Entscheidungsstichwort (Thema)

Abgabe einer Freigabeerklärung; Zinsschaden

 

Leitsatz (amtlich)

Zur entsprechenden Anwendung von § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB (alte Fassung) auf die Verpflichtung zur Abgabe einer Freigabeerklärung.

 

Normenkette

BGB § 288 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Darmstadt (Aktenzeichen 8 O 638/03)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 25.04.2006; Aktenzeichen XI ZR 271/05)

 

Tatbestand

Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen A (im Folgenden A GmbH) mit Sitz in O1 und macht als solcher gegen den Beklagten einen Schadensersatzanspruch wegen verspäteter Abgabe einer Freigabeerklärung geltend.

Die A GmbH war Inhaberin zweier bei der ... sparkasse ... geführter Konten mit den Nummern ... und ..., deren Guthaben der Geschäftsführer der A GmbH mit Schreiben vom 12.12.1998 zugunsten des Beklagten verpfändet hatte.

Die ... sparkasse ... teilte dem Kläger auf dessen Nachfrage hin mit Schreiben vom 17.2.2000 mit, dass das von der Schuldnerin unterhaltene Girokonto mit der Nummer ... einen Saldo i.H.v. 271.055,77 DM aufweise. Eine Auszahlung an den Kläger erfolgte wegen der angezeigten Verpfändung des Guthabens nicht.

Mit Schreiben vom 28.3.2000 forderte der Kläger den Beklagten zur Abgabe der Freigabeerklärung bezüglich des vorbezeichneten Kontos bis zum 31.3.2000 auf. Der Beklagte kam dem nicht nach.

Daraufhin hinterlegte die Sparkasse ... das auf dem fraglichen Konto befindliche Guthaben zzgl. Zinsen, insgesamt 271.512 DM, beim AG O1.

In einem vor dem LG Darmstadt unter dem Aktenzeichen 17 O 211/02 geführten Rechtsstreit erstritt der Kläger ein seit dem 11.9.2003 rechtskräftiges Urteil, wodurch der Beklagte verurteilt wurde, ggü. dem AG O1 (Hinterlegungsstelle) die Freigabe des streitgegenständlichen Guthabens zu erklären. Dem kam der Beklagte am 25.9.2003 nach. Der Hinterlegungsbetrag i.H.v. 271.512 DM wurde sodann am 16.10.2003 an den Kläger ausgezahlt.

Mit der vorliegenden Klage nimmt der Kläger den Beklagten auf Zahlung von Verzugszinsen gem. § 288 Abs. 1 BGB a.F. i.H.v. 4 % aus dem hinterlegten Betrag für den Zeitraum vom 1.4.2000 bis zum 25.9.2003 in Anspruch.

Der Kläger hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an ihn, den Kläger, 19.340 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 6.12.2003 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Er hat bestritten, mit der von ihm geforderten Freigabeerklärung in Verzug geraten zu sein; das Schreiben des klägerischen Bevollmächtigten vom 28.3.2000 sei für eine verzugsbegründende Mahnung inhaltlich zu unbestimmt und die hierin gesetzte Frist zu kurz bemessen gewesen.

Das LG hat im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 9.9.2004 darauf hingewiesen, dass der geltend gemachte Schadensersatzanspruch nach seiner Auffassung der Höhe nach nicht schlüssig dargetan sei, da nach § 288 Abs. 1 BGB a.F. eine Verzinsung nur bei Geldschulden stattfinde, der Beklagte hier aber keine Geldschuld, sondern die Abgabe einer Willenserklärung geschuldet habe.

Mit am 9.9.2004 verkündetem Urteil hat das LG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es u.a. ausgeführt:

Zwar komme vorliegend ein Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten aus Verzug oder positiver Forderungsverletzung dem Grunde nach in Betracht, da er zur Abgabe der von ihm geforderten Freigabeerklärung verpflichtet gewesen sei; allerdings habe der Kläger nicht schlüssig dargetan, dass der Gemeinschuldnerin wegen der verspäteten Freigabe des streitgegenständlichen Guthabens durch den Beklagten ein Schaden in der behaupteten Höhe entstanden sei; § 288 BGB a.F., auf den der Kläger sein Schadensersatzbegehren stütze, beziehe sich ausdrücklich nur auf Geldschulden; der Beklagte sei vorliegend jedoch nicht mit einer solchen Geldschuld in Verzug gewesen, sondern er habe "lediglich" die Abgabe einer Willenserklärung geschuldet; auf einen solchen Fall sei die Vorschrift des § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. aber weder direkt noch analog anwendbar. Der Kläger hätte vielmehr, so das LG weiter, konkret dartun müssen, inwiefern der Gemeinschuldnerin ein Schaden entstanden sei, z.B. in Form entgangener Gewinnmöglichkeiten auf Grund der Nichtverfügbarkeit des umstrittenen Guthabens; hierzu fehle es indes an jeglichem Vortrag seitens des Klägers.

Gegen dieses ihm am 21.10.2004 zugestellte Urteil hat der Kläger in zulässiger Weise Berufung eingelegt, mit der er sein erstinstanzliches Zahlungsbegehren weiter verfolgt.

Er ist der Auffassung, dass § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. jedenfalls entsprechend auf Fälle wie dem hier vorliegenden anzuwenden sei, und beruft sich dabei insbesondere auf die Entscheidung des BGH vom 26.4.1979 (NJW 79, 1494 ff.); wirtschaftlich betrachtet, so der Kläger, sei der der Schuldnerin entstandene Schaden in Form verhinderter Nutzungsmöglichkeit des Hinterlegungsbetrages unabhängig davon eingetreten, ob sich das Geld direkt beim Beklagten befunden und dieser die Herausgabe oder der Beklagte rechtswidrig die Abgabe der Freigabeerklärung ggü. der Sparkasse bzw. der Hinterlegungsstelle verweigert habe...

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