Entscheidungsstichwort (Thema)
Wettbewerbsverstoß durch Angebot von Zahnreinigungs- und Bleachingleistungen zum Festpreis
Leitsatz (amtlich)
Das Angebot von Zahnreinigungs- und Bleachingleistungen durch einen Zahnarzt zu einem Pauschalpreis verstößt gegen die preisrechtlichen Vorschriften der Gebührenordnung für Zahnärzte und ist - da es sich bei diesen Vorschriften um Markenverhaltensregelungen handelt - zugleich unlauter im Sinne von § 4 Nr. 4 UWG.
Normenkette
UWG § 4 Nr. 4; GOZ §§ 1-2, 5 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 01.07.2015; Aktenzeichen 2-6 O 45/15) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin und unter Zurückweisung der Anschlussberufung der Beklagten wird das am 1.7.2015 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des LG Frankfurt am Main abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, es bei Androhung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zur Höhe von 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken die beruflichen Leistungen der in der von ihr betriebenen Praxis tätigen Zahnärzte anzubieten, bevor diese bei medizinisch notwendigen Leistungen die Schwierigkeit und den Zeitaufwand der einzelnen Leistungen einschätzen und/oder bei Leistungen, die über das Maß einer zahnmedizinisch notwendigen zahnärztlichen Versorgung hinausgehen, die Vergütung auf Verlangen des Patienten in einem Heil- und Kostenplan schriftlich vereinbaren konnten, wenn dies geschieht, wie nachfolgend wiedergegeben:
(Von der Abbildung der Webseite wird aus datenschutzrechtlichen Gründen abgesehen - die Red.)
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Leistung einer Sicherheit in Höhe von 60.000 EUR abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
I. Die Klägerin ist die berufsständische Vertretung der Zahnärzte in Hessen. Sie nimmt die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch, weil diese im Oktober bzw. Dezember 2014, wie in Anlagen K 2 - 4 abgebildet, über das Portal A kosmetische Zahnreinigungen zum Einzelpreis von 29,90 EUR bzw. kosmetisches Bleaching zum Einzelpreis von 149,90 EUR angeboten hat.
Auf diesem Portal können Kunden über das Angebot so genannter "Deals" Gutscheine zu Festpreisen erwerben, die bei verschiedenen Anbietern, z.B. für Restaurantbesuche, Reisen, Freizeitveranstaltungen oder Wellnessleistungen eingelöst werden können. Diese "Deals" laufen über einen begrenzten Zeitraum, was dem Interessenten über einen rückwärts laufenden "Countdown" zugleich mit einer Angabe der bereits verkauften Anzahl von Gutscheinen angezeigt wird (Anlage K 3).
Die Klägerin wirft der Beklagten vor, sie biete in unzulässiger Weise zahnärztliche Leistungen zu einem rabattierten Festpreis an, der den von der Gebührenordnung festgelegten Rahmen deutlich unterschreite, und handle daher wettbewerbswidrig.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil des LG Frankfurt am Main verwiesen. Diese sind zum einen dahingehend zu ergänzen, dass Ziffer 3.3 der zwischen der Beklagten und der Fa. A abgeschlossenen Kooperationsvereinbarung bestimmt, dass die Beklagte verpflichtet ist, A von allen etwaigen Ansprüchen der Gutscheinerwerber im Hinblick auf die im Gutschein verbriefte Leistung freizustellen. Ferner ist anzumerken, dass für das so genannte Bleaching in der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) keine Abrechnungsziffer vorgesehen ist.
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, es bei Androhung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zur Höhe von 250.000,-- EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken
1. Im Rahmen der von ihr betriebenen zahnärztlichen Praxis zu erbringende Leistungen zu bewerben oder bewerben zu lassen, wenn dies wie folgt geschieht:
(Von der Abbildung der Webseite wird aus datenschutzrechtlichen Gründen abgesehen - die Red.)
2. die beruflichen Leistungen der in der von ihr betriebenen Praxis tätigen Zahnärzte anzubieten, bevor diese bei medizinisch notwendigen Leistungen die Schwierigkeit und den Zeitaufwand der einzelnen Leistungen einschätzen und/oder bei Leistungen, die über das Maß einer zahnmedizinisch notwendigen zahnärztlichen Versorgung hinausgehen, die Vergütung auf Verlangen des Patienten in einem Heil- und Kostenplan schriftlich vereinbaren konnten, wenn dies, wie oben dargestellt geschieht.
Das LG hat dem Unterlassungsantrag zu 1.) stattgeben und zur Begründung ausgeführt, die Beklagte habe gegen §§ 4 Nr. 11 UWG a.F. in Verbindung mit § 5 Abs. 1 GOZ verstoßen, indem sie eine professionelle Zahnreinigung zu einem Preis angeboten habe, der ...