Entscheidungsstichwort (Thema)
Gezielte Behinderung durch Aufstellen eines Taxis auf einem Taxihalteplatz, dessen Nutzung vom Verfügungsberechtigten privatrechtlich eingeschränkt ist (TTC-Karte)
Leitsatz (amtlich)
1. Eine Taxifachverband kann im Rahmen von § 8 Abs. 3 UWG auch die kollektiven Interessen der Mitbewerber nach § 4 Nr. 4 UWG geltend machen.
2. Bei Taxihalteplätzen, die nicht zum rechtlich-öffentlichen Verkehrsraum gehören, der der allgemeinen Nutzung gewidmet ist, sondern in Privateigentum stehen, handelt es sich allenfalls um sog. tatsächlich-öffentlichen Verkehrsraum. Hierdurch entsteht kein von den Beschränkungen des Eigentümers oder Verfügungsberechtigten unabhängiges Benutzungsrecht. Vielmehr kann der Eigentümer oder Verfügunsberechtigte die Nutzung auf bestimmte Taxifahrer beschränken, die eine von ihm gegen Entgelt herausgegebene Karte erworben haben.
3. Ein allgemeines Benutzungsrecht solcher Taxihalteplätze folgt auch nicht aus der Tatsache, dass die Halteplätze behördlich mit dem Verkehrszeichen 229 gemäß Nr. 15 Anlage 2 zu § 41 Abs. 2 StVO gekennzeichnet sind. Das Verkehrszeichen aritkuliert als Verwaltungsakt insoweit nur ein Verbot; ein positives Nutzungsrecht für sämtliche Taxen kann es nicht gewähren. An diesen Wirkungen hat sich durch die Verabschiedung des VwVfG im Jahr 1976 nichts geändert.
Normenkette
StVO § 41 Abs. 2; UWG § 4 Nr. 3, § 8 Abs. 3
Verfahrensgang
LG Darmstadt (Urteil vom 05.07.2019; Aktenzeichen 20 O 2/19) |
Tenor
Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.
Die Berufung des Beklagten gegen das am 5.7.2019 verkündete Urteil der 5. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Darmstadt wird zurückgewiesen, soweit sie nicht mit Schriftsatz vom 16.10.2020 zurückgenommen wurde.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.
Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Die Parteien streiten über einen Verstoß gegen beförderungsrechtliche Vorschriften.
Der Kläger ist eine Vereinigung von Taxi-Unternehmen. Ihm gehören rund drei Viertel aller Frankfurter Taxiunternehmen an. Er nimmt satzungsgemäß die gewerblichen Interessen seiner Mitglieder wahr. Zwischen dem Kläger und der Fraport AG gab es eine vertragliche Regelung, wonach der Kläger den reibungslosen Ablauf des Taxiverkehrs am Frankfurter Flughafen selbst regeln darf. Hierfür nimmt der Kläger sogenannte Charterregelungen vor, wonach bestimmte Plätze zu vorgegebenen Zeiten nur von bestimmten Taxis angefahren werden dürfen. Taxifahrer, die die Halteplätze nutzen wollen, benötigen eine sog. TTC-Chipkarte, die sie gegen Zahlung eines Entgelts und nach Absolvierung einer Schulung erhalten können. Zwischen den Parteien ist streitig, ob der Kläger (auch) Mieter der Taxihalteplätze vor dem Gebäude B am Frankfurter Flughafen ist.
Der Beklagte ist Taxiunternehmer. Er hat sich als Fahrer eines Taxis am 21.11.2018 auf einem mit dem Verkehrsschild Nr. 229 gekennzeichneten Taxihalteplatz vor dem Gebäude B am Frankfurter Flughafen aufgestellt. Er war zu diesem Zeitpunkt nicht im Besitz einer TTC-Karte des Klägers. Ein weiterer Vorfall vom 26.1.2019 betraf das Aufstellen außerhalb behördlich gekennzeichneter Taxihalteplätze am Terminal 1.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen.
Das Landgericht Darmstadt hat den Beklagten mit Urteil vom 5.7.2019 verurteilt, es zu unterlassen, sich mit einem Taxi auf den vom Kläger angemieteten Halteplätzen bereitzuhalten, wenn er nicht im Besitz der erforderlichen TTC-Karte ist (Tenor Ziffer 1.), und sich mit einem Taxi außerhalb behördlich gekennzeichneter Taxihalteplätze am Frankfurter Flughafen bereitzuhalten (Tenor Ziffer 2.). Außerdem hat es ihn zur Erstattung einer Abmahnkostenpauschale in Höhe von 200,- EUR verurteilt.
Gegen diese Beurteilung wendet sich der Beklagte mit der Berufung. Mit Schriftsatz vom 23.9.2020 hat er seine Berufung gegen die Verurteilung nach Tenor Ziffer 2. zurückgenommen.
Der Beklagte beantragt sinngemäß,
das Urteils des Landgerichts Darmstadt vom 5.7.2019 - 20 O 2/19 hinsichtlich des Tenors zu Ziffer 1. aufzuheben und die Klage insoweit abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen Bezug genommen.
II. Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Das Landgericht hat zu Recht angenommen, dass dem Kläger gegen den Beklagten ein Anspruch aus §§ 8 Abs. 1, 3, 4 Nr. 4 UWG auf Unterlassung zusteht, sich mit einem Taxi auf von dem Kläger gemieteten Plätzen bereitzuhalten, wenn er nicht über eine sog. TTC-Karte verfügt (Tenor Ziffer 1.). Diesem Anspruch stehen die mit der Berufung geltend gemachten Einwände nicht entgegen.
a) Der Kläger ist nach § 8 Abs. 3 Nr. 1, Nr. 2 UWG klagebefugt. Entgegen der in der mündlichen Verhandlung geäußerten Rechtsansicht des Beklagtenvertre...