennbetrag 10.000 EUR) im Insolvenzverfahren über das Vermögen der A AG (AG Leipzig 405 IN 2046/06),
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger zu 2.) 13.000 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 21.2.2007 zu zahlen, der Beklagte zu 1.) alleine Zinsen in gleicher Höhe für die Zeit vom 17.10.2006 bis 20.2.2007, Zug-um-Zug gegen Übertragung der Rechte des Klägers zu 2.) aus den Inhaberschuldverschreibungen, Zinssatz 6,75 %, der A AG Nr ... -... (2 Stück Nennbetrag 5.000 EUR) und Nr ... bis.. (3 Stück Nennbetrag 1.000 EUR) im Insolvenzverfahren über das Vermögen der A AG (AG Leipzig 405 IN 2046/06).
Es wird festgestellt, dass sich die Beklagten mit der Annahme der vorgenannten Gegenleistung in Annahmeverzug befinden.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen und die weitergehende Berufung zurückgewiesen.
Die Beklagten haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der jeweiligen Kläger durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des für den jeweiligen Kläger vollstreckbaren Betrags abzuwenden, soweit nicht dieser i.H.v. 110 % des für ihn vollstreckbaren Betrags Sicherheit leistet.
Die Revision der Beklagten wird zugelassen.
Gründe
I. Die Kläger verlangen von den Beklagten Ersatz für den Erwerb von Inhaberschuldverschreibungen der A AG (künftig nur A), über deren Vermögen nach Insolvenzantrag vom 19.6.2006 am 1.9.2006 das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist. Der Beklagte zu 1.), zu dessen Vermögen ein Insolvenzeröffnungsverfahren läuft, war unter der Firma B e. K. zu 73 % Mehrheitsaktionär der A und auf der Grundlage eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags herrschender Unternehmer. Die A, deren Vorstand der Beklagte zu 2.) war, war ihrerseits wiederum vertraglich herrschendes Unternehmen bei mehreren Tochtergesellschaften. Für den Konzern wurde vom Beklagten zu 1.) auf Grund von Einzelweisungen ein Liquiditätsmanagement geführt, das dazu führte, dass hohe Einzelzahlungen von der A an den Beklagten zu 1.) erfolgten, die in dem Rechnungswesen der A als werthaltige Forderungen ausgewiesen sind.
In den Jahren 1999 bis 2006 legte die A insgesamt 25 Inhaberschuldverschreibungen ohne Börsenzulassung mit einem rechnerischen Gesamtvolumen von 565 Mio. EUR auf. Zu diesen 25 Schuldverschreibungen gehörte diejenige, die mit dem Prospekt "..." beworben wurde, Laufzeit fünf Jahre bei 6,75 % Jahreszinsen (ISIN ...). Der vom Beklagten zu 2.) unter dem 8.9.2004 unterzeichnete Prospekt führte zu einem ersten öffentlichen Angebot vom 1.12.2004. Der Prospekt weist auf S. 39 - ohne weitere Erläuterung - hin, dass mit dem Beklagten zu 1) als Einzelkaufmann der Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrag besteht. Die finanzielle Lage des Beklagten zu 1.) bzw. des Konzerns wurde im Prospekt nicht dargestellt. Auf Seite 19 enthält der Prospekt einen Abschnitt mit der Überschrift: "Risikohinweise". Die Möglichkeit eines Totalverlustes wird wie folgt beschreiben: "Im Fall der Insolvenz der der Gesellschaft besteht das Risiko, dass der Anleihegläubiger einen Totalverlust seiner Anlage erleidet."
Die Kläger haben behauptet, sie hätten im Februar 2005 - für insgesamt 94.500 EUR der Kläger zu 1.) und für 13.000 EUR der Kläger zu 2.) - Schuldverschreibungen der A erworben, deren Rückzahlungsansprüche in der Insolvenz der A-AG, unter Herausgabe der Wertpapiere an den Insolvenzverwalter, angemeldet worden seien. Seit 1999 seinen Zahlungen der A mit einer Höhe zwischen 37 % und 58 % der jeweiligen Anleiheeinzahlungen an den Beklagten erfolgt.
Die Kläger haben beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen,
1.) an den Kläger zu 1.) 94.500 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten ab dem 14.2.2005 bis Rechtshängigkeit, nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigke...