Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine richtlinienkonforme Auslegung von § 439 BGB bei Kaufvertrag zwischen Unternehmern
Normenkette
BGB §§ 278, 437 Nr. 3, § 439 Abs. 4; EGRL 44/1999 Art. 3 Abs. 3
Verfahrensgang
LG Marburg (Urteil vom 14.06.2011; Aktenzeichen 2 O 48/10) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 14.6.2011 verkündete Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des LG Marburg wird zurückgewiesen.
Auf die Berufung der Streithelferin zu 2. der Beklagten wird das am 14.6.2011 verkündete Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des LG Marburg abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 20.514,89 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.10.2009 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weiter gehende Berufung der Streithelferin zu 2. der Beklagten wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits im ersten Rechtszug mit Ausnahme der Kosten der Streithelferin zu 1. tragen die Klägerin zu 85 % und die Beklagte zu 15 %.
Die Kosten der Streithelferin zu 1. im ersten Rechtszug tragen die Klägerin zu 85 % und die Streithelferin zu 1. zu 15 %.
Die Kosten des Rechtsstreits im Berufungsrechtszug mit Ausnahme der Kosten der Streithelferinnen tragen die Klägerin zu 83 % und die Beklagte zu 17 %.
Die Kosten der Streithelferinnen im Berufungsrechtszug tragen die Klägerin zu 83 % und die Streithelferinnen ihre eigenen Kosten jeweils zu 17 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung der Beklagten und/oder der Streithelferinnen durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus diesem Urteil für diese vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte oder die Streithelferinnen vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
Die Beklagte darf die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus diesem Urteil für die Klägerin vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten um die Folgen einer mangelhaften Lieferung von Mineralfaser-Dämmplatten, die die Klägerin von der Beklagten erworben hatte. Die Beklagte hatte das Material ihrerseits von der Streithelferin zu 1. bezogen. Herstellerin ist die Streithelferin zu 2..
Die Dämmplatten mussten eine besondere Druckfestigkeit erfüllen. Nach Beginn mit dem Einbau am 18.5.2009 stellten Mitarbeiter der Klägerin fest, dass sich das Material zum Teil weicher anfühlte als üblich. Auf telefonische Mitteilung an die Streithelferin zu 1. besichtigte deren inzwischen verstorbener Geschäftsführer das Material an der Baustelle. Er bestätigte die Weichheit des Materials, erklärte aber, die Anforderungen der DIN an die Druckfestigkeit würden erfüllt. Auf Veranlassung der Streithelferin zu 1. fand am 25.5.2009 eine Dachbegehung statt, an der ein Anwendungsingenieur der Streithelferin zu 2. teilnahm. Auch dieser erklärte, die Druckfestigkeit werde erreicht. Von ihm genommene Proben wurden untersucht. Das Ergebnis, dass das Material nicht den zugesicherten Eigenschaften entspreche, wurde der Klägerin am 5.6.2009 mitgeteilt, zu einem Zeitpunkt, als die Dacharbeiten beendet waren.
Am 27.7.2009 ließ der Haftpflichtversicherer der Streithelferin zu 2. das Dach besichtigen und ein Gutachten anfertigen, das zum Ergebnis kam, die Platten seien nicht hinreichend druckfest und es liege ein Produktionsfehler vor. Außerdem seien Mängel infolge von Fehlbehandlungen durch die Klägerin festzustellen, nämlich eine mittige Verlegung der Platten, eine häufige Begehung und eine fehlerhafte Lagerung.
Da die Beklagte einer Mängelbeseitigungsaufforderung der Klägerin nicht nachkam, sanierte diese das Dach durch vollständige Neuverlegung der Dämmplatten. Den Beseitigungsaufwand stellte sie der Beklagten am 7.10.2009 mit 132.979,10 EUR netto in Rechnung.
Die Parteien streiten insbesondere darüber, ob die Beklagte der Klägerin auch Ausbaukosten und Einbaukosten schuldet und ob die Klägerin ihrer Untersuchungspflicht nach Anlieferung der Dämmplatten genügt hat.
Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird ergänzend Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Das LG hat der Klägerin die Kosten für neue Dämmplatten i.H.v. 20.514,98 EUR und Ausbaukosten i.H.v. 30.903,31 EUR nebst Zinsen zugesprochen und die Klage im Übrigen abgewiesen. Die der Klägerin entstandenen Kosten für neue Dämmplatten habe die Beklagte zu ersetzen, weil die von ihr gelieferten Dämmplatten produktionsbedingt mangelhaft gewesen seien, sie trotz Fristsetzung schuldhaft nicht nacherfüllt habe und die Klägerin keine Mitverantwortung wegen der weiteren Verarbeitung treffe, weil eine komplette Nachlieferung auf jeden Fall nötig gewesen sei. Ausbaukosten könne die Klägerin ebenfalls verlangen, weil die Beklagte im Rahmen der Nacherfüllung auch zum Ausbau verpflichtet gewesen sei. E...