Entscheidungsstichwort (Thema)
Anwendbares Recht bei Vindikation nationaler Teile eines Bündelpatents
Leitsatz (amtlich)
1. Eine Auslegung von § 60 Abs. 1 Satz 2 EPÜ dahingehend, dass die Vorschrift nicht nur eine Kollisionsnorm für das Recht auf die Diensterfindung enthält, sondern zugleich eine Kollisionsnorm für die Vindikation darstellt, entspricht dem Sinn und Zweck der Regelung, den Arbeitsnehmer zu schützen und ihm eine Vindikation nach einer unter Umständen Vielzahl von Rechtsordnungen zu ersparen (ebenso OLG Karlsruhe, Urteil vom 13.4.2018 - 6 U 161/16 - Rohrleitungsprüfung).
2. Eine Erfindungsmeldung kann trotz fehlender Unterschrift eines Miterfinders nach § 5 Abs. 1 ArbnErfG a.F. wirksam sein, wenn eine Auslegung ergibt, dass die Meldung auch im Namen der Miterfinder abgegeben wird.
3. Eine Inanspruchnahme einer Arbeitnehmererfindung genügt nicht den Anforderungen des § 6 Abs. 2 ArbnErfG a.F., wenn keine Unterschrift, sondern eine "Oberschrift" vorliegt und daher die darunter angeordnete Inanspruchnahme nicht hinreichend sicher zuzuordnen ist.
4. Der Vindikation der nationalen Teile eines Bündelpatents kann der Beklagte die Einrede des Zurückhaltungsrechts nach § 1000 BGB entgegenhalten, da ihm ein Ersatzanspruch hinsichtlich der für die Aufrechterhaltung der Schutzrechte entstandenen Kosten zusteht.
Normenkette
ArbNErfG § 5 Abs. 1, § 6 Abs. 2; EPÜ § 60 Abs. 1 S. 2; EPÜ Art. II § 5
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 28.04.2010; Aktenzeichen 2-6 O 696/08) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 28.4.2010 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main teilweise abgeändert und insgesamt neu gefasst wie folgt:
1. Die Beklagte wird verurteilt zu erklären, dass sie mit dem Kläger einig ist, dass die Eigentume an dem Europäischen Patent 1, an dessen in den nachfolgenden Staaten befindlichen nationalen Teilen, welche die im Antrag zu 3. geschilderte Erfindung und/oder dieselbe in der dem Europäischen Patent 1 zugrunde liegenden Europäischen Patentanmeldung Nr. 2 offenbarte Erfindung betreffen, an den Kläger, Herrn Vorname1 Nachname1, Frau Vorname2 Nachname2 und Frau Vorname3 Nachname3 in Bruchteilsgemeinschaft zu ideellen Teilen übergehen sollen
- Österreich (...)
- Belgien
- Schweiz (...)
- Deutschland (...)
- Dänemark (...)
- Spanien (...)
- Frankreich
- Großbritannien
- Griechenland
- Irland
- Liechtenstein
- Niederlande
- Polen (...)
- Portugal
- Slowenien (...)
- Türkei
- Albanien
- Kroatien
- Litauen
- Lettland
- Makedonien
- Norwegen (...)
und dass sie in die entsprechenden Eintragungen des Klägers, Herrn Vorname1 Nachname1s, Frau Vorname2 Nachname2s und Frau Vorname3 Nachname3 in die Register bei dem Europäischen Patentamt und der jeweiligen nationalen Patentbehörde einwilligt.
Die Verurteilung der Beklagten erfolgt Zug um Zug gegen Zahlung eines Betrages von 140.146,61 EUR.
2. Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit hinsichtlich des Klageantrags zu 1. in der Hauptsache erledigt ist, soweit dieser sich ursprünglich auf folgende Territorien bezog: Bulgarien, Tschechische Republik, Finnland, Ungarn, Italien, Rumänien, Schweden, Slowakei, Zypern, Luxemburg, Estland und Monaco.
3. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger, Herrn Vorname1 Nachname1, Frau Vorname2 Nachname2 und Frau Vorname3 Nachname3, darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie und/oder mit ihr verbundene Unternehmen in der Bundesrepublik Deutschland flexible Verpackungsbehältnisse aus Kunststoff, bei welchen mittels Schweiß- oder Klebenähten durch einen Überlapp zwischen den beiden Außenkanten einer zur Herstellung des Verpackungsbehältnisses dienenden Folie ein Bereich (4) - gemäß Figur 1 der europäischen Patentschrift gemäß Anlage K 1 zur Klageschrift - mit innerer und äußerer Wandung gebildet ist, wobei in der inneren Wandung Öffnungen vorgesehen sind, die einen Gasaustritt aus dem Inneren des Behältnisses in den Bereich (4) zwischen der inneren und äußeren Wandung ermöglichen.
hergestellt, vertrieben, in Verkehr gebracht oder Lizenzen daran an Dritte übergeben haben,
bei denen die den Bereich (4) einschließenden Quer-Schweiß- bzw. Klebenähte zumindest in einem Teilbereich so ausgebildet sind, dass ein kontrollierter Gasaustritt zum Abbau eines während oder nach der Füllung auftretenden Überdrucks gewährleistet ist,
und/oder
bei denen insbesondere
die besagten Öffnungen Perforationen sind
und/oder
es sich um einen FFS-Schlauch, Blocksack, offenen Seitenfalten- und/oder Flachsack, Ventilkastensack (geklebt und geschweißt) oder Kreuzbodensack, insbesondere um einen FFS-Schlauch handelt,
und/oder
der Bereich (4) mit innerer und äußerer Wandung durch einen Überlapp zwischen den beiden Außenkanten einer zur Herstellung des Verpackungsbehältnisses dienenden Flachfolie gebildet ist,
und/oder
die Schweiß- bzw. Klebenaht durch einseitige oder mehrseitige, vollflächige oder partielle Auftragung eines Trennmediums auf den Kunststoff vor dem Verschweißen bzw. Verkleben geschwächt ist und ...