Entscheidungsstichwort (Thema)
Nutzungsentschädigung für Geschäftsführerfahrzeug; Schwacke statt Fraunhofer
Leitsatz (amtlich)
1. Bei Anmietung eines Ersatzfahrzeugs keine abstrakt berechnete Nutzungsentschädigung für ein Geschäftsführerfahrzeug.
2. Bei der Ermittlung des Normaltarifs für einen Mietwagen ist der Schwacke Mietpreisspeigel vorzugswürdig.
Normenkette
BGB §§ 249, 251
Verfahrensgang
LG Gießen (Urteil vom 27.11.2014; Aktenzeichen 5 O 243/13) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Einzelrichters der 5. Zivilkammer des LG Gießen vom 27.11.2014 abgeändert und wie folgt neu gefasst:Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3.965,10 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.5.2013 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 137,20 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 5.8.2013 zu zahlen.
Im Übrigen werden die Klage abgewiesen und die weiter gehende Berufung zurückgewiesen.
Von den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens haben die Klägerin 7 %, die Beklagte 93 % zu tragen. Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben die Klägerin 10 %, die Beklagte 90 % zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Die Klägerin verlangt restlichen Schadensersatz für die Beschädigung ihres Geschäftsführerfahrzeugs, das durch den Versicherungsnehmer der Beklagten bei dem Unfall vom ... 2012 beschädigt wurde. Die Einstandspflicht der Beklagten ist unstreitig. Die Klägerin hat für die Zeit vom Unfalltag bis zum 1.1.2013 ein Ersatzfahrzeug angemietet, wofür ihr 4.573,11 EUR netto berechnet wurden. Auf diese Kosten hat die Beklagte 1.745,85 EUR bezahlt. Im erstinstanzlichen Verfahren hat die Klägerin zunächst die restlichen Kosten des Mietwagens verlangt; später ist sie dazu übergegangen, Nutzungsausfall für 25 Tage zu je 175 EUR, somit 4.375 EUR abzüglich des geleisteten Betrags zu verlangen.
Mit dem angefochtenen Urteil hat das LG der Klägerin weitere 1.595,16 EUR zugesprochen, bezüglich der Mietwagenkosten bzw. des Nutzungsausfalls aber angenommen, dass mit der Zahlung der Beklagten dieser Teil des Schadens abgegolten sei. Die Klägerin könne, da sie einen Mietwagen benutzt habe und ihr deshalb kein Nutzungsausfall entstanden sei, keinen Ersatz für entgangene Gebrauchsvorteile verlangen. Mietwagenkosten beanspruche die Klägerin nicht. Selbst wenn ihr Begehren so auszulegen sei, dass sie statt des Nutzungsausfalls auch Mietwagenkosten verlange, bestehe kein weiter gehender Anspruch, weil der Tarif, zu dem die Klägerin gemietet habe, mehr als das Doppelte über dem anhand der Fraunhofer-Liste ermittelten Vergleichspreis liege und die Klägerin sich daher nach einem günstigeren Vergleichsangebot habe erkundigen müssen. Danach seien nur 1.833,14 EUR zugrunde zu legen, wovon wegen Eigenkostenersparnis nochmals 10 % abzuziehen seien, so dass sich ein geringerer als der von der Beklagten schon bezahlte Betrag ergebe.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, die die Differenz von 4.375 EUR und 1.745,85 EUR, mithin 2.629,15 EUR, nebst anteiliger Kosten der vorgerichtlichen Rechtsverfolgung (172 EUR) weiterverfolgt. Zur Begründung der Berufung trägt die Klägerin vor, dass der beanspruchte Nutzungsausfall lediglich ein Minus gegenüber den Mietwagenkosten darstelle und die fühlbare Beeinträchtigung aus der Kostentragungspflicht bezüglich der Mietwagenkosten resultiere. Die Ausführungen zur ersatzfähigen Höhe der Mietwagenkosten widersprächen der aktuellen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach ein Geschädigter ein Mietfahrzeug zu einem Normaltarif gemäß Schwacke anmieten könne. Bei dem Abzug von 10 % habe das LG nicht geprüft, ob die Klägerin eine Wegstrecke von mehr als 1000 km zurückgelegt habe.
Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und hält den Abzug von 10 % auch wegen der langen Nutzungsdauer für berechtigt.
II. Die Berufung hat im Wesentlichen Erfolg. Die Klägerin hat zwar keinen Anspruch auf Schadensersatz wegen entgangener Nutzungen, aber noch einen restlichen Anspruch auf Ersatz der Mietwagenkosten.
Ein Schadensersatzanspruch der Klägerin für entgangene Gebrauchsvorteile besteht nicht. Das beschädigte Fahrzeug ist ein Geschäftsführerfahrzeug im Eigentum eines Unternehmens. Ob es von dem Geschäftsführer auch privat genutzt wird und deshalb Ersatz für entgangene private Nutzung gefordert werden könnte, ist unerheblich, weil ein solcher Anspruch dem Geschäftsführer der Klägerin persönlich zustünde und von der Klägerin hier auch nicht geltend gemacht wird. Der Klägerin als Unternehmen steht dagegen nach den hier geltenden, besonderen Grundsätzen ein Anspruch wegen entgangener Gebrauchsvorteile nicht zu.
Der Bundesgerichtshof hat zuletzt offengelassen, ob bei gewerblich genutzten Fahrzeugen eine Nutzungsentschädigung überhaupt in Betracht kommt oder sich in diesen Fällen der Schaden wie bei Fahrzeugen, die unmittelbar zur Erbringung gewerblicher Leistungen dienen, nur nach dem entgangenen Ge...