Entscheidungsstichwort (Thema)
Altervorsorgeunterhalt bei Dreiteilungsmethode auch für die zweite Ehefrau
Leitsatz (amtlich)
1. Wird Altersvorsorgeunterhalt gefordert, ist dieser im Rahmen der Dreiteilungsmethode auch für die zweite Ehefrau zu berechnen. Bei der Bedarfsermittlung ist die zweite Ehefrau damit so zu behandeln, als sei der Scheidungsantrag zugestellt. Zur Ermittlung des Elementarunterhalts sind beide Altersvorsorgeunterhaltsbeträge vom Einkommen des Verpflichteten in Abzug zu bringen.
2. Bei der Ermittlung des Unterhaltsbedarfs nach der Dreiteilungsmethode sind im Verhältnis zur zweiten gleichrangigen Ehefrau berücksichtungsfähige Schuldendienste bei der Ermittlung des bereinigten Einkommens des Unterhaltsschuldners in Abzug zu bringen und wirken sich damit auf die Höhe des Unterhaltsanspruchs der ersten Ehefrau aus. Im Rahmen der Kontrollberechnung, bei der die zweite Eheschließung unbeachtet bleibt, sind diese Belastungen nicht zu berücksichtigen.
Normenkette
BGB § 1573 Abs. 4, § 1609
Verfahrensgang
AG Kassel (Urteil vom 07.01.2010; Aktenzeichen 520 F 1809/08) |
OLG Frankfurt am Main (Urteil vom 31.01.2001; Aktenzeichen 2 UF 155/00) |
Tenor
Auf die Berufungen wird das Urteil des AG - Familiengericht - Kassel vom 7.1.2010 - Az.: 520 F 1809/08 - abgeändert und wie folgt gefasst:
Das Urteil des OLG Frankfurt vom 31.1.2001 - Az.: 2 UF 155/2000 wird dahin abgeändert, dass der Kläger ab dem 1.7.2011 keinen Unterhalt mehr an die Beklagte zu zahlen hat.
Im Übrigen wird die Abänderungsklage abgewiesen.
Im Übrigen werden die Berufungen zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Die Parteien streiten um die Pflicht des Klägers zur Fortzahlung nachehelichen Ehegattenunterhalts.
Der am ... 1947 geborene Kläger und die am ... 1951 geborene Beklagte haben im Jahr 1974 geheiratet. Kinder sind aus ihrer Ehe nicht hervorgegangen. Nach der Trennung im Jahre 1992 ist die Ehe rechtskräftig im Jahre 1994 geschieden worden. Die Parteien haben bereits mehrere Unterhaltsverfahren geführt. Zuletzt ist der Kläger durch Urteil des Senats vom 31.1.2001 verurteilt worden, monatlich 690 DM Elementarunterhalt und 460 DM Vorsorgeunterhalt zu zahlen. Grundlage dieses Urteils waren Einkünfte des Klägers aus seiner Tätigkeit als Studienrat unter Bereinigung um Kindesunterhaltspflichten für die beiden aus einer späteren Beziehung hervorgegangenen Kinder (X, geboren am ... 1993, und Y, geboren am ... 1996). Grundlage waren ferner die um die Krankenvorsorge bereinigten Einkünfte der Beklagten aus ihrer Heilpraktikerpraxis i.H.v. 610 DM. Der Senat ging davon aus, dass es der Beklagten zumutbar wäre, im Bereich einer geringfügigen Beschäftigung 600 DM hinzuzuverdienen.
Die Beklagte war zwischen 1973 und 1975 Büroleiterin bei der ... mit einem Bruttoeinkommen i.H.v. etwa 2.000 DM. Unter im Einzelnen streitigen Umständen hat sie diese Stelle 1975 aufgegeben. Die Beklagte hat im Jahr 1976 eine Ausbildung zur Kosmetikerin gemacht, die sie als Jahrgangsbeste abgeschlossen hat. Gleichwohl hat sie in diesem Beruf nie gearbeitet. Von 1987 an hat sie eine Ausbildung zur Heilpraktikerin absolviert, die nach der Trennung der Parteien im Jahr 1994 abgeschlossen wurde. Seither ist sie als selbständige Heilpraktikerin niedergelassen, erzielt jedoch nur geringe Einkünfte.
Mit der am 10.6.2008 erhobenen Abänderungsklage hat der Kläger beantragt, den Fortfall der Unterhaltsverpflichtung seit Juli 2008 festzustellen. Zur Begründung hat er sich darauf berufen, dass die Beklagte zwischenzeitlich aus dem von ihr ausgeübten Beruf als Heilpraktikerin so hohe Einkünfte erzielen müsste, dass sie den im Urteil des Senats mit 1.800 DM (richtig: 1.900 DM) festgestellten Bedarf durch eigene Anstrengung erwirtschaften könne. Im Übrigen sei als Abänderungsgrund zu berücksichtigen, dass er im Jahr 2006 seine langjährige Lebensgefährtin geheiratet habe. Ehebedingte Nachteile habe die Beklagte nicht erlitten. All dies rechtfertige es nach dem reformierten Unterhaltsrecht, den Unterhaltsanspruch bis zum Juli 2008 zu befristen.
Im Übrigen beruft sich der Kläger auf Verwirkung. Dazu behauptet er zum einen, die Beklagte verschweige Einkünfte. Angesichts der Höhe der Unterhaltszahlungen und ihrer eigenen Einkünfte verfüge sie nach Abzug der Fixkosten (Miete 254, Vorauszahlung Strom, Gas etc. 42 EUR, Krankenversicherung 306 EUR) über lediglich 60 bzw. 100 EUR. Davon könne sie weder ihren Lebensunterhalt bestreiten noch Rücklagen schaffen, aus denen sie nach eigenem Vortrag zum Teil lebt. Zum anderen sei der Unterhaltsanspruch verwirkt, weil die Beklagte den Altersvorsorgeunterhalt nicht in eine Rentenversicherung eingezahlt habe. Die Beklagte hat - insoweit unstreitig - den ihr überlassenen Altersvorsorgeunterhalt auf einem Sparkonto angelegt und greift darauf mittlerweile auch zurück, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten.
Die Beklagte ist dem Abänderungsbegehren entgegengetreten und hat die Meinung ver...