Leitsatz (amtlich)
Zur Frage, ob die Einberufung zur Hauptversammlung einen Hinweis enthalten muss
a) auf den Regelungsgehalt der § 123 Abs. 3 Satz 4 AktG
b) darauf, ob ein Aktionär seine Aktien nach dem Stichtag für den "record date" bis zum Ende der Hauptversammlung halten muss.
Normenkette
AktG § 118 Abs. 1, § 121 Abs. 3, § 123 Abs. 3 S. 4, § 241
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 23.09.2008) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 5. Kammer für Handelssachen des LG Frankfurt/M. vom 23.9.2008 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.
Gründe
I. Der Kläger ist Aktionär der Beklagten und hat vorliegend Nichtigkeits- und Anfechtungsklage gegen Bestätigungsbeschlüsse der Hauptversammlung der Beklagten vom 29.5.2008 erhoben.
§ 17 der Satzung der Beklagten (Bl. 87 bis 96 d.A.), auf die wie auf sämtliche nachfolgend bezeichneten Aktenstellen Bezug genommen wird, war durch Beschluss der Hauptversammlung vom 1.12.2006 auszugsweise dahin gefasst worden:
"§ 17 Teilnahme an der Hauptversammlung Abs. 1: Zur Teilnahme an der Hauptversammlung und zur Ausübung des Stimmrechts sind nur diejenigen Aktionäre berechtigt, die sich unter Vorlage eines Nachweises ihres Anteilsbesitzes bis zum Ablauf des 7. Tages vor der Hauptversammlung bei der Gesellschaft unter der in der Einladung angegebenen Adresse oder einer in der Einladung bezeichneten Stelle angemeldet haben. Die Anmeldung bedarf der Textform (§ 126b BGB) und muss in deutscher oder englischer Sprache erfolgen.
(2) Der Nachweis des Anteilsbesitzes nach Abs. 1 muss sich auf den in der Einberufung benannten, gesetzlich bestimmten Zeitpunkt vor der Hauptversammlung beziehen. Er ist durch eine in Textform (§ 126b BGB) erstellte Bestätigung des depotführenden Instituts entweder in deutscher oder englischer Sprache zu erbringen. In der Einberufung können weitere Institute, von denen der Nachweis erstellt werden kann, zugelassen werden ..."
Auf Grundlage des neugefassten § 17 der Satzung hatte die Beklagte zu ihrer Hauptversammlung am 24.5.2007geladen. In dieser Hauptversammlung wurden u.a. folgende Beschlüsse gefasst: zu TOP 2 über die Verwendung des Bilanzgewinns für das Geschäftsjahr 2006, zu TOP 3 die Entlastung der Mitglieder des Vorstands für das Geschäftsjahr 2006, zu TOP 4 die Entlastung der Mitglieder des Aufsichtsjahrs für das Geschäftsjahr 2006, zu TOP 5 die Wahl der A AG zum Abschlussprüfer und Konzernabschlussprüfer für das Geschäftsjahr 2007 sowie zu TOP 6 die Wahl von 4 bestimmten Personen zu Aufsichtsratsmitgliedern.
U.a. der hiesige Kläger hatte im Verfahren 3/5 O 178/07 des LG Frankfurt/M. gegen den satzungsändernden Beschluss der Hauptversammlung vom 1.12.2006 Nichtigkeits- und gegen die genannten Beschlüsse der Hauptversammlung vom 24.5.2007 Nichtigkeits- und Anfechtungsklage erhoben. Das LG hatte die Nichtigkeitsklagen für unbegründet gehalten, den Anfechtungsklagen hingegen stattgegeben. Mit Urteil vom 17.3.2009 (5 U 9/08) hat der Senat die Berufung der damaligen Kläger zurückgewiesen und auf die Berufung der Beklagten die Klage abgewiesen. Die Sache ist nunmehr beim BGH anhängig (Az.: II ZR 105/09).
Zwischenzeitlich hatte die Beklagte zur Hauptversammlung am 29.5.2008 - im Bundesanzeiger am 15.4.2008 veröffentlicht - eingeladen (Bl. 49 bis 56 d.A.) unter Bekanntmachung der Tagesordnung, die zu TOP 2a) bis e) die Beschlussfassung über die Bestätigung der angefochtenen Beschlüsse der Hauptversammlung vom 24.5.2007 vorsah. In der Einladung heißt es auszugsweise zur
"Teilnahme an der Hauptversammlung ...
Zur Teilnahme an der Hauptversammlung und zur Ausübung des Stimmrechts sind gem. § 17 der Satzung diejenigen Aktionäre berechtigt, die sich unter Vorlage eines von ihrem depotführenden Institut ausgestellten Nachweises ihres Anteilsbesitzes bis zum Ablauf des 21.5.2008 (24:00 Uhr im MESZ) bei der Gesellschaft unter der nachfolgenden Adresse angemeldet haben:... Der Nachweis muss sich auf den Beginn des 8.5.2008 (0:00 Uhr MESZ) beziehen und muss ... zusammen mit der Anmeldung ... zugehen ... Nach ordnungsgemäßem Eingang des Nachweises werden den Aktionären Eintrittskarten für die Hauptversammlung übersandt ..."
In der Hauptversammlung wurden die Bestätigungsbeschlüsse gefasst, gegen die der anwesende Kläger stimmte und anschließend zur Niederschrift des Notars Widerspruch einlegte. Die Kläger hat die Auffassung vertreten, die Bestätigungsbeschlüsse seien nichtig, da sie in einer unter Verstoß gegen § 121 Abs. 3 Satz 2 AktG einberufenen Hauptversammlung gefasst worden seien, denn § 17 Abs. 2 der Satzung sei nicht nur unbestimmt und deshalb unzulässig, sondern diese Satzungsbestimmung beruhe bereits auf einem nicht...