Entscheidungsstichwort (Thema)
Hemmung der Verjährung durch Verhandlungen über Anspruch
Normenkette
BGB § 203
Verfahrensgang
LG Marburg (Urteil vom 14.06.2021; Aktenzeichen 2 O 151/20) |
Tenor
Ein Rechtsmittel ist nicht bekannt geworden.
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Marburg vom 14. Juni 2021 teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Anschlussberufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen, mit Ausnahme der Kosten des Streithelfers auf Seiten der Klägerin, der diese selbst zu tragen hat.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des auf Grund des Urteils insgesamt vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Der Wert des Streitgegenstandes für das Berufungsverfahren wird auf 108.567,82 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin ist Anbieterin von Motorradzubehör mit Hauptsitz in Stadt1. Auf ihrem dortigen Betriebsgelände ließ sie im Jahre 2012 ein neues Gebäude errichten, wobei ausweislich der am 17. Juli 2012 erteilten Baugenehmigung das Obergeschoss für Büroräume der Abteilung Verkauf und Disposition genutzt werden sollte. Die Dacheindeckung vergab die Rechtsvorgängerin der Klägerin an den Beklagten, wobei die Anwendung der VOB/B vereinbart wurde. Eine förmliche Abnahme der vom Beklagten ausgeführten Arbeiten erfolgte nicht. Im Anschluss an diese Arbeiten brachte die I GmbH sodann durch Versetzen von einem anderen Gebäude auf dem Dach eine Photovoltaikanlage an.
Mit Schlussrechnung vom 2. November 2012 machte der Beklagte unter Berücksichtigung bereits geleisteter Anzahlungen in Höhe von 30.940,- EUR einen verbleibenden Betrag in Höhe von 7.200,45 EUR gegenüber der Klägerin geltend. Diese Schlussrechnung bezog sich auf das Angebot 120122. Die Klägerin beglich diesen Betrag nach Rechnungsprüfung am 7. November 2012 mit Zahlung vom 8. November 2012 vollständig.
Bereits im Jahr 2014 kam es nach dem Einzug der Verkaufsabteilung der Klägerin unmittelbar nach dem Innenausbau zu Feuchtigkeitsproblemen im Bereich des Daches.
Am 28. Juni 2016 bat der Geschäftsführer A der Klägerin den Beklagten per WhatsApp darum, dass er sich das Dach im Bürogebäude nochmals anschaue, weil dieses immer noch lecken würde, was der Beklagte per WhatsApp noch am selben Tage zusagte.
Im März 2017 ließ die Klägerin die Photovoltaikanlage auf dem Dach durch die I GmbH versetzen. Im Rahmen dieser Arbeiten brachte der Beklagte im Überdeckungs-/Stoßbereich zwischen den Sandwichelementen Flüssigkunststoff zur Abdichtung an, ohne dass dadurch die Feuchtigkeitsproblematik beseitigt wurde. Am 6. November 2017 stellte der Beklagte der Klägerin für die Abdichtung des Daches mit Flüssigkunststoff einen Betrag in Höhe von 1.145,49 EUR brutto in Rechnung. Die Klägerin beglich diese Rechnung nicht.
Sodann war der Beklagte im Februar und Mai 2018 im Zusammenhang mit Starkregenereignissen vor Ort, zudem in den vorhergehenden Jahren seit Herstellung der Dacheindeckung in weiteren vier bis fünf Fällen, wobei die genauen Daten nicht bekannt sind.
Im Rahmen eines von der Klägerin beauftragten Privatgutachtens stellte der Privatgutachter B nach einem Ortstermin am 12. April 2019 in seinem Gutachten vom 11. Juni 2019 verschiedene Mängel des Daches fest.
Mit Schreiben vom 3. September 2019 teilte die Herstellerin der für das Dach verwendeten Sandwichplatten, die Firma J GmbH & Co KG mit, dass man eine grundsätzliche Ausführbarkeit des Daches mit Querstößen sehe, worauf der Beklagte gegenüber der Klägerin erklärte, dass er für die im Privatgutachten B festgestellten Mängel nicht verantwortlich sei.
Die Klägerin leitete mit einem beim Landgericht Marburg am 14. November 2019 eingegangenen und dem Beklagten am 26. November 2019 zugestellten Schriftsatz unter dem Az. ... gegen den Beklagten ein selbständiges Beweisverfahren ein. Der gerichtlich bestellte Sachverständige K erstattete am 4. Mai 2020 ein schriftliches Sachverständigengutachten und am 18. August 2020 ein schriftliches Ergänzungsgutachten, wobei er die Kosten der Mangelbeseitigung auf 80.600,- EUR netto (= 95.914,- EUR brutto) schätzte.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 18. Mai 2020 forderte die Klägerin den Beklagten erfolglos unter Fristsetzung bis zum 2. Juni 2020 zur Zahlung eines Kostenvorschusses in Höhe von 95.914,- EUR auf.
Das selbständige Beweissicherungsverfahren endete durch Erhebung der Klage im vorliegenden Rechtsstreit, die am 30. September 2020 beim Landgericht einging und dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten am 14. Oktober 2020 zugestellt wurde, mit der sie den Beklagten auf Zahlung des vom Sachverständigen K ermittelten Kostenvorschuss zur Mängelbeseitigung in Anspruch genommen hat.
Der Kläger hat behauptet, die Dacheindeckung des Beklagten sei handwerklich ...