Entscheidungsstichwort (Thema)

Verjährungsbeginn bei Aufklärungsrüge

 

Leitsatz (amtlich)

Ist überhaupt keine Aufklärung erfolgt, so ist dies dem Patienten von Anfang an bekannt; steht dazu für ihn überdies fest, dass der Eingriff im Rahmen der ihm anhaftenden Risiken zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen geführt hat, so beginnt der Lauf der Verjährungsfrist für Ansprüche aus Mängeln der Eingriffs- und Risikoaufklärung.

 

Normenkette

BGB § 199 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 07.05.2015; Aktenzeichen 2-14 O 254/14)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 7. Mai 2015 verkündete Urteil der 14. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits im zweiten Rechtszug zu tragen.

Das Urteil und die angefochtene Entscheidung sind vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der am XX.XX.1960 geborene Kläger macht gegen den beklagten Arzt Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit einem operativen Eingriff geltend.

Der Kläger litt 2007 u. a. an Herzinsuffizienz, hochgradiger Niereninsuffizienz und Diabetes mellitus. Der Beklagte ist Belegarzt im Klinik1 in Stadt1.

Am 16. Oktober 2007 wurde der Kläger durch den Beklagten operiert, der ein tiefes Rectum-Carcinom des Klägers entfernte, hierbei das Rectum amputierte und dem Kläger einen künstlichen Darmausgang legte. Im Rahmen dieser Operation wurde dem Kläger ein suprapubischer Blasenkatheter gelegt, welchen, nachdem er sich nicht ohne Weiteres "ziehen" ließ, der Beklagte in einer weiteren Operation am 26. Oktober 2007 entfernte.

Ausweislich des Operationsberichts vom 26. Oktober 2007 (Bl. 21 d. A.) zeigte sich, dass "der Katheter an der Fasciennaht fixiert" war.

Der Kläger hat behauptet, das Einbringen des suprapubischen Blasenkatheters sei behandlungsfehlerhaft erfolgt; dieser sei nämlich durch den Beklagten an der Fasciennaht fixiert worden und habe deswegen operativ entfernt werden müssen.

Auch habe der Kläger weder in das Legen eines suprapubischen Blasenkatheters eingewilligt noch in dessen Entfernung; er sei über beides nicht aufgeklärt worden. Wäre er darüber aufgeklärt worden, dass ein suprapubischer Blasenkatheter gelegt werden würde, der ggf. operativ wieder entfernt werden müsse, hätte er zumindest eine Zweitmeinung eingeholt.

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an ihn ein der Höhe nach angemessenes Schmerzensgeld, welches EUR 15.000,00 nicht unterschreiten sollte und dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, sowie 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger EUR 20,00 an Auslagen zu zahlen, und

den Beklagten zu verurteilen, an die B GmbH, Stadt2, zu deren Schadensnummer ... den Betrag von EUR 1.261,40 "nebst 5 % Zinsen" über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit für außergerichtliche Rechtsanwaltskosten zu zahlen.

Der Beklagte, der die Einrede der Verjährung erhoben hat, hat erstinstanzlich beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat behauptet, die intraoperativ vorgefundene Fixierung des Katheters beruhe nicht auf einer durch den Beklagten gesetzten Naht, sondern sei Folge des Heilungsprozesses an der Fasciennaht. Der Katheter sei durch Vernarbungen des dortigen Gewebes "festgebacken".

Er habe den Kläger am 15. Oktober 2007 umfassend über die Operation aufgeklärt und ihm auch erläutert, dass ein Blasenkatheter gelegt werde. Am 26. Oktober 2007 sei dem Kläger die Erforderlichkeit des operativen Vorgehens durch den Beklagten erläutert worden, nachdem der Katheter nicht durch einen einfachen Zug habe entfernt werden können.

Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird ergänzend Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.

Zur Begründung hat das Landgericht u. a. ausgeführt, etwaige Behandlungsfehler seien verjährt. Hinsichtlich der Aufklärungsrüge sei davon auszugehen, dass dem Kläger das beabsichtigte Legen eines Blasenkatheters bekannt gewesen sei.

Wegen der näheren Einzelheiten der Begründung wird auf das angegriffene Urteil vom 7. Mai 2015 (Bl. 258 ff. d. A.) verwiesen.

Gegen dieses seinem Prozessbevollmächtigten am 19. Mai 2015 (Bl. 265 d. A.) zugestellte Urteil hat der Kläger mit einem hier per Fax am 4. Juni 2015 eingegangenen Schriftsatz vom selben Tage Berufung eingelegt (Bl. 270 ff. d. A.) und diese sogleich begründet.

Mit der Berufung verfolgt der Kläger seine erstinstanzlichen Rechtsschutzziele weiter.

Zur Begründung rügt er u. a., es könne ihm nicht unterstellt werden, dass er aufgrund des Umstandes, dass er im Vorfeld bereits einige Operationen über sich habe ergehen lassen müssen, die teilweise beinhaltet hätten, dass ein Blasenkatheter gelegt worden sei, auch im vorliegenden Fall wissen oder davon habe ausgehen müssen, dass auch bei dieser Operation das Legen eines Blasenkatheters erforderlich sein werde.

Entgegen der Ansicht des Landgerichts sei hier auch...

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