Entscheidungsstichwort (Thema)
Verkaufsprospekthaftung: Notwendigkeit der Angabe eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages
Normenkette
InsO § 93; ZPO § 513 Abs. 1, §§ 546, 529, 301 Abs. 1; AktG § 309 Abs. 4 S. 5; VerkaufsprospektG § 13 Abs. 1 Nr. 1, § 18 Abs. 2 S. 4, § 1; BörsG § 44 Abs. 1 S. 1, §§ 45, 49, 44, 48; AktG § 308 Abs. 1 S. 2; VerkaufsprospektV § 5 Nr. 6, §§ 2, 8 Abs. 2; HGB § 290 Abs. 1; PublG § 10 Abs. 1; WpPG § 5 Abs. 1 S. 1; BGB §§ 931, 298, 286, 288 Abs. 1, §§ 849, 823 Abs. 2; StGB § 264a Abs. 1; ZPO § 139 Abs. 5, 2, § 156 Abs. 1-2, § 91 Abs. 1, § 708 Nr. 10, § 92 Abs. 2, § 543 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 12.03.2010; Aktenzeichen 3/15 O 88/09) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 12.3.2010 verkündete Teilurteil der 15. Kammer für Handelssachen des LG Frankfurt/M. abgeändert.
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 5.000 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.2.2007 zu zahlen, Zug-um-Zug gegen Übertragung der Rechte des Klägers im Insolvenzverfahren über das Vermögen der A AG (AG Leipzig, Geschäfts-Nr. 405 IN 2046/06) aus dem Erwerb der Inhaber-Teilschuldverschreibungen der A AG, ISIN., Zinssatz 6,25 %, 5 Stück, Nennbetrag jeweils 1.000 EUR, Nr ... bis..
Es wird festgestellt, dass sich der Beklagte mit der Annahme der vorgenannten Gegenleistung in Annahmeverzug befindet.
In Höhe eines Anspruchs auf 5 % Zinsen aus 5.000 EUR vom 24.3.2005 bis 13.2.2007 wird die Klage abgewiesen und die weitergehende Berufung zurückgewiesen.
Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des für den Kläger vollstreckbaren Betrags abzuwenden, soweit nicht dieser i.H.v. 110 % des für ihn vollstreckbaren Betrags Sicherheit leistet.
Die Revision des Beklagten wird zugelassen.
Gründe
Der Kläger verlangt von dem Beklagten Ersatz für den Erwerb von Inhaberschuldverschreibungen der A AG (künftig nur A), über deren Vermögen nach Insolvenzantrag vom 19.6.2006 am 1.9.2006 das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist. Der Beklagte, zu dessen Vermögen ein Insolvenzeröffnungsverfahren läuft, war unter der Firma B e. K. zu 73 % Mehrheitsaktionär der A und auf der Grundlage eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags herrschender Unternehmer. Die A war ihrerseits wiederum vertraglich herrschendes Unternehmen bei mehreren Tochtergesellschaften. Für den Konzern wurde vom Beklagten auf Grund von Einzelweisungen ein Liquiditätsmanagement geführt, das dazu führte, dass hohe Einzelzahlungen von der A an den Beklagten erfolgten, die in dem Rechnungswesen der A als werthaltige Forderungen ausgewiesen sind.
In den Jahren 1999 bis 2006 legte die A insgesamt 25 Inhaberschuldverschreibungen ohne Börsenzulassung mit einem rechnerischen Gesamtvolumen von 565 Mio. EUR auf. Zu diesen 25 Schuldverschreibungen gehörte diejenige, die mit dem Prospekt "..." beworben wurde, bei einer Laufzeit 3 Jahren bei 6,25 % Jahreszinsen (ISIN.). Der vom Vorstand der A unter dem 2.2.2005 unterzeichnete Prospekt führte zu einem ersten öffentlichen Angebot vom 24.2.2005. Der Prospekt erwähnt auf S. 33 ohne weitere Erläuterung, dass mit dem Beklagten als Einzelkaufmann der Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrag besteht. Die finanzielle Lage des Beklagten bzw. des Konzerns wurde im Prospekt nicht dargestellt. Auf S. 22, 23 enthält der Prospekt einen Abschnitt mit der Überschrift: "Risikohinweise". Die Möglichkeit eines Totalverlustes wird wie folgt beschreiben: "Im Fall der Insolvenz der Gesellschaft besteht das Risiko, dass der Anleihegläubiger einen Totalverlust seiner Anlage erleidet." Zu den Einzelheiten wird auf den Prospekt verwiesen (Hülle Band I).
Der Kläger hat behauptet, er hätte im März 2005 für insgesamt 5.000 EUR Schuldverschreibungen der A erworben, deren Rückzahlungsansprüche in der Insolvenz der A-AG unter Herausgabe der Wertpapiere an den Insolvenzverwalter angemeldet worden seien. Seit 1999 seien Zahlungen der A mit einer Höhe zwischen 37 % und 58 % der jeweiligen Anleiheeinzahlungen an den Beklagten erfolgt. Im September 2009 hätte er erneut für 5.000 EUR Inhaberschuldverschreibungen bei der A erworben, die, wie unstreitig ist, mit dem Prospekt "..." beworben worden waren (ISIN.).
Der Kläger hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an ihn 10.000 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 % auf 5.000 EUR ab 13.5.2005 bis Rechtshängigkeit nebst Zinsen i.H.v. 5 % auf weitere 5.000 EUR ab dem 24.3.2005 bis Rechtshängigkeit, nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, Zug-um-Zug gegen Übertragung der Rechte des Klägers im Insolvenzverfahren über das Vermögen der A AG (AG Leipzig, Geschäfts-Nr. 405 IN 2046/06) aus dem Erwerb der Inhaber-Teilschuldverschreibungen der A AG, ISIN., verzinslich mit 5,5 %, 5 Stüc...