Entscheidungsstichwort (Thema)
Schwacke-Liste als Schätzungsgrundlage für Mietwagenkosten
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 21.02.2014; Aktenzeichen 2-18 O 351/13) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 21.02.2014 verkündete Urteil der 18. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Das vorliegende Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 6.184,21 EUR festgesetzt.
Gründe
A. Die Klägerin, ein Mietwagenunternehmen, macht gegen die beklagte Haftpflichtversicherung aus abgetretenem Recht mehrerer Unfallgeschädigter restliche Mietwagenkosten geltend. Die Geschädigten waren zu den jeweiligen Unfallzeitpunkten bei der Beklagten haftpflichtversichert. Die alleinige Haftung der Beklagten dem Grunde nach ist unstreitig. Streitig ist die Höhe der erstattungsfähigen Mietwagenkosten, die die Klägerin auf der Basis des "Schwacke-Mietpreisspiegels 2007/Normaltarif" berechnet hat. Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, die zu erstattenden Mietwagenkosten seien anhand der "Fraunhofer-Marktpreisliste" für das jeweilige PLZ-Gebiet zu ermitteln.
Das Landgericht hat der Klage überwiegend stattgegeben und ausgeführt, einer Abrechnung auf der Grundlage des "Schwacke-Mietpreisspiegels 2007/Normaltarif" sei sachlich der Vorrang zu geben. Es hat lediglich die Höhe der Beträge bei 2 Geschädigten wegen eines Berechnungsfehlers gekürzt.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie ihren Klageabweisungsantrag weiterverfolgt. Sie vertritt nach wie vor die Ansicht, dass die "Fraunhofer-Marktpreisliste" die tatsächlich anfallenden Mietwagenkosten wiedergibt.
Im Übrigen macht sie geltend, es sei fehlerhaft, dass das Landgericht den Schwacke-Mietpreisspiegel des Jahres 2007 herangezogen habe, obwohl sämtliche streitgegenständlichen Fälle Anmietungen im Zeitraum Mai bis Dezember 2011 betreffen würden, so dass das Landgericht die aktuelle Liste aus dem Jahr 2011 hätte heranziehen müssen.
Das Landgericht habe sich außerdem ausschließlich unter Bezugnahme auf ein Urteil der 16. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt für die Anwendung der Schwacke-Liste entschieden, ohne sich mit den Argumenten der Beklagten auseinanderzusetzen. Die Rechtsprechung sei auch nicht so einheitlich, wie dies in den Entscheidungsgründen versucht werde, zu vermitteln. Das Oberlandesgericht Frankfurt habe in einer Entscheidung zum Aktenzeichen 16 U 14/10 ebenfalls die Fraunhofer-Liste als Grundlage ausgewiesen.
Das Landgericht sei auch nicht darauf eingegangen, dass die Beklagte in nahezu allen Fällen Zahlungen vorgenommen habe, die über der Tarifierung der Fraunhofer-Liste liegen würden. Außerdem habe das Landgericht die in der Klageschrift aufgeführten Beträge übernommen, ohne zu überprüfen, ob die Beträge tatsächlich der Schwacke-Liste entnommen seien.
Die Klägerin verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung und Vertiefung erstinstanzlichen Vorbringens. Sie legt Vernehmungsprotokolle von Mitarbeitern verschiedener Mietwagenunternehmen vor und macht geltend, rückwirkend könne keine Aussage darüber getroffen werden, welcher Mietpreis zu einem Zeitpunkt in der Vergangenheit gültig gewesen sei.
B. Die Berufung der Beklagten ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.
1. Dies gilt zunächst, soweit sich die Beklagte dagegen wendet, dass das Landgericht zur Ermittlung des Normaltarifs den Schwacke Mietpreisspiegel und nicht die Fraunhofer-Liste zugrunde gelegt hat.
a) Allerdings ist das Berufungsgericht nicht, wie die Klägerin meint, gehindert, eine andere Schätzungsgrundlage zu wählen als die Vorinstanz. Selbst wenn das Berufungsgericht die erstinstanzliche Entscheidung zwar für vertretbar hält, letztlich aber bei Berücksichtigung aller Gesichtspunkte nicht für sachlich überzeugend, darf es nach seinem Ermessen eine eigene Bewertung vornehmen (vgl. BGH, Urteil vom 12. April 2011 - VI ZR 300/09 -, Rn. 23, juris).
b) Der Senat hält es jedoch für sachgerecht, zur Ermittlung des Normaltarifs den Schwacke Mietpreisspiegel zugrunde zu legen, und hat seine Auffassung in dem Verfahren 1 U 231/14 wie folgt begründet:
"Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (U. v. 18.5.2010, Az. VI ZR 293/08; U. v. 18.12.2012, Az. VI ZR 316/11) kommt, weil § 287 ZPO die Art der Schätzungsgrundlage nicht vorgibt, jede dieser Schätzungsarten in Betracht, solange die Schadenshöhe nicht auf der Grundlage falscher oder offenbar unsachlicher Erwägungen festgesetzt wird, wesentliche, die Entscheidung bedingende Tatsachen nicht außer Acht bleiben und das Gericht in für die Streitentscheidung zentralen Fragen auf nach Sachlage unerlässliche fachliche Erkenntnisse nicht verzichtet. In diesen Grenzen können in geeigneten Fällen Listen ode...